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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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um mich zu vergewissern, daß kein indiskretes Ohr um uns herumschlich, und fischte mir eine dieser winzigen Pizzen, um keinen Argwohn zu erwecken.
    - Paß auf, jetzt ist es zu spät, dir Gedanken zu machen. Du hast getan, was du für das Beste hieltest, laß jetzt den Kopf nicht hängen. Vergiß nicht, du hattest die Neun auf zweitem Platz: Wenn man wahrhaftig ist, so ist es fördernd, ein kleines Opfer zu bringen. Kein Makel. Herrgott, was konntest du Besseres erhoffen als »Das Empordringen« …?
    - Ach, keine Ahnung … Trotzdem habe ich keine Ruhe …! O Gott … Das wäre wirklich zu dämlich …
    Seine Lippen verzogen sich schmerzlich. Er sah aus, als werde er von einer Horrorvision befallen, zum Beispiel der Vorstellung einer Welt ohne Gladys, mit anderen Worten: nichts Besseres, dachte ich, als eine kalte und finstere und stille und von fauligem Wasser zerfressene Zelle.
    - An deiner Stelle würde ich dieses verflixte Tablett abstellen und ein wenig um sie herumschwirren, das wäre schlauer, denn im Grunde, überleg doch mal, will sie nichts anderes, und da halte ich jede Wette, Hermann, ich glaube, du bist wirklich ganz kurz vor dem Ziel. Denk nur daran, daß das Hexagramm häufig den Begriff der Leistung rückgängig macht, und ich vermag dir nicht zu raten …
    - Scheiße, du hast gut reden … Ah, ich möchte dich gern mal sehen, ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll …!
    - Bald wird es dir leid tun, Blut und Wasser geschwitzt und nicht auf deinen Vater gehört zu haben. Sohn, es ist soweit, du hast das Schlimmste hinter dir …. glaube mir …. aber noch mußt du ein wenig die Augen aufhalten …!
    Sicher, ich hoffte nicht, daß er vollkommen überzeugt aus einem so kurzen Gespräch hervorging, aber auch wenn er sich weiterhin sehr ernstlich grämte, stellte ich doch fest, daß ich klammheimlich einen leisen Hoffnungsschimmer in seine finsteren Gedanken gestreut hatte. Ich nahm ihm sanft das Tablett aus den Händen und gebot ihm mit einem Blick, in den Sattel zu springen.
    - Jaja, das ist leicht gesagt …! jammerte er und preßte die Fäuste in die Taschen.
    - Nur Mut! sagte ich, während er loszog, dann begab ich mich unverzüglich zur Bar.
    - Ah …! Wo hast du denn gesteckt …! empfing mich Herbert und streckte die Hand aus, damit ich ihm mein Glas reichte.
    - Gott, ich dachte schon, ich schaffe es nie, die Bahn war voller Hindernisse.
    Ich mischte mich friedlich in das Gespräch, informierte mich über den neuesten Tratsch, der in der Stadt kursierte, und dämpfte durch mein erschrecktes Rufen die Hast, mit der mir Herbert nachzuschenken suchte. Ich fühlte mich zu gut, als daß ich der Versuchung erlegen wäre, die Dinge zu überstürzen. Ich kratzte ein paar Sachen von den Tellern, um nicht mit leerem Magen dazustehen, und lachte mit den anderen, gab Kommentare zum besten, wenn es mir gelang, einen anzubringen.
    Aus dem Augenwinkel verfolgte ich Elsies Vorgehen, die sich auf Schleichwegen an meine Wenigkeit heranpirschte. Bei dem Tempo, das sie anschlug, hatte ich noch Zeit, bis ich meine Sachen packen mußte, und ich war fest entschlossen, ihr den ganzen Abend durch die Finger zu flutschen, ich war schon im voraus ganz aufgeregt. Im Moment quatschte sie mit Harold und Richard und gab sich derart entspannt, daß ich boshaft gluckste. Ich lachte lauthals, wenn mir jemand einen guten Witz erzählte, denn ich, ich hatte nichts, was mich bedrückte, ich wollte nichts, ich hatte ein ruhiges Gewissen und amüsierte mich königlich, wie sie sehen konnte. Ihrem Gesicht entnahm ich sehr wohl, daß es ihr lieber gewesen wäre, ich hätte in einer Ecke Trübsal geblasen und die Zunge meterweit zum Hals raushängen lassen, aber da konnte ich nur sagen, tut mir leid. Vielleicht war ich die Sorte von Kerl, die man sitzenließ – Elsie war nicht die erste, und Franck war nur die Spitze des Eisbergs –, aber deshalb war ich doch keiner, den man herbeipfiff. Hoffentlich sah sie das allmählich ein. Ich wollte sie nicht entmutigen, aber es stand zu befürchten, daß sie noch einiges vor sich hatte, wenn sie, wie ich vermutete, den Versuch machte, mich zurückzugewinnen. In einem gewissen Sinn bedauerte ich sie, denn im Grunde meines Herzens bin ich trotz allem gut, und ihr verdankte ich, daß ich mich begehrenswert fühlte. Nun ja, ich hätte nicht an ihrer Stelle sein mögen. Wie bitte? Schön, um einen Heiligen rasend zu machen, und dann in einen Typen verknallt sein, der ihr kaum einen Blick schenkt

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