Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rückkehr nach Kenlyn

Rückkehr nach Kenlyn

Titel: Rückkehr nach Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
Vom Netzwerk:
beschäftigt, unsere eigenen Leute zu foltern. Und nicht alle davon sind schuldig.« Er stellte den Teller in den Schrank; einen Moment blieb er mit verschränkten Armen und hängenden Schultern stehen. Er sah Endriel an. »Ich habe Kai und dich eine Million mal verflucht, für die Zweifel, die ihr in mir geweckt habt. Davor war alles so einfach: Das Wort des Gouverneurs war Gesetz und der Orden meine Familie. Nun ... ist nichts mehr einfach.«
    Endriel trocknete sich die Hände ab. »Es tut mir leid, dass sich für dich alles verändert hat.«
    »Nein!«, sagte der Admiral bestimmt. »Nein, das muss es nicht! Ich lebe lieber mit der Wahrheit. Wem eine Mauer aufgezeigt wird, der läuft nicht dagegen. Ich bin euch dankbar dafür.« Er lächelte ironisch. »Auch wenn das meinen Schlaf nicht gerade tiefer macht.«
    Bald stand die Dragulia wieder über dem Haus. Die Landbarke kam erneut herangeschwebt, um ihren Kommandanten zurück an Bord zu nehmen. Endriel und der Admiral umarmten einander.
    »Ich wünsche dir alles Gute!« Telios’ Stimme kämpfte gegen die Antriebe an. »Und ich hoffe, du findest Liyen endlich!«
    »Es wird auch langsam mal Zeit!«, rief Endriel zurück.
    Er hielt eine Hand ans Ohr. »Was hast du gesagt?«
    »Schon gut!«, rief sie, noch lauter.
    »Wo werdet ihr die Suche fortsetzen?«
    »In Tian-Dshi, wie immer! Die Hoffnung stirbt zuletzt!« Endriel sah zu dem ungeduldigen Piloten der Barke. »Also dann. Wir werden uns wohl eine Zeitlang nicht sehen, Onkel Andar, jetzt, wo wir beide wieder unterwegs sind!«
    Er zeigte ein strahlendweißes Lächeln. »Ich wette, wir sehen uns früher wieder als uns beiden lieb ist!«
    Sie ließen einander los. Endriel winkte Telios nach, als die Barke beidrehte und mit ihm hinauf zum Schiff schwebte, in dessen stählernem Leib sie verschwand.
    Kurz darauf jagte das Flaggschiff über sie hinweg und ließ die Sonne wieder auf den Hof der Naguuns scheinen. Endriel sah seinen Antriebsflammen nach, die lange, blaue Linien am blassen Himmel zogen.
    Sie wandte sich gerade ab, da sah sie am Horizont, in Richtung Olvan, etwas aufleuchten. Es war eine weitere Landbarke, diesmal eine mit blitzblank polierter Metallhülle. Sie raste die staubige Landstraße hinauf und hielt vor dem Zaun des Hofes, wobei ihre Schubdüsen Laub aufwirbelten.
    Endriel, die schon am Tor bereit stand, erkannte das Schwalbensymbol des Postdienstes auf dem Rumpf der Maschine. Kurz darauf reichte ihr die menschliche Kurierin einen unauffälligen Brief über den Zaun. »Viel Spaß damit!«, sagte sie mit wissendem Lächeln, dann ließ sie die Barke wieder kehrt machen und raste zurück in Richtung Stadt.
    Während sie das Haus wieder betrat, las Endriel den Absender. Ein flaues Gefühl machte sich in ihren Eingeweiden breit. Bitte lass es nicht das sein, was ich glaube, das es ist!
    Mit flatterigen Fingern öffnete sie den Umschlag und zog das Schreiben hervor. Ihr wurde schwindelig, während sie die Zeilen und Zahlen las. Dann fing sie an zu fluchen, unfähig, verständliche Worte zu artikulieren.
    »Kapitän?« Miko trat aus der Stube zu ihr und blieb sicherheitshalber auf Abstand, während Endriel vor Wut rot anlief.
    »Verfluchte Scheißdrecksbürokratenasseln!«
    Nelen flatterte hinzu. »Was ist passiert?«, fragte sie. Dann sah sie den Brief. »W-Was ist das?«
    Sie zuckte zusammen, als Keru hinter ihr brummte: »Ein Brief von der Finanzbehörde, dem Siegel nach.« Er trat vor, um der tobenden Endriel das Schreiben abzunehmen, und las es.
    »Und ...?« Nelen schien nicht sicher zu sein, ob sie die Antwort hören wollte.
    »Wir schulden dem Staat Geld«, brummte Keru. Er sah Endriel gegen die Wand treten. »Und zwar mehr, als wir haben.«

6. Das Schiff
    »Unangemeldeter Besuch bringt selten Gutes.«
    – Skria-Sprichwort
    Er stand zusammen mit Yu Nan in seiner Zuflucht, im obersten Stockwerk des höchsten Turms von Shannashai und gemeinsam sahen sie auf die tote Stadt am Meer hinab. Es war absolut still – vielleicht so still wie in dem letzten Augenblick, bevor das Universum geboren wurde. Eine kalte, eisige Stille. Keine Schritte, kein Echo. Nicht einmal der Sturm.
    Yu Nan war wieder jung: ein großes, dünnes Wesen mit zartblauer Haut, der ein perlmuttartiger Schimmer anhaftete. Seine ledernen Schwingen hatte er auf dem Rücken gefaltet, und sein an Federn erinnerndes Haar leuchtete weiß wie Gletscher.
    »Dies war einst eine stolze Stadt« , flüsterte seine melodische Stimme in Kais

Weitere Kostenlose Bücher