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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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Schaumstoffmatte, und Max bog mich in alle Himmelsrichtungen, um mein Kreuz zu behandeln. Manchmal, die Nase auf dem Boden plattgedrückt, sein Knie zwischen meinen Schulterblättern, gelangte ich zu der Überzeugung, das mit Marianne Bergen konnte auch nicht schlimmer sein als das hier. Doch nicht ein Ton entrang sich meiner Kehle.
    Eines Abends erklärte ich Hermann, in was für eine Scheiße ich mich geritten hatte, aber im Fernsehen lief ein viel spannenderes Ding, und ich war mir nicht sicher, ob er begriffen hatte, in welchem Schlamassel sein Vater gelandet war, auch wenn er mir am Ende lachend eine Hand auf die Schulter legte. Jedenfalls schien niemand um mich herum etwas zu merken. Niemand wollte mich verstehen. Ein Typ, der einmal mit dem Schreiben in Berührung kommt, ist dazu verdammt, im Zickzack durch eine endlose Wüste zu taumeln.
    Unterdessen hatte ich Ordnung in meine Sachen gebracht. Ich hatte einen Schlußstrich unter Die Raserei der Amazonen gezogen, und ich hatte Paul mitgeteilt, ich für mein Teil sei bereit. Ich hatte meinen Schreibtisch sorgfältig aufgeräumt, in einer nostalgischen Stimmung, wie sie einen Seefahrer befällt, der kurz davor ist, sich für eine Weltreise einzuschiffen. Zähneknirschend hatte ich meinen Macintosh in seine Hülle gepfercht. Ich hatte eine Decke über meinen Drucker geworfen. Ich hatte meinen Stuhl zurückgeschoben. Dann hatte ich grinsend mein Werk betrachtet.
     
    Ich verfuhr mich und kurvte eine gute Viertelstunde durch die vornehmen Wohnviertel, ehe ich auf den Besitz der Familie Bergen stieß. Es war ein schöner Tag. Ich hatte mich rasiert, und ich hatte meine Stiefel gewichst, ich hatte mir sogar ein Härchen ausgezupft, das aus meiner Nase lugte. Ich war tadellos gelaunt. Am Abend zuvor hatte ich Max gebeten, sein Buch wegzulegen und mir eine ausgiebige Entspannungsmassage zu verpassen – ein wahres Wunder, nebenbei bemerkt –, so daß ich vor Wonne erbebte, als er mir die Trapezmuskeln lockerte. Und da ein Wunder niemals allein kommt, hatte ich obendrein fast die ganze Nacht geschlafen und war am Morgen topfit aufgewacht. Unter der Dusche hatte ich I’m a man you don‘t meet every day geträllert, und später, als ich meinen allmorgendlichen Beschäftigungen nachging, bewahrte ich eine olympische Ruhe und füllte die Kaffeemaschine mit den präzisen Bewegungen eines Scharfschützen. Diese Zusammenkunft hatte mich eine ganze Woche hindurch genervt, einige Stunden vor der Prüfung hatte ich jedoch meinen ganzen Gleichmut wiedererlangt. War das nicht großartig?
    Ich stellte mein Motorrad vor die unterste Stufe der Freitreppe, was das Auftauchen eines Kerls nach sich zog, der mit hoch erhobenen Armen aus dem hinteren Teil des Gartens herbeistürmte. Er wirkte völlig aufgewühlt. Wie es schien, durfte ich dort nicht bleiben, mitten davor, ganz davon zu schweigen, daß so eine Maschine unweigerlich einen dicken Ölfleck auf dem schönen weißen Kies hinterließ. Ich reichte ihm meine Schlüssel mit der Empfehlung, sich vor dem Ständer vorzusehen, der recht launisch sei, und während ich die wenigen Stufen emporstieg, die zum Eingang führten, spürte ich die verächtliche Grimasse, die er mir nachschickte.
    Ich brauchte eine ganze Weile, um mich zu vergewissern, daß tatsächlich niemand im Salon war, so beeindruckend waren seine Ausmaße, so sehr war er mit Statuen und avantgardistischem Krempel von zweifelhaftem Geschmack überladen. Die Stille war vollständig. Ich fragte mich, ob ich rufen, mit lauter Stimme meinen Namen nennen mußte, damit jemand kam und sich um mich kümmerte, ob das den Gepflogenheiten des Hauses entsprach. Ich kehrte zum Eingang zurück, um nachzusehen, ob mir irgendeine Klingel entgangen war, als ich mit einemmal meine Maschine umgekippt unter einem Baum erblickte. Ziemlich entrüstet stürzte ich die Stufen hinab und verfluchte diesen Hurensohn, bis ich bemerkte, daß der Typ noch unter ihr lag.
    - Was machen Sie denn da?! knurrte ich. Herrgott nochmal, ich bin mit MARIANNE BERGEN verabredet …! Sehen Sie sich an, wie Sie den verdreht haben, den Rückspiegel …!!
    - Ah! Jessesmana, die ist vielleicht schwer! fing er an zu wimmern, während ich ihn befreite. Ich konnte sie nicht mehr halten …
    Er rappelte sich auf und rieb sich das Knie, klopfte sich mit finsterer Miene den Staub ab. Ich nahm die Gelegenheit wahr, ihm zu sagen, wer ich war, und forderte ihn auf, mich unverzüglich anzumelden. Sein Gesicht spaltete sich

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