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Ruchlos

Ruchlos

Titel: Ruchlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Baum
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waren; ich hatte jedoch den Eindruck, dass sie mich beobachteten.
    Mit lautem Rumpeln fuhr eine Straßenbahn die Haltestelle an der Hofkirche an. Würde ich sie erreichen, wenn ich rannte? Nein, das war nicht zu schaffen. Während ich noch hinüberstarrte, setzte sie sich bereits wieder in Bewegung. Als ich zurück zum Denkmal blickte, sah ich, dass die beiden Personen sich auf mich zubewegten. Es waren zwei Männer, das erkannte ich jetzt. Ohne nachzudenken, drehte ich mich um und lief los, zurück auf den Weg. Ich schaute nach links zum Schloss und mein Magen krampfte sich zusammen, als ich von dort einen weiteren jungen Mann herankommen sah – auch er tiefschwarz gekleidet, ich meinte, eine Bomberjacke zu erkennen. Der einzige Ausweg war der große Bogeneingang in den Zwinger. Ich stürzte hindurch, die Treppen hinunter und fand mich in der riesigen, prachtvollen Barockanlage wieder.
    Aber hier würden sie mich sofort sehen. Die symmetrischen Wege und Rasenflächen, die die Springbrunnen einfassten, alles großzügig und ohne Mauern oder Hecken im sanften Licht daliegend, kamen einer Bühne gleich. Ich wich zurück bis an die Rasenböschung an der rückwärtigen Mauer der Sempergalerie und rannte an ihr entlang. Als ich eine Ecke erreicht hatte, blickte ich mich kurz um und sah die beiden Männer in der Mitte der Anlage stehen. Plötzlich wurde mir bewusst, dass mein beigefarbener Mantel wie ein Leuchtsignal wirken musste. Ein Wunder, dass sie mich noch nicht bemerkt hatten. Ich riss an den Knöpfen, zwei flogen mit leisem Geräusch zu Boden, zerrte den Trenchcoat vom Körper und knüllte ihn mit dem dunklen Futter nach außen so klein wie möglich zusammen. Sofort drang die feucht-kalte Nachtluft durch den Baumwollstoff meines Hosenanzugs, ließ den Schweiß, der mir in den letzten Minuten über den Rücken gelaufen war, eisig werden.
    Ich musste aus dieser Ecke heraus. Zurück konnte ich nicht, das Tor, durch das ich gekommen war, war hell beleuchtet. Ich holte tief Luft und rannte schnell und gebückt an dem seitlichen Pavillon mit seiner ausladenden, halbrunden Treppenausbuchtung entlang. An der nächsten Ecke stolperte ich die drei flachen Stufen hinauf, drängte mich ganz nah an die Mauer und versuchte, meinen Atem unter Kontrolle zu bekommen. Die beiden Männer waren nah, keine zehn Meter entfernt, sie bewegten sich in Kreisen, taxierten das Geviert. Anscheinend hatten sie gerade etwas am Eingangstor entdeckt. Beide blickten in die Richtung.
    Ich nutzte die Gelegenheit und lief weiter, in den großen Halbkreis hinein, der Seite zum Zwingerteich zu. Dort führte eine Treppe hoch auf die zweite Ebene, und ich meinte mich zu erinnern, dass man vom Nymphenbad aus wieder hinunter auf den Theaterplatz gelangte.
    Keuchend vor Anstrengung, rannte ich oben auf dem knirschenden Schotter nach rechts, vorbei an der Balustrade der großartigen Brunnenanlage, ins Dunkle hinein, wo ich den Ausweg vermutete, und stand vor einem verschlossenen Tor. Fast hätte ich aufgeschrien, dann drehte ich mich schnell um. Ich hatte keine Zeit zu verlieren.
    Ich hastete den Weg zurück, den ich gekommen war, verlangsamte meine Schritte an der Treppe, blickte vorsichtig hinunter, lief weiter. Am Eckgebäude presste ich mich an die Mauer und schaute in das offene Geviert hinein, suchte die beiden Männer. Vergeblich. Vorsichtig machte ich einen Schritt nach vorn, um einen größeren Blickwinkel zu haben. Nun war ich nur noch durch die durchbrochene Balustrade verborgen. Aber die beiden waren nirgendwo zu sehen. Natürlich konnten sie sich in den Schutz einer Mauer begeben haben, die Zeit, die Hunderte von Metern mit den Augen abzusuchen, wollte ich mir jedoch nicht nehmen. Wieder lief ich los, in Richtung Licht, das vom Schauspielhaus an der Ostra-Allee kam. Es war ewig her, dass ich auf dieser oberen Ebene des Zwingers gewesen war, ich glaubte jedoch, dass an der nächsten Ecke, an dem Mathematisch-Physikalischen Salon, wieder eine Treppe lag, und man dann relativ schnell das Kronentor und die Brücke über den Zwingerteich erreichte.
    Eine freie Fläche kündigte das naturwissenschaftliche Museum an. Fenster glänzten im schwachen Licht, und da war die Treppe. Versperrt mit einer Kette, die ich überstieg. Ich stolperte die Stufen nach unten und stand vor der Eingangstür in die Ausstellung. Rechts ging es tief hinab in den Zwingerteich, von wo ich eine Ente quaken hörte. Waren sie dort? Ich stürzte die Treppen wieder

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