Rückkehr nach Kenlyn
so graziös wie die meisten ihrer Artgenossen. Wind spielte mit dem leichten Mantel der späten Besucherin; ihrem Kilt gleich war er aus blauer Seide gefertigt und diente allein zur Zierde, da ihr sandfarbenes, schwarz gesprenkeltes Fell sie ausreichend vor der Kälte schützte. Ihre Ohren endeten in schwarzen Spitzen, wie die eines Luchses.
»Guten Abend, Bürger«, schnurrte sie mit samtiger, gemütlicher Stimme. »Abstoßendes Wetter, hm? Dabei steht uns das Beste noch bevor: Angeblich wird es die nächsten vier Tage durchschneien. Entsetzliche Vorstellung, was? Ich stamme eigentlich aus Xarul, lange Sommer, milde Winter, wenn überhaupt. Aber was tut man nicht alles für die Arbeit, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Xeah, etwas ratlos. Sie hatte die Hände tief in den Ärmeln ihrer Robe versteckt und war froh, als Miko die Außentür hinter ihrem unangemeldeten Gast schloss. »Verzeihen Sie, aber Sie sind ...?«
»Oh, Verzeihung«, die Skria lachte und ihre Luchsohren zuckten, »meine Manieren hab ich natürlich wieder draußen gelassen.« Sie deutete eine Verbeugung an. »Udrai von den Keem-Tylar, zu Ihren Diensten. Bezauberndes Schiff haben Sie hier, muss man schon sagen. Sind Sie der Kapitän?«
»Ich fürchte nein«. Die Draxyll erwiderte die Verbeugung und legte dabei eine Hand über das Herz. »Ich bin Xabash Xeah-Quor. Kapitän Naguun ist gerade von Bord. Ich bin ihre ... Stellvertreterin.«
»Ah, verstehe, verstehe.« Udrai von den Kem-Tylar sah sich neugierig auf dem Mitteldeck um. Ihre Augen waren meergrün. Durch das Fett unter ihrem Fell sahen sie aus wie dünne Striche. »Dann können Sie mir sicher weiterhelfen, gute Frau.«
»Ich will mich bemühen«, sagte Xeah. »Worum geht es?«
Xeah sah, wie Nelen die Finger hinter dem Rücken kreuzte; sie wusste, was die Yadi dachte: Bitte lass sie ein Kunde sein!
»Ich arbeite für eine wohltätige Organisation: ›Die Hand der Freundschaft‹. Vielleicht haben Sie schon von uns gehört?« Udrai zog eine Visitenkarte aus der Kilttasche und überreichte sie Xeah, wiederum mit leichter Verbeugung, wie es sich gehörte.
Die Draxyll betrachtete die Karte: Sie bestand aus teurem Papier und zeigte eine helfend ausgestreckte Hand, die so stilisiert war, dass sie zu jedem Volk gehören konnte. Daneben stand in silbernen Lettern:
Die Hand der Freundschaft
Hilfe für die Hilflosen
Udrai, Keem-Tylar
Niederlassung Bergstraße 17
Tian-Dshi, Nadu-Kada.
»Wir sammeln Almosen für die ärmeren Gegenden Kenlyns, außerhalb des Nexus-Netzwerks. Bestimmt haben Sie von unserer großen Wohltätigkeitsauktion letzten Monat in Teriam gehört.«
Nelen und Miko nickten, obwohl klar war, dass keiner von ihnen wusste, wovon sie redete. Xeah dagegen blinzelte erfreut. »Selbstverständlich kenne ich die Hand der Freundschaft. Und ich freue mich über die guten Taten, die Sie verrichten.«
Die Skria zeigte sich geschmeichelt. »Nun ja, wir tun, was wir können.«
Xeahs Horn tutete bedauernd. »Nur leider muss ich gestehen, dass wir kein Geld haben, das wir spenden könnten ...«
Wieder lachte Udrai. »Nein, nein, keine Sorge, deswegen bin ich auch gar nicht hier. Die Sache ist die: Wir haben eine wichtige Lieferung abzugeben. Zehn Kisten mit medizinischer Ausrüstung und Verpflegung, die nach Obrana geflogen werden sollen. Das ist ein Dorf ...«
»... am nordöstlichen Rand des Niemandslandes«, vollendete Xeah sanft.
»Ich sehe, Sie kennen sich aus. Bravo! Also, der Frachter, den wir zu diesem Zweck angeheuert haben, ist seit vier Stunden überfällig und lässt mich in der verfluchten Scheißkälte stehen – wenn Sie die Ausdrucksweise entschuldigen wollen.«
»Vergeben und vergessen«, antwortete Xeah.
»Vielleicht hat das was mit den Piraten zu tun!« Miko lehnte am Treppengeländer und hatte die Hände in den Jackentaschen vergraben, da er wie üblich nicht zu wissen schien, wohin mit ihnen.
Udrais schmale Katzenaugen wurden ein kleines bisschen größer. »Piraten?«
»Ja. Es kam eben eine Durchsage über Kubus!«
»Verstehe ...« Udrai von den Keem-Tylar schien nicht erfreut. »Das würde natürlich einiges erklären. Nur ändert es nichts an unserer Lage – die Lieferung kann nämlich nicht länger warten! Sie muss morgen bis spätestens zur zwanzigsten Stunde in Obrana sein. Ein Sandsturm hat die Hälfte des Dorfes demoliert, den Leuten dort fehlt so gut wie alles, und wir wären froh, ihnen ein wenig unter die Arme greifen zu können.«
»Das kriegen wir
Weitere Kostenlose Bücher