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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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Augen zu lassen, betete ich inständig weiter. Das Wunder geschah, dem Himmel sei Dank.
    - Sind Sie noch da, wenn ich zurückkomme …? fragte sie mich. Elsies Freunde gefielen mir auch nicht.
     
    - Soso, kannst du mir mal sagen, wer dir eigentlich gefällt? fragte mich Sarah unentwegt. Kannst du mir mal sagen, wer Gnade findet vor deinen Augen …?!
    Sie übertrieb, ich hätte ihr Hunderte von Namen aufzählen können, ohne mir den Kopf zu zerbrechen, Bob Dylan, Mahler, Antonio Gaudi, John Cassavetes, Gerard Gasiorowsky, Isadora Duncan, Marion Brando, Ian Tyson, Jack Kerouac, Melville, Jacques A. Bertrand, Janis Joplin, Lars von Trier, Marilyn Monroe, Blaise Cendrars, Miller, Fante, die Callas, L. Cohen, Brautigan, R. Coover, Godard, Castaneda, Marquez, Schiele, Wenders …
    - AH, AH, drei Viertel von denen sind tot, du Dummkopf …! Ich rannte ihr entschlossen quer durch die Bude nach.
    - Tot …? Glaubst du denn, ein Typ wie Richard Brautigan ist tot …??!!AHAHAH …!
    Naja, kurz und gut, ihre Freunde waren schuld, daß ich Elsie nicht öfter sah. Ich wußte nicht, worüber ich mit ihnen reden sollte. Die seltenen Male, die wir ein paar Worte miteinander wechselten, hatte ich den Ozean ermessen, der uns trennte.
     - Bob Dylan, wer ist das denn …? glucksten sie und stießen sich mit dem Ellbogen an.
    Wenn ich mich mit Elsie im Durango traf, kam ich manchmal kaum umhin, sie mir aufzuhalsen, und ich hatte mein Glas noch nicht ausgetrunken, da hatten sie mich schon vollgelabert, lauthals wunderten sie sich, daß ich einen gewissen Sowieso und einen bestimmten Soundso nicht kannte, und versuchten, mir wer weiß was beizubiegen. Sie machten sich über mich lustig. Aber ihr Lächeln erstarb, wenn ich mich erhob und mit Eloise Santa Rosa am Arm von dannen ging. Das haute sie glatt um. Das überstieg ihren Horizont.
    Meines Erachtens waren die Typen, die mit Sarah ausgingen, keinen Deut besser, zumindest die, denen ich begegnet war. Zum Glück hielten sie sich nicht lange.
    - Wozu? erklärte sie mir. Ich seh Tag für Tag neue Gesichter …! Warum, findest du sie nicht nett?
    Meist waren das verheiratete Typen, an denen die Unruhe nagte, wenn wir in der Stadt zu Abend aßen, das war ein verbreitetes Modell, der Schlag, mit dem sie sich einließ, Typen, die ihr zufolge keinen Funken Anhänglichkeit hatten. Ich sagte nichts, aber ich wußte, daß sich Mat Bartholomi unentwegt im Grabe umdrehte. Ich sagte nichts, weil Sarah mein einziger Freund war.
    - Gehst du heute abend mit mir essen? fragte sie mich. Ich bin ein wenig down …
    -Ja, wenn du willst.
    - Ich hol dich ab, ich hab das Gefühl, es gibt Regen.
    Es mochte acht Uhr sein, der Nachmittag war schnell vorübergegangen. Hermann und ich hatten m der Garage Tischtennis gespielt. Er spielte allmählich besser als ich. Er war fast so groß wie ich. Wir hatten jeder einen Hundertfrancschein aus der Tasche gezogen, und meiner war in seiner Tasche verschwunden. Er hatte sich ins Zeug gelegt. Ich hatte aufgepaßt, daß ich mir keinen Hexenschuß holte.
    Die Wolken waren erst bei Einbruch der Dunkelheit zusammen mit einer Mütze Westwind eingetroffen, aber das hieß nicht, daß es regnen würde, ich hatte es nicht einmal für nötig erachtet, die Wäsche von der Leine zu nehmen. Wir hatten uns das Regionalprogramm angesehen, weil da irgendein Bericht über das Gymnasium lief, genauer gesagt über die Mädchen des Basketballteams, das spielend leicht ins Viertelfinale eingezogen war und sich in einer wahren Hochform befand, wie der Typ zu erzählen wußte. Die Typen hatten die Mädchen während des Trainings gefilmt. Sie hatten einen wilden Blick.
    - Und ob man sich auf die verlassen kann, erklärte Max und rückte zum drittenmal innerhalb weniger Minuten seine Hose zurecht. Die holen uns den Pokal, da halte ich jede Wette!
    Gladys schien es dem Kameramann besonders angetan zu haben, denn der Kerl schenkte ihr eine Großaufnahme nach der anderen, und ihr Lächeln füllte regelmäßig den Bildschirm, wenn es nicht gerade ihr Profil war und sie sich eine blonde Strähne hinters Ohr schob. In diesen Augenblicken beobachtete ich Hermann unauffällig.
    Ich ließ ihn abends nicht gern allein. Nicht daß ich irgend etwas befürchtete, aber ich hatte einige Erfahrung mit der Einsamkeit, mit den Schatten, mit der Stille, und ich weiß nicht, ich fand, er war noch ein wenig zu jung, um sich damit herumzuschlagen, mag sein, daß ich mich täuschte, jedenfalls hatte ich das nicht

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