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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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diesen unaufhörlichen Ansturm über sich ergehen lassen und auch noch die linke Wange hinhalten muß.
    - Du … Richard hat mir geschrieben …! meinte sie, als ich die Kniekehlen anwinkelte und mit dem Glas in der Hand in einen Sessel kippte. Meine Güte, ich hab seine Karte heute morgen gelesen, kurz nach dem Aufstehn, und danach ging alles schief, was ich auch anfing, ich schwör dir, ich wußte nicht, was ich anstellte, ich hab’s nicht mal geschafft, mich vernünftig zurechtzumachen … Ich weiß nicht, ob du dir das vorstellen kannst, eine Karte von Richard … Draußen hätte es schneien können, es hätte mich nicht gewundert …! Herr im Himmel, es ist wirklich zu dumm, aber wenn du wüßtest, was ich empfunden habe, es war wunderbar …!
    - Aha … Und was schreibt er?
    - Naja, ich weiß nicht, nichts Besonderes … Er schreibt, daß es ihnen gut geht und daß er mir einen Kuß gibt. Wahrhaftig, Richard schreibt mir: »Ich geb dir einen Kuß«.
    - Hoppla, aber sag doch mal …
    - Meine Güte, ich glaub’s dir … Warte, ich zeig sie dir.
    Sie hüpfte ans andere Ende des Sofas, um in ihrer Tasche zu kramen, und ich bewunderte die Krümmung ihrer Lenden und den feinen blonden Flaum ihrer Schenkel, während ihr Duft zu mir herüberströmte.
    - Sarah, murmelte ich, wenn du eines Tages deine Meinung änderst, du weißt, auf mich kannst du zählen …
    Sie tat so, als hätte sie mich nicht gehört, und haute sich mit der erwähnten Karte neben mich. Ich packte sie an einem Schenkel und drückte meinen Kopf gegen ihre Hüfte.
    - Donnerwetter, die sind ja am Meer …! sagte ich und zitterte bei der Vorstellung, sie könnte davonfliegen. Die Karte zeigte eine Reihe von Dünen mit dem Meer und ein paar Vögeln im Hintergrund. Sie drehte die Karte um, damit ich die erwähnten, von Richard vollkommen eigenhändig geschriebenen Zeilen lesen konnte. Ich wußte, daß ich einen schweren Fehler begangen hätte, hätte ich versucht, auch nur einen Finger in Richtung ihres Slips zu bewegen, und ich hütete mich wohl, ein Rehkitz hätte sich mir nähern, eine Libelle auf meiner Hand landen können, reglos, wie ich war.
    Ich hielt mich dennoch sprungbereit, für den Fall, daß sie unmerklich die Beine auseinandergenommen hätte, aber Träumen war verboten, und ich beschied mich mit dem, was sie mir gewährte. Das war in diesem Fall bereits einiges. Ihre Hüfte war ein Federkissen, die Zartheit ihres Oberschenkels eine Wohltat.
    - Ja, ich geb dir einen Kuß, hat er geschrieben. Kein Zweifel möglich …
    - Dan …. seufzte sie. Ich merke, darauf habe ich seit Jahren gewartet.
    Um ein Haar hätte ich sie im Laufschritt in mein Schlafzimmer getragen, aber ich kapierte schnell, daß wir nicht über dasselbe redeten.
    - Meine Güte, ich sag dir, dieser Schuft hat mir vielleicht zu schaffen gemacht …! Und weißt du, das stell ich heute erst fest, guck dir an, in was für einem Zustand ich bin, nur weil er mir eine Postkarte geschickt hat. Dan, vielleicht war ich nicht die Mutter, die er brauchte, aber dafür hab ich schwer gebüßt, das kannst du mir glauben …!
    Das war mir alles nicht neu. Aber es störte mich nicht im geringsten, solange ich nur an ihren Oberschenkel gefesselt war. Ich überlegte, ob sie mich meine Lippen darauf drücken lassen würde, nur so lange, wie es eine Hand über einer Kerze aushielte, oder ob sie mit einem meiner Ohren einverstanden wäre.
    - Endlich …! fuhr sie in müdem Ton fort und wedelte mit der Karte. Ich möchte zu gern wissen, was ich hätte tun sollen … Sollte ich mich einsperren und einen Schleier auf dem Kopf tragen, sollte ich einfach nur arbeiten und abends zurückkehren, um mich um sie zu kümmern …? Wer würde es denn wagen, so etwas von einer Frau zu verlangen, sag schon …
    Ich sagte keinen Ton, ganz träge vom Geruch ihres Körpers. Mit den Jahren erlangt man eine bessere Selbstbeherrschung, und mein Geist konnte noch so sehr Feuer fangen, ich zuckte nicht mit der Wimper. Als handele es sich um eine unendlich rare Essenz, berauschte ich mich bedächtig an dem gleichsam inzestuösen Gefühl, das mich bei dem Kontakt mit ihrem Körper erfaßte, und sie hatte bestimmt recht in dem Sinne, daß keine andere eine solche Wirkung auf mich ausübte und daß ein ungestilltes Verlangen im Grund gar nicht so übel war.
    War es ein Risiko oder nicht, mit seiner besten Freundin zu bumsen …? Ich wußte gar nichts mehr. Ist der sexuelle Akt dazu angetan, alles über den Haufen zu werfen

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