Rueckkehr ins Leben
aber im Wald befand sich eine Stelle, an der eine bestimmte Sorte Gras wuchs, die man
stattdessen benutzen konnte. Ich hatte in einem der Sommer, in denen ich meine Großmutter besucht hatte, von diesem
Gras erfahren. Wenn ich ein Büschel davon zusammen-
presste, entstand ein Schaum, der meinem Körper einen frischen Duft verlieh. Nachdem ich mit dem Bad fertig war,
wusch ich meine Kleider oder weichte sie zumindest ein und breitete sie dann zum Trocknen auf dem Gras aus. Ich saß
nackt da, säuberte mir die Zähne mit einem Stück Splintholz.
Ein Reh kam vorbei und beäugte mich misstrauisch, bevor es weiter seines Weges ging. Ich widerstand jeglichem Denken, horchte auf die Geräusche des Waldes, in denen sich der Gesang der Vögel mit dem Geschrei der Affen und dem Ga-
ckern der Paviane mischte.
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Am Abend waren meine Klamotten noch immer feucht,
aber ich zog sie dennoch an, damit sie durch meine Körper-wärme trocknen würden, bevor die Nacht einbrach. Ich war
noch immer am Leben, obwohl ich diese namenlose Frucht
gegessen hatte, also aß ich noch mehr davon als Abendessen.
Auch am folgenden Morgen aß ich diese Früchte zum Früh-
stück und später am Mittag und am Abend. Die namenlose
Frucht wurde zu meinem einzigen Nahrungsmittel. Es war
zwar reichlich davon da, aber ich wusste, dass früher oder später auch diese Quelle versiegen würde. Manchmal hatte
ich das Gefühl, dass die Vögel mir wütende Blicke zuwarfen, weil ich ihnen so viel wegaß.
Das Schwierigste am Leben im Wald war die Einsamkeit.
Sie wurde mit jedem Tag unerträglicher. Das Problem am
Alleinsein ist, dass man zu viel nachdenkt, schon allein des-wegen, weil man sonst nichts zu tun hat. Das gefiel mir nicht, und ich versuchte, mich vom Denken abzuhalten, aber nichts schien zu funktionieren. Ich beschloss, einfach jeden Gedanken zu ignorieren, der mir in den Kopf kam, weil Gedanken zu viel Traurigkeit mit sich brachten. Abgesehen vom Essen und Trinken sowie meinem täglichen Bad verbrachte ich
einen Großteil der Zeit damit, geistig gegen mich selbst anzukämpfen, um nicht daran denken zu müssen, was ich gese-
hen hatte, oder darüber grübeln zu müssen, wie es mit meinem Leben weitergehen würde oder wo meine Familie und
meine Freunde waren. Je mehr ich dem Denken widerstand,
desto länger wurden die Tage, und ich hatte das Gefühl, als würde mein Kopf mit jedem vergangenen Tag schwerer. Ich
war unruhig und fürchtete mich vor dem Schlafen, aus Angst, meine unterdrückten Gedanken würden dann in meinen
Träumen wieder auftauchen.
Wenn ich auf der Suche nach Essbarem und einem Weg
nach draußen durch den Wald streifte, fürchtete ich mich
davor, wilden Tieren wie Leoparden, Löwen und Wild-
schweinen zu begegnen. Deshalb blieb ich möglichst in der Nähe von Bäumen, auf die ich leicht klettern und mich im
Notfall vor den Tieren retten konnte. Ich ging so schnell ich konnte, aber je weiter ich ging, desto tiefer schien ich in das 61
Dickicht des Waldes zu geraten. Je mehr ich mich anstrengte herauszukommen, desto größer und höher wurden die Bäu-me. Das war ein Problem, denn damit wurde es schwierig,
noch einen Baum zu finden, auf den es sich leicht klettern ließ und dessen Äste sich als Schlafplatz eigneten.
Eines Abends, als ich einen Baum mit einer Astgabel such-
te, in der ich würde schlafen können, hörte ich ein Grunzen.
Ich war nicht ganz sicher, welches Tier so geräuschvoll
grunzte, aber es kam deutlich näher. Ich brachte mich auf einem Baum in Sicherheit. Als ich dort oben saß, kam eine ganze Herde Wildschweine angerannt. Ich sah zum ersten
Mal Wildschweine, und sie schienen mir riesig, jedes Einzelne. Wenn sie aufrecht hätten stehen können, wären sie grö-
ßer gewesen als ich. Jedes von ihnen hatte Hauer, die ihm aus dem Maul ragten. Als sie unter mir durchrannten, blieb eines der größeren Schweine stehen und schnupperte in alle Richtungen in die Luft. Es musste meine Gegenwart gespürt ha-
ben. Als sie endlich weg waren, kletterte ich herunter. Plötzlich kamen zwei riesige Schweine auf mich zu gerannt. Sie jagten mich einen knappen Kilometer weit, während ich
nach einem Kletterbaum Ausschau hielt. Glücklicherweise
fand ich schließlich einen, auf den ich mit einem Sprung hi-naufkam. Die Schweine blieben stehen und fingen an, den
Fuß des Baums zu rammen. Sie grunzten laut und der Rest
der Herde kam zurück. Sie alle rammten nun den Baum-
stamm und versuchten,
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