Rueckkehr ins Leben
bis hoch in den Nacken. Ich wurde ohnmächtig.
Am Morgen des darauf folgenden Tages kam ich wieder
zu mir, die Drogen hatten zu wirken begonnen. Ich sah mich im Raum um und sah die Instrumente auf dem Tisch liegen,
die bei meiner Operation benutzt worden waren. Neben den
Instrumenten lag ein blutdurchtränkter Lappen, und ich fragte mich, wie viel Blut ich wohl bei der Operation verloren hat-183
te. Ich griff mit den Händen an mein Bein und fühlte den
Verband, bevor ich aufstand und nach draußen humpelte, wo ein paar Soldaten und der Sergeant saßen. »Wo ist meine
Waffe?«, fragte ich. Der Sergeant gab mir mein G3-Gewehr, das oben auf dem Mörser lag, und ich begann es zu säubern.
Ich schoss ein paarmal an die Wand gelehnt in die Luft, ignorierte den Verband an meinem Bein und alle anderen. Ich
rauchte Marihuana, aß etwas und schnupfte Koks und Brown Brown. Sonst tat ich nichts in den drei Tagen, bis wir uns wieder auf den Weg zurück zu unserem neuen Stützpunkt
machten. Als wir losgingen, gossen wir Kerosin auf die strohgedeckten Häuser, zündeten sie an und schossen ein paar
Panzerfäuste über die Mauern ab. Wir zerstörten immer die Stützpunkte, die wir verließen, damit sie für andere Einheiten unbrauchbar waren. Zwei Soldaten trugen mich in der Hängematte, aber diesmal hatte ich mein Gewehr und ich hielt links und rechts Ausschau, während wir uns über den Waldweg fortbewegten.
Wir blieben drei Wochen an dem neuen Stützpunkt und
Alhaji übernahm solange die Verantwortung für meinen Spä-
hertrupp. Ich vertrieb mir die Zeit mit Drogen und dem Säubern meines Gewehrs. Der Doktor reinigte meine Wunden
und sagte immer wieder: »Du hast Glück gehabt.« Damals
fand ich nicht, dass ich Glück gehabt hatte. Ich fand, dass ich tapfer war und zu kämpfen verstand. Ich wusste damals noch nicht, dass in dem Krieg, in dem ich mich befand, oder in irgendeinem anderen Krieg Überleben keine Frage von
Übung oder Tapferkeit war. Solche Erlebnisse führten nur
dazu, dass ich mir einbildete, gegen den Tod immun zu sein.
Am Ende der drei Wochen kam der erste Schwung Ang-
reifer, der Lieutenant wusste, dass sie kamen. Ich straffte den Verband an meinem Bein, nahm mein Gewehr und folgte
meiner Einheit, um die Angreifer in einen Hinterhalt zu locken, bevor sie sich unserem Dorf nähern konnten. Wir töteten die meisten von ihnen und nahmen einige wenige gefan-
gen, die wir mit zurückbrachten. »Das sind die Männer, die für die Schusswunden in deinem Bein verantwortlich sind.
Höchste Zeit, dass du dafür sorgst, dass sie nie wieder auf dich 184
oder deine Kameraden schießen.« Der Lieutenant zeigte auf die Gefangenen. Ich bin nicht sicher, ob einer der Gefangenen der Schütze war, aber zu dem Zeitpunkt war mir jeder
Gefangene recht. Sie wurden alle sechs mit gefesselten Händen in einer Reihe aufgestellt. Ich schoss ihnen in die Beine und sah einen ganzen Tag lang zu, wie sie litten, bevor ich ihnen schließlich am darauf folgenden Tag in den Kopf schoss, damit sie aufhörten zu jammern. Ich sah jeden einzelnen Mann an, bevor ich ihn erschoss, und kurz bevor ich den Abzug betätigte, sah ich die Hoffnung in seinem Blick schwinden. Die düs-teren Blicke dieser Männer waren mir lästig.
Als ich mit der Geschichte fertig war, hatte Esther Tränen in den Augen, und sie wusste nicht, ob sie mir über den Kopf streichen oder mich in den Arm nehmen sollte. Zum Schluss tat sie weder das eine noch das andere, sondern sagte: »Nichts von dem, was passiert ist, ist deine Schuld. Du warst ein kleiner Junge, und immer, wenn du mir etwas erzählen willst,
bin ich für dich da und höre dir zu.« Sie starrte mich an, versuchte, mir in die Augen zu sehen, wie zur Bestätigung dessen, was sie gerade gesagt hatte. Ich wurde wütend und be-reute, dass ich jemandem wie ihr, einer Zivilistin, von meinen Erlebnissen erzählt hatte. Ich hasste diesen Spruch »es ist nicht deine Schuld«, den die Mitarbeiter ständig abließen, wenn jemand vom Krieg erzählte.
Ich stand auf, und als ich die Krankenstation verlassen
wollte, sagte Esther: »Ich hab dich zur Kontrolluntersuchung im Connaught Krankenhaus angemeldet.« Sie hielt inne und
fuhr dann fort. »Lass mich den Walkman für dich aufbewah-
ren. Du willst doch nicht, dass die anderen neidisch werden und ihn dir klauen. Ich bin jeden Tag hier, du kannst also jederzeit kommen und Musik hören.« Ich warf ihr den
Walkman entgegen und ging raus, steckte mir
Weitere Kostenlose Bücher