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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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…?!!

11
    Jedesmal, wenn Elsie und ich die Nacht miteinander verbrachten, kam ich zu spät in Mariannes Bunker. Niemand sagte einen Ton, aber sämtliche Köpfe drehten sich nach mir um, und das Tuscheln hüpfte von der Empfangshalle durch sämtliche Flure. Im Aufzug stießen sie sich heimlich mit dem Ellbogen an, man betrachtete das Hätschelkind des Hauses mit einem stillschweigenden Lächeln. Dabei war das keineswegs Absicht von mir. Manche sahen darin das geringe Interesse, das ich für meine Arbeit aufbrachte, allein, Elsie hatte beschlossen, daß wir fortan jedesmal gemeinsam frühstückten, was ungefähr alle zwei Tage eintrat. Ihr zufolge war das, neben einigen anderen Dingen, absolut unerläßlich, damit sich unser Abenteuer wieder gut anließ.
    - Ich bin nicht einfach das Mädchen, mit dem du schläfst …! Dieser Satz war dazu angetan, mir nicht aus dem Kopf zu gehen. Wir mußten uns um jeden Preis einige Momente gewöhnlicher Zweisamkeit bewahren, anscheinend war das wichtiger, als ich dachte.
    Ich war mir der Gefahr bewußt, der man sich mit derlei Vorkehrungen aussetzt, aber ich hatte mich auf das Experiment eingelassen – selbst der unnachgiebigste Typ streckt letztlich seinen Wein mit Wasser, wenn der Gürtel schlottert. Und objektiv gesehen hatte ich keinen Grund, mich zu beklagen – der gleiche Typ stellt eines schönen Tages fest, daß die Freiheit ein überflüssiger Luxus ist.
    Außerdem, meine Güte, fiel ich regelmäßig in einen tiefen und festen Schlaf, wenn sie die Nacht mit mir verbrachte. Natürlich war ich heilfroh über diese Entwicklung, aber leider war ich es nicht mehr gewohnt, nach Herzenslust zu schlummern – es ist meistens so, daß ein Problem an die Stelle eines anderen tritt-, so daß ich mir binnen kurzem einen soliden Wecker hatte zulegen müssen, ich, der ich seit so vielen Jahren kein solches Gerät mehr benutzt hatte. Recht schnell hatte ich jede Hoffnung fahren lassen, mich daran zu gewöhnen. Zu lange schon war ich aus dem Tritt, war ich nicht mehr zu festen Zeiten gefechtsbereit gewesen, zu lange schon war ich bei all dem außen vor. Und während Elsie neben mir auftauchte, grübelte ich Tag für Tag über dieses scheußliche Schicksal nach, das mich einerseits Schlaf finden ließ, andererseits morgens um acht skalpierte.
    - Hat das Leben überhaupt einen Sinn, ist das nicht die Hölle auf Erden, war ich in einem früheren Leben zu verhätschelt …?! überlegte ich und drehte mich auf die andere Seite. Und schlief sogleich wieder ein. Jedesmal, wenn Elsie die Nacht mit mir verbrachte, kam ich zu spät in den Bunker.
    Gegenüber von meinem Büro stand ein Kaffeeautomat. An manchen Vormittagen steckte ich buchstäblich mit der Nase in meinen Akten, und ich gähnte, daß es mir den Kiefer ausrenkte. Niemals zuvor hatte ich soviel geschlafen, und doch hatte ich eine Stunde lang Mühe, die Augen aufzusperren, wenn dieser verflixte Wecker gewütet hatte. Sobald ich ankam, fingerte ich alles Kleingeld aus meinen Taschen oder rannte auf der Suche nach Münzen durch den Flur, oder aber ich ließ meine Tür offen und versuchte mir ein, zwei Becher spendieren zu lassen, wenn der erstbeste unschuldig vor dem Automat stehenblieb. Elsie war überzeugt, daß ich nicht sehr lange unter diesen perversen Auswirkungen würde leiden müssen, daß ich mich daran gewöhnen würde.
    - Danny, Millionen von anderen Leuten …! Sie meinte, daß auch ich bald ganz normal aufwachen würde.
    - Verdammt, sowas nennst du aufwachen … ?! Du meinst wohl zerschlagen, zerstampft werden … !! Dummerweise ging das seit Monaten so, und das legte sich ganz und gar nicht, egal, was sie meinte. Und ich gab mich keinerlei Illusionen hin.
    Eines Morgens, als ich zu Hause losbrauste, vielleicht noch eiliger als sonst und die Lippen noch feucht von einem langen aufmunternden Kuß, glaubte ich etwas zu sehen, und das ging mir den ganzen Tag nicht aus dem Kopf. Ich war mir nicht sicher, ob ich richtig beobachtet hatte. Dabei war daran an und für sich nichts außergewöhnlich, aber die Sache hatte mich merkwürdig berührt.
    Den ganzen Vormittag lang schaffte ich es nicht, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Marianne wollte wissen, was ich von einigen Manuskripten hielt, welche die Stiftung zu veröffentlichen gedachte, und ich gab mir redlich Mühe, mich dafür zu interessieren, seit sie auf meinem Schreibtisch lagen, zwang mich sogar dazu, einige Dinge zu notieren, für den Fall, daß mich mein

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