Rückgrad
dazustehen?
Ich würde nicht mein Leben damit verbringen, alles noch einmal von vorn anzufangen. Ich hatte ein gesundes Herz, aber mir fehlte der Wille, der mich einst beseelt hatte. Franck hatte nicht nur meine Nächte auf dem Gewissen.
Ebenso wie die Literatur nicht nur meinen Stolz weggefegt hatte.
Kurz und gut, wenn ich mich an die landläufige Meinung hielt, hatte ich aus einer Mücke einen Elefanten gemacht. Paul war sicher, daß ich die Sache in vierzehn Tagen erledigen würde.
- Außerdem, niemand zwingt dich, sie in deinem Haus zu empfangen, wenn dir das so zu schaffen macht …. hatte er betont.
Immerhin etwas. Hatte ich nicht geschworen, nie wieder werde eine Frau mein Haus betreten …?
Sarah, das war etwas ganz anderes. Sarah Bartholomi nahm einen ganz besonderen Platz in meinem Leben ein. So seltsam es klingen mag, ich hatte nie zuvor Freundschaft für eine Frau empfunden. Sarah durfte bei mir so oft ein und aus gehen, wie sie es wünschte, das eine hatte mit dem anderen entschieden nichts zu tun.
- Hast du denn keine Angst, daß ich mich bei dir einniste …? stichelte sie. Nein, sie konnte tun, was sie wollte. Das dachte ich wirklich. Ich hätte ihr meine rechte Hand gegeben.
- Und selbst wenn’s dir keinen Spaß macht, das dauert doch nicht ewig, meinte sie zu mir. Das sage ich mir auch immer, wenn ich einen Pickeligen schminke.
Ich wehrte mich noch zwei Tage. Dann erhielt ich ein Einschreiben von der Steuerbehörde, und ich rief Paul an, um ihn darum zu bitten, das Treffen mit den Bergens in die Wege zu leiten. Wenn man ihm glauben konnte, würde es mir der Himmel vergelten, ich sei wirklich ein feiner Kerl, an so etwas erkenne er seinen alten Dan.
- Verflixt nochmal, mir wäre lieber gewesen, es gäbe nur uns zwei …! knurrte er im nachhinein.
- Paul, seufzte ich, ich möchte, daß du mich nie wieder um so etwas bittest. Gib mir dein Wort, Paul, ich brauche es, ich brauche es …
- Ah, ich will tot umfallen, Danny …! Sämtliche Haare sollen mir vom Kopf fallen …!!
Ich legte auf. Ich verzog das Gesicht und blieb mit ausgestrecktem Arm stehen, die Finger um den Hörer verkrampft, als glaubte ich, ich könnte immer noch zurück, solange ich ihn nur festhielt. Ich war allein. Die Sache mit Hermann und Richard hatte sich mehr oder weniger eingerenkt, die beiden waren am Nachmittag gemeinsam losgezogen. Die Bude war still. Staubige Strahlen durchbohrten das Zimmer.
Nach einer Weile ging ich aus dem Haus, um Alkohol und Zigaretten einzukaufen. Ich sah zu, daß ich auf die sonnenbeschienene Seite der Straße gelangte. Die Luft war frisch, und es war eine wahre Wonne, in dem safrangelben, fast warmen Licht spazieren zu gehen, eine Wonne, wie lau sich die Dächer der Wagen anfühlten. Welch nostalgischer Gesang stieg aus all dem auf! Ah, die schwingenden Weisen, die ergreifenden Symphonien des Herbstes, o Mann.
Als ich aus dem Weinladen kam, sah ich eine Blondine, die rücksichtslos, Kotflügel an Kotflügel, in eine Parklücke setzte. Ah, wie herrlich alles war. Was rüttelte ich nicht gleich der Reihe nach meine alten Phantome wach, wo doch alles so klar war, so transparent!
Später, auf den Zuschauerrängen am Rande des Basketballfeldes, gesellte ich mich zu Sarah. Sie bräunte sich, während sie das Spiel verfolgte, den Rock auf die Oberschenkel gerafft, die Ärmel hochgekrempelt, das Gesicht leicht gen Himmel geneigt. Es war kaum jemand da.
- Und …? Und …?! fragte ich sie.
- Unentschieden, antwortete sie mir.
Das wollte ich nicht wissen. Trotz allem warf ich einen Blick aufs Spielfeld, und ich entdeckte Gladys auf der Position der rechten Außenstürmerin.
- Na was …? Marianne Bergen …? ereiferte ich mich.
- Och …. nichts Aufregendes, ich hab nicht viel rausbekommen. Ein Mädchen, das mit mir zusammenarbeitet, meint, sie sei in einer Literatursendung zu sehen gewesen, HEY! DIE NUMMER ACHT STEHT ABSEITS …!!
Ich zog sie auf ihren Platz zurück, drängte sie fortzufahren, während der Schiedsrichter in seine Trillerpfeife blies.
- Hmm …. naja, sie ist um die dreißig, ihr Vater ist reich, sie weiß nichts mit sich anzufangen. Es heißt, eine Zeitlang habe sie es mit Malen probiert. Später dann hat sie eine Novellensammlung geschrieben, und böse Zungen behaupten, sie habe nicht mal ihren ersten Roman fertiggekriegt. Tut mir leid, das ist alles, was ich weiß …
-Ja, klar … Wohlgemerkt, drei Zeilen fehlerfrei schreiben zu können, ist zu wenig, um das
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