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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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auf Josy richtete, wurde mir jäh bewußt, auf welch gefährliche Bahn ich mich begab.
    - Du gehst in den Tod, nicht mehr und nicht weniger, sagte ich mir, du weißt doch, es gibt solche, die einen Mann verhätscheln, und solche, die ihn zertrampeln.
    Ich nickte, während ich durch Marty hindurchschaute. Zertrampeln war vielleicht ein wenig stark, ich durfte auch nicht übertreiben. Sie suchte mich schon eine ganze Weile zu erreichen, und sicher nicht, um mich leiden zu lassen. Zumindest nicht am Anfang. Und genau da war der Haken. Wieviel Zeit hätte ich, bis mir das Dach über dem Schädel zusammenkrachte …? Welche Frist würde mir gewährt, bis sie abermals dem Drängen eines Typen in ihrem Alter nachgab …? Ein paar Monate, ein paar Tage vielleicht? Ah, ich fragte mich, ob sich das lohnte. Darüber mußte man nachdenken. Selbst wenn es sich nur um ein paar Stunden handelte … Ah, du widerst mich an, Danny!
    - Natürlich, ich weiß, was du wieder sagen wirst …. eröffnete mir Marty und harpunierte mich flugs mit seinem Ellbogen. Ich fuhr beinahe in die Höhe.
    - Aber diesmal krieg ich dich …! setzte er mit schalkhafter Miene hinzu.
    - Ach was, Marty … Das fiele mir im Traum nicht ein …
    - Na gut, ich bin gleich fertig. Ich habe eine Art Verfremdungseffekt vorgenommen, der es mir voll und ganz ermöglicht …
    - Sicher …. fiel ich ihm mit meinem entwaffnendsten Lächeln ins Wort. Das heißt, mute mir nicht zuviel zu, du weißt, ich bin schon ewig nicht mehr im Rennen …
    - Na komm …
    - Hmm, das ist kein Witz. Ich hab leider nicht mehr genug Puste, um dir zu folgen. Ach, Marty, seien wir ehrlich, ich bin nur noch der Schatten von einem Schriftsteller, und selbst das … Sei so nett, streu nicht noch Salz in die Wunden …
    - Herrjemine, Dan, ich wollte dich nicht …
    - Pah, schon vergessen, beruhigte ich ihn. Weißt du, sag dir einfach, niemand steht aus seinem Bett auf, um auf dem Boden zu schlafen.
    Ich verließ sie mit einem melancholischen Augenzwinkern und kehrte an die Bar zurück. Ich war wild entschlossen, einen angenehmen Abend zu verleben. Im Grunde war das reine Willenssache. Wenn ich es schaffte, mich von einem Schriftsteller loszueisen, konnte ich ohne allzugroße Schwierigkeiten auch mit dem Rest fertigwerden, und darunter fiel auch, daß ich voll und ganz in der Lage war, mir eine Exfreundin vom Leibe zu halten. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, die ich ergriff, begegneten sich unsere Blicke zuweilen, doch der meine hätte eine Nymphomanin in der Schwüle einer Sommernacht abgeschreckt. Ah, wie wohl tat es der Seele, der Versuchung nicht zu erliegen, und wie freute ich mich, daß ich mich ihr verweigerte, daß ich jemand war, den sie mitsamt all ihren Reizen nicht erweichen konnte. Ich jubelte beinahe. Hätte ich mir ein unglaublicheres Weihnachtsgeschenk ausmalen können als ein so schönes Mädchen, das geil auf mich war?! Mir war, als lächelte mir das Leben wieder zu und heischte nach nichts anderem, als meinem Charme zu erliegen. Ach, wie wenig bedeutete es mir, mein erbärmliches Verlangen zu stillen, jetzt, da ich mir diese Augenblicke reinen Optimismus’ gönnte.
    - Tanzen wir! sagte ich zu der erstbesten Frau, die mir in die Hände geriet, zufälligerweise Jeanne Flitchet, ein Mädchen, das von Anfang an mit Sarah zusammengearbeitet hatte und das gleiche Studio wie Gladys aufsuchte, ohne deshalb muskulöser zu werden. Ich ergriff ihren schlaffen Körper und enthüllte ihr, sie scheine mir in blendender Verfassung zu sein.
    - Oh, ich dachte, du tanzt nicht gern …! rief sie aus.
    Das stimmte nicht ganz. Im allgemeinen graute mir davor, aber mitunter packte es mich, wenn ich allein zu Hause war, dann hüpfte ich wie ein Bekloppter kreuz und quer durch die Bude, bis mich die Kräfte verließen. Seltsamerweise war mir das stets ein einsames Vergnügen, und auch jetzt brauchte ich dazu keineswegs Jeanne Flitchet, ich wollte lediglich meine Freude nicht vor aller Augen kundtun und konnte somit nicht umhin, mich mit einer Partnerin abzugeben. Ich hatte Lust, an die Decke zu springen, aber ich hielt mich zurück, ich biß mir auf die Lippen, damit mein Lächeln nicht zu sehr auffiel, aber im Innern, da frohlockte ich. Ich pißte auf meine versammelten Widerwärtigkeiten, ein giftiger, glühend heißer Strahl, mit dem ich provozierend meinen Namen und mein Alter schrieb. Zum Glück gelang es mir, meinen Feuereifer zu mäßigen und mithin die Katze nicht aus dem Sack zu lassen.

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