Rückkehr nach Kenlyn
Korona schrie unisono auf, und Endriel ließ das Schiff gen Mond rasen. Der Schuss jagte haarscharf unter ihnen vorbei; nur ein paar Zentimeter höher und er hätte die linke Landekufe durchschlagen.
Sie nahm den Fuß sofort vom Schubpedal. Die Korona gefror in der Luft und blieb einen Kilometer hinter dem Frachter zurück.
»Alle wohlauf?«, fragte sie keuchend.
Miko nickte hastig, Keru knurrte nur.
»Ich glaube schon ...« Xeah hatte die Hände gefaltet und blinzelte unaufhörlich vor Nervosität.
Nelen sah Endriel an. »W-Was machen wir jetzt?«
Wir kämpfen!, wollte Endriel sagen. Sie hatte sich geschworen, Chasu nicht ein zweites Mal entkommen zu lassen. Dennoch wollte sie auch nicht diejenige sein, die ihre Freunde allein ihrer Rachegelüste wegen in den Tod führte.
Miko sah sie enttäuscht an. »Kapitän, Sie wollen doch jetzt nicht etwa aufgeben?«
»Wir können ihn nicht abhauen lassen!«, sagte Nelen. »Nicht schon wieder!«
»Wenn wir vielleicht den Abstand vergrößern?« Xeah faltete unruhig die Hände. »Auf die Entfernung wird es schwieriger für ihn, uns zu treffen.«
Endriel sah sie die anderen an, gerührt von ihrem Vertrauen. Sie blickte zur Navigationskarte. Noch immer waren allein die Korona und der Frachter zu sehen. Aber sie können nicht mehr weit weg sein , dachte sie. Wenn wir nur noch ein kleines Bisschen durchhalten ...
»Also gut«, sagte sie. »Ich bleibe dran!«
»Auf gar keinen Fall!«, protestierte Keru und packte ihren Arm. »Mach Platz!«, brummte er. » Ich fliege!«
Das kleinere Drachenschiff vergrößerte seine Distanz – Chasu konnte die Furcht der Besatzung fast riechen, aber er hatte nicht vor, sie damit so einfach davonkommen zu lassen. Er drehte die Energie voll auf; rotes Licht schoss aus der Waffe, der Rückstoß brach ihm fast das Genick. Wieder verfehlt! Er brüllte vor Zorn in die Dunkelheit und feuerte erneut, direkt auf die Mitte ihres linken Flügels. Das andere Schiff jagte nach rechts, wich der Salve aus, und noch im gleichen Moment feuerte Chasu ein drittes Mal –
– und ein Beben erschütterte die Korona . Etwas fiel brennend am Rand der Brückenkuppel vorbei.
»Da verabschiedet sich unsere Rückenfinne«, meldete Keru, ohne die Pranken vom Steuer zu nehmen. Endriel, die direkt neben ihm stand, glaubte das gewaltige Herz des Skria wie eine Kesselpauke schlagen zu hören. Vielleicht war es aber auch nur ihr eigenes.
Ein Schweißtropfen rann ihr über die Schläfe: Besser lebendig und gedemütigt als tot. Sie war fast bereit aufzugeben, als die das neue Blinken auf der Navigationskarte sah.
Endlich!
Sie drehte den Geisterkubus in ihre Richtung, sorgsam darauf bedacht, dass die Aufzeichnerlinse sie voll im Bild hatte. »Hier spricht Endriel Naguun vom Frachtschiff Korona! Dies ist ein Notruf!«
Die Energiezellen des Sonnenauges glühten nur noch orange, statt grün. Ihm blieb nur noch ein letzter Schuss. Mit einem Kopfrucken versuchte Chasu, die störende Mähne aus dem Gesicht zu bekommen. Das andere Schiff flog direkt hinter ihm, sodass ihm der Galionsdrache entgegen brüllte. Er zielte auf das Holz unterhalb des Monsters. Wenn er traf, würde der Schuss die Außenwand durchschlagen, sich quer durch das Schiff fräsen und in den Motoren einschlagen. Dann würde es Bumm! machen, eine kleine Sonne würde aufgehen, und der Himmel gehörte wieder ihm allein.
Ruhig ... ganz ruhig ... Er hatte es genau im Visier, brauchte nur noch abzudrücken und ...
Halt! Seine Ohren zuckten; irgendetwas stimmte nicht! Er hörte Schiffsantriebe aus der Bugrichtung. Aber –!
Er wirbelte herum –
Ein Patrouillenschiff der Weißmäntel raste auf ihn zu wie ein maschineller Kondor. Mondlicht schimmerte auf der weißen Metallhaut, und seine Schubdüsen zogen hundert Meter lange Flammenspuren hinter sich her. Der Galionsdrache am Bug hätte das wütende Muttertier des Schiffs achtern sein können.
» Meister! Weißmäntel! «, hörte er Larn von unten rufen.
Das Sonnenauge! Er musste es loswerden, bevor sie ihn damit erwischten! Chasu holte aus und schleuderte die Waffe zurück, den verfluchten Weißmänteln entgegen. Doch der Wind war gegen ihn: Er riss den Metallstab in die andere Richtung und ließ ihn gegen den Leib des Frachters prallen, wo er sich letzten Endes an einem Steigeisen verkeilte – zu weit entfernt, als dass er ihn lösen konnte. Chasu konnte nur noch schluchzen.
» Friedenswächterschiff Kallavar an unbekanntes Schiff «, donnerte eine
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