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Rudernde Hunde

Rudernde Hunde

Titel: Rudernde Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich
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er es nicht leiden kann, wenn sie ihn fragt, ob er was Gesundes gegessen hat, denn er hat natürlich nichts Gesundes gegessen.
    Die Tochter denkt, das wird sich wohl trotz Hörgerät nicht ändern - was er nicht hören will, das wird er nicht hören.
    Später sitzt Herr Bakker allein auf seiner Terrasse und hört den Vögeln zu. Die Amseln streiten um einen Wurm, die Spatzen beklagen, daß man in dem Rasen des Herrn Kögel überhaupt nichts zu fressen fände, weil dort alles sogenannte Unkraut ausgerottet worden sei.
    »Mit Chemie«, sagt die dicke Taube, »mit Chemie!«
    Jetzt ist es hier voller Geräusche, und doch ist es friedlich, denn jedes Geräusch hat seinen Grund, so wie der Springbrunnen der Nachbarn, der leise plätschert, oder das Sägen aus der nahen Schreinerwerkstatt. Alles das hört Herr Bakker wieder. Und er hört es gern.
    Er ist glücklich.
    Doch plötzlich zerreißt ein ohrenbetäubender Lärm die Stille.
    Herr Kögel hat seinen Rasenmäher-Traktor angeworfen.
    Mein Gott, ich habe nicht gewußt, wie laut das ist, denkt Herr Bakker, und er geht ins Haus und schließt die Tür. Erst als Herr Kögel fertig ist, geht er wieder in den Garten.
    »Das Ding ist aber verdammt laut, Herr Kögel!« ruft Herr Bakker über den Zaun hinüber.
    Herr Kögel ist erstaunt. Was ist denn in den gefahren, denkt er, fängt der jetzt auch noch an. Er antwortet nicht. Der versteht mich doch eh nicht, schwerhörig, wie der ist, denkt er.
    Herr Bakker denkt statt dessen, daß Herr Kögel durch den Lärm seines Traktors wohl schwerhörig oder gar taub geworden sein muß, wenn er ihm nicht einmal mehr antwortet.
    Dann wird es Abend, dann Nacht. Herr Bakker sitzt immer noch auf seiner Terrasse und hört die Geräusche und Stimmen der Nacht. Die Vögel sind schlafen gegangen, nur ein Käuzchen ist zu hören. Und durchs Gebüsch streift der Igel und brummelt vor sich hin. Von irgendwo hört man einen Fernseher, von anderswo her Musik, und irgendwann ist es sehr still.
    Herr Bakker denkt über die Erfindung nach, die er heute gemacht hat, den Geldautomaten, der spricht.
    »Ich bin ein Erfinder«, sagt er zum Igel.
    »Dann erfinde mir mal schnell ein Ei - oder zwei«, antwortet der Igel.
    »Iß du die Schnecken«, sagt Herr Bakker.
    Seit wann versteht der mich, denkt der Igel.
    Vielleicht, denkt Herr Bakker, geht es mir so wie den vielen Erfindern, die etwas erfunden haben und feststellen mußten, daß es das schon gibt. Ja, vielleicht gibt es diesen sprechenden Automaten schon.
    Noch im Bett denkt Herr Bakker darüber nach, und es wird ihm plötzlich bewußt, daß es sein kann, daß der Automat in seiner Bank schon seit Jahren zu ihm sagt:
    »Bitte schön, Herr Bakker, keine Ursache, beehren Sie mich wieder!«
    Nur hat er es vielleicht bisher nicht gehört.
    Herr Bakker ist sehr aufgeregt. Er beschließt, gleich morgen früh zur Bank zu gehen, seine Karte in den Schlitz zu stecken, etwas Geld abzuheben, zu sagen:
    »Besten Dank auch. Danke, vielen Dank.«
    Und zu warten, was dann passiert.

Schachmatt
    B EI TANTE MARIA war die Stehlampe kaputt. Onkel Franz, nur auf Schlüsselbrettchen spezialisiert, konnte das nicht reparieren. »Ich hab es mir angesehen«, sagte mein Vater, »nur ein Wackelkontakt.« Repariert hat er ihn nicht. Ich war dran. Und Tante Leni wollte so gerne »so ein kleines Brettchen da in die Speisekammer unters Fenster«, Da Onkel Walter nur Kriegsschiffe aus Streichhölzern bauen konnte, mußte ich ran - »und bei der Gelegenheit kannst du mir auch ein Fliegengitter anbringen«.
    Ich war immer dran. Mein Vater protzte mit meinem Talent (als hätte ich es von ihm geerbt), und ich mußte bei Leuten, die gerade gute Kunden bei ihm waren, die ich aber gar nicht kannte, Tauchsieder reparieren, Steckdosen verlegen oder bei alleinstehenden Frauen - ja, bevorzugt bei alleinstehenden Frauen - Schlüsselbrettchen anbringen. Ich hatte manchmal das Gefühl, mein Vater kassierte heimlich für meine Arbeiten, Geld oder Liebe, das wußte ich nicht so genau. Seltsamerweise bekam ich oft nicht einmal ein Trinkgeld.
    Sicher bin ich, daß ich es meiner Mutter zu verdanken habe, daß ich nicht ein fester Faktor in Vaters ständig sich verändernden Geschäftsorientierungen geworden bin. Er wäre, glaube ich, gern mit mir auf Tournee gegangen, wie Leopold Mozart mit dem kleinen Wolfgang Amadeus. Wir hätten Werkzeug und Ersatzteile in Vaters Auto gehabt, wären in Gaststätten abgestiegen, die Leute hätten ihre kaputten

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