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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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geht, dann laß mich dir sagen …
    - Ja, es geht um Marc …! knurrte ich. Du hast den Finger mitten auf die Wunde gelegt …!
    Sarah beobachtete uns gelassen. Erkannte sie mich wenigstens noch? War ich nicht völlig entstellt durch eine gräßliche Fratze, war ich noch ich, war das noch der Dan, der gelernt hatte, sich über solche Klamotten nie mehr den Kopf zu zerbrechen? Im Grunde braucht man nur die Liebesbriefe an Brenda. Venus zu lesen, um zu wissen, daß man damit nie fertig ist. Ich reckte einen Arm in die Luft, damit mir der Typ was zu trinken brachte, während Elsie ihre Serviette auf den Tisch warf.
    - Verflixt nochmal! Ich wüßte nicht, was es da Neues gibt …! Ich brauche meine Musiker, wenn ich irgendwo singe …!
    - Scheiße …. seufzte ich. Was für ein Spiel treibst du eigentlich …?
    Sie gab keine Antwort. Wahrscheinlich empfand sie noch genug für mich, um einen winzigen Gewissensbiß zu verspüren, der ihr ein wenig das Herz zerriß. Wie dem auch sei, sie senkte erneut den Kopf und fing wieder an, in ihrer Tasche zu wühlen.
    - Suchst du die Schiffskarten …? fragte ich sie.
    Sie erstarrte. Sarah bedeutete mir, ich solle es aufgeben, aber ich fand, sie konnte sich um ihren eigenen Kram kümmern, was auch für einige Leute an den Nachbartischen galt, die anhüben, uns anzustarren.
    Ich hatte Elsie wirklich gern. Ohne die große Liebe auszupacken, war es uns doch gelungen, ein paar Dinge zu teilen, und ich war mir vollkommen im klaren, daß das kein Klacks war und daß man das nicht alle Tage fand. Ich hatte schon ein gehöriges Stückchen hinter mir, ich war wie eine alte Hand, die sich am Geländer entlang hangelt, ich brauchte meine Augen nicht, um zu wissen, wann ich mich an etwas Solides klammerte.
    - Elsie … Ich glaub, du gehst mir wirklich auf die Eier, schloß ich mit tonloser Stimme.
    Sie warf mir einen Blick zu, der mich total kalt gelassen hat, obwohl er eine Menge Botschaften enthielt, aber wie man so schön sagt, niemand ist tauber denn der, der nichts hören will. Für den Bruchteil eines Augenblicks fragte ich mich, wer von uns beiden mehr litt. Und sei es nur in sexueller Hinsicht, ich war dabei, Selbstmord zu begehen.
    - Schatz, ich erkenn dich nicht wieder …. säuselte ich und kniff melancholisch die Augen zusammen.
    Sie sprang auf, zögerte einen Moment, dann sauste sie zur Tür. Ich zwinkerte den Gaffern zu, die die Szene beobachtet hatten.
    - O naja, ich glaub, das ging übel aus …! eröffnete mir Sarah.
    - Kann man Feuer in seinem Busen bergen, ohne daß die Kleider sich entzünden? habe ich ihr geantwortet.

8
    Ich bin nach dieser Geschichte dermaßen lang nicht zum Bumsen gekommen, daß ich darin eine Art Strafe gesehen habe, fast so, als hätte mich Elsie mit einem bösen Blick verhext, bevor sie samt einem Koffer voll Höschen, wie ich mir ausmalte, an Deck ihres Schiffes gestiegen war. Oder ich hatte all meinen Charme verloren, denn sobald ich einem Mädchen nur nähertrat, war es schon ein Schlag ins Wasser. Das Leben ist so, daß man an einem Tag eine überschwemmte Erde ist, und am nächsten, da latscht man durch die große Wüste und kein Tröpfchen weit und breit.
    Manchmal, wenn ich mich mutterseelenallein auf die Terrasse eines Cafes setzte, sah ich welche vorübergehen, die einfach wunderbar waren, und abends, wenn ich mir ein wenig zu essen machte, dachte ich daran zurück, ich fragte mich, wohin sie gingen und weshalb sich unsere Wege nicht kreuzten.
    Ich dachte darüber nach, auf meinem Bett hingestreckt. Oder ich hockte mich vor das Aquarium, das mir Sarah geschenkt hatte, und beobachtete, die Nase an der Scheibe plattgedrückt, meine Blauen Chirurgenfische, ich betrachtete die Welt des Schweigens, und der Typ hatte ein Schildchen auf den Rand geklebt »ACHTEN SIE STETS AUF REINES WASSER«, und ich sah darin einen tieferen Sinn, etwa in der Art: »ACHTEN SIE STETS AUF DIE REINHEIT IHRES HERZENS.« Kurz und gut, ich versuchte mich nicht verrücktzumachen, aber es kam vor, daß ich morgens anfing zu nörgeln, und wenn mich die Sache zu sehr quälte, joggte ich ein Stündchen durch die Gegend, um mich zu beruhigen und in Form zu halten für den Fall, daß sich die Gelegenheit bot.
    Einmal, auf einer Abendveranstaltung, die in der Stiftung ablief, dachte ich, ich stünde kurz davor. Es handelte sich um eine Malerin. Um Punkt drei Uhr morgens war es mir gelungen, sie gegen eine Wand zu drücken, und ich küßte sie auf den Hals, ohne daß sie sich

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