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Rückgrad

Rückgrad

Titel: Rückgrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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ich konnte von Glück reden, wenn er einmal nicht Trübsal blies.
    Ich lehnte es ab, an jenem Abend mit ihnen zu essen. Ich erfand eine Ausrede, von wegen Sarah erwarte mich in der Stadt, und im nächsten Moment saß ich schon auf meinem Motorrad und raste in die untergehende Sonne, und nur ja kein Blick in den Rückspiegel, In der sicheren Annahme, dem Schlimmsten entronnen zu sein, kreuzte ich vor der Stiftung auf. Ich grüßte ein paar junge, mir bekannte Schriftsteller, als ich durch die Halle schritt, und erneut konnte ich feststellen, daß meine Popularität langsam, aber stetig sank, daß die Zeit, da ich mich für sie geopfert und mir diesen Job mit Marianne Bergen aufgehalst hatte, bereits weit zurücklag und daß ich mich wahrscheinlich erst mit Paul zusammentun, ein wenig der große Manitu sein mußte, der all diese Scheißstipendien verteilte, wenn ich in ihrem Ansehen wieder steigen wollte. Aber ich nahm es ihnen nicht krumm, diesen dummen kleinen Ärschen. Ich ging ins Zwischengeschoß hinunter, ich wählte den Gang, der hinter den Theatersaal führte, und ich betrat Sarahs Büro. Sie unterhielt sich gerade mit Elsie.
    - Also nein, kaum dreht man euch den Rücken zu, sagte ich.
    Zwei Lächeln auf einmal, wie man sie sich nicht ausmalt, wenn man gerade das Tal der Schatten verlassen hat, und ich stieß ein zufriedenes Knurren aus.
    Wir gingen zu dritt in einem mexikanischen Restaurant essen, das gerade aufgemacht hatte. Das Ambiente war zwar nicht schlecht, das Chili hingegen schlicht seelenlos. Die Mädchen fanden es gut, aber ich misch mich ja auch nicht ein, wenn’s um eine Creme zur Straffung der Büste geht. Ansonsten, was die Musik und den Tequila anging, waren wir uns einig, Los Lobos bzw. Herradura. Klar diente das dazu, einem ein X für ein U vorzumachen und einem eine Handvoll roter Bohnen für obengenanntes Gericht zu verkaufen, nur daß das bei mir nicht zog, ich verstand zwar bei ‘ner Menge von Dingen Spaß, aber niemals, wenn ich nach meiner Meinung über ein Chili gefragt wurde.
    - Hör mal, fall uns damit nicht auf den Wecker …. mahnte mich Sarah. Du bist die reinste Nervensäge …!
    Ich schlang also meine Bohnen hinunter, ohne weiter zu motzen. Ehrlich gesagt, Harolds Rückkehr stimmte mich milde, ich fühlte mich von einer Last befreit und war bereit, diesem Schundkoch zu verzeihen, vielleicht war er ja verliebt. Der Laden war voll. Aber ich scherte mich wenig um die neidischen Blicke, die auf mir ruhten, denn ich vergaß nicht, daß die Wahrheit weniger rosig war und daß es nicht reichte, zwei hübsche Mädchen auszuführen. Nehmen Sie die zu meiner Linken, die lehnt es ab, sich mir hinzugeben, das ist sonnenklar. Und was die zu meiner Rechten betrifft, bei deren Brust einem die Spucke wegbleibt, naja, die entzieht sich mir allmählich, und verdammt, ich hab keinen blassen Schimmer, wie ich das Steuer rumreißen soll. Ich verspürte einen leichten Stich, als ich die beiden miteinander quatschen sah. Manchmal ist es schwer zu sagen, ob man froh ist oder nicht. Ob es sein kann, nicht wahr, traurig und vergnügt auf einmal zu sein.
    Wir waren gerade bei den flambierten Bananen angelangt, als mir auffiel, daß ich während des gesamten Essens geistesabwesend war, oder nur halb präsent, wenn man unbedingt Worte klauben will, wenn ein Nicken oder Kopfschütteln oder hier und da ein Ja oder Nein als Beweis für was weiß ich herhalten können. Ich wußte nicht, ob es den Mädchen aufgefallen war, ob sie meinen Körper vergeblich gerüttelt hatten, während ich woanders war, oder ob ich sie mit einem rätselhaften Lächeln beruhigt hatte. Ich erwachte in dem Augenblick aus meiner Entrückung, als ich wahrnahm, daß die Flammen nicht die meines Scheiterhaufens waren, und im gleichen Moment hörte ich Elsie sagen:
    - Tja, das wird vierzehn Tage dauern. Hoffentlich werd ich nicht seekrank …!
    Ich blickte auf.
    Ihre Worte galten nicht mir. Wahrscheinlich hatten mich die beiden seit einer Weile vergessen, und ob ich ihnen gefehlt hatte oder nicht, konnte ich ihnen nicht am Gesicht ablesen.
    - Naja, mal sehen …. fuhr sie fort. Aber weißt du, ich habe keine Sekunde gezögert, ich glaube, ich hätte es umsonst gemacht … Sarah, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr es mir ein Bedürfnis ist, zu singen …!
    Sarah stemmte den Ellbogen auf den Tisch und stieß einen jener wundervollen Frauenseufzer aus, dabei klemmte sie ihr Kinn in eine Hand.
    - Ehrlich, mein Schatz, ich sag dir,

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