Rückkehr nach Kenlyn
als meine Familie. Der Gedanke, dass ich alles verlieren könnte ...« Sie schüttelte wieder den Kopf. »Ich liebe euch und ich will euch nicht verlassen. Aber wenn es soweit ist ... wenn meine Zeit endet ... ihr solltet mich nicht als die alte Frau in Erinnerung behalten, die darum bettelt, nicht sterben zu müssen.«
»Glaubst du, wir hätten es nicht verstanden?«
Xeahs Lächeln war so flüchtig wie ein Flügelschlag und voller Qual. »Das ist das Problem, Endriel: Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll.« Ein Schluchzen schüttelte sie.
Endriel suchte hilflos nach einer Antwort. »Aber – jetzt bist du hier! Gibt dir das nicht wenigstens ein klein wenig Zuversicht wieder?«
Xeah sah sich um, blickte von den mystischen Schriftzeichen zu Xal-Namas letzter Schlafstätte, und das Licht des Leuchtstabs fing sich in ihren Augen. »Ein wenig«, sagte sie und wischte sich die Tränen ab. »Und ich danke dir, dass ich das hier sehen durfte. Aber wichtiger ist mir, dass du mir verzeihst ...«
Da stand Endriel auf; sie ging vor der Heilerin in die Knie und schloss sie in ihre Arme. Xeah wiederum hielt sich an ihr fest, als wolle sie sie nie wieder loslassen.
»Es gibt nichts zu verzeihen«, flüsterte Endriel. »Aber bitte, egal was geschieht – bleib bei uns! Wir brauchen dich!«
»Und ich brauche euch«, sagte Xeah. Sie lachte und weinte gleichzeitig – und so standen sie da, im Schoß der Prophetin, und Endriel glaubte spüren zu können, wie ein kleines bisschen Kraft in die alte Heilerin zurückkehrte.
28. Lügenwürfel
»Du, der du dich Herrscher nennst, bedenke: Nicht du beherrschst den Thron; es ist der Thron, der dich beherrscht.«
– aus »Die Antagonie zwischen Politik und Moral« von Rendro Barl
»Ich grüße Sie, Gebieterin.« Galets Aufzeichnung im Geisterkubus verneigte sich. Als er wieder aufsah, zeigte er ein siegessicheres Lächeln. »Hiermit sende ich Ihnen die ersten neuen Schiffe unserer Armada, zusammen mit einigen anderen Geschenken aus den Wüsten von Te’Ra. Weitere werden bald folgen.« Der Ausdruck des Adlatus’ wurde ernster. »Bis jetzt haben wir noch keine Spur von der Korona , aber die Suche läuft weiter. So groß ist dieser Planet nun auch wieder nicht; wir werden Kapitän Naguun und ihre Mannschaft finden, das verspreche ich.« Wieder eine Verbeugung, demütiger diesmal. »Ich hoffe, die Dinge Zuhause laufen zu Ihrer Zufriedenheit, Gebieterin. Bis zu unserem nächsten Wiedersehen verbleibe ich mit den besten Wünschen für die Zukunft.« Bevor die Aufnahme verblasste, blickte er noch einmal in den Aufzeichner, und als Liyen seinen sehnsuchtsvollen Blick sah, lächelte sie gerührt. Galet schien seine Versetzung wirklich nicht zu genießen. Der arme Kerl – bis sie sich wieder sahen, würde noch einige Zeit vergehen.
Liyen warf den Geisterkubus einem Mitglied ihrer achtköpfigen Leibwache zu, die sie wie gepanzerte Schatten begleitete. »Richtet ihm meinen Dank aus.«
»Ja, Gebieterin.«
»Die Schiffe sind in ausgezeichnetem Zustand, Gebieterin«, erklärte Xon-Dur – für die Dauer von Yors Abwesenheit Oberste Kryptomaschinistin des Palastes – während sie Liyen durch den Hangar folgte. Die größenwahnsinnigen Proportionen der Halle verliehen ihrer trägen Stimme ein mehrfaches Echo. Ihr Kittel war so grau wie ihre Haut und ebenso wie diese mit Schmieröl befleckt. »Ganz besonders, wenn man sich vor Augen hält, wo sie die letzten paar Jahrhunderte gelegen haben.«
Liyen betrachtete die drei neuen/alten Drachenschiffe; inmitten der glänzendschwarzen Maschinen des Kults wirkten sie wie altersschwache Greise, zerbeult und zerschrammt wie sie waren. Aber es ging nicht darum, einen Schönheitspreis zu gewinnen. Xon-Durs Leute, ebenfalls in grau gekleidet und nicht weniger schmutzig, schweißten an Außenhüllen herum; Sonnenaugen und Schildgeneratoren wurden auf Schwebeplattformen herbeigeschafft und mithilfe von Kränen und Flaschenzügen auf die Fluggeräte gehoben. Ozon und der Gestank von verbranntem Metall verpesteten die Luft.
»Was ist mit den Wracks aus dem Zweiten Krieg?« Liyen sah zu der Hangarsektion gegenüber, welche die Schiffe beherbergte, die seit dreihundert Jahren auf ihre Reparatur warteten.
Xon-Dur schob stolz die Daumen unter den Werkzeuggürtel um ihren nabellosen Bauch. »Mit den Ersatzteilen, die Adlatus Rengar uns geschickt hat, können wir fünf, möglicherweise sechs davon wieder flott machen, Gebieterin.«
»Bis wann?«
»Wenn
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