Rückkehr nach Kenlyn
werde ich« , vernahm sie seine Stimme. »Aber du darfst dich nicht ablenken lassen! «
» Haben Sie mich nicht gehört, Kapitän? Nur ein Wort von Ihnen, und die Yadi kann gehen! «
Die Handlanger des Kaisers hatten Nelen mittlerweile auf das Kopfteil der Liege geschnallt, zwischen die beiden Metallscheiben; ihr Atem ging fast so schnell wie der Flügelschlag eines Kolibris. »Endriel!«, klagte sie unter Tränen, und Endriel weinte mit ihr. » Gib sie ihnen nicht! «, piepste die Yadi. » Bitte! «
»Ich hol dich da raus, Nelen!«, versprach Endriel mit gequälter Stimme. »Halt durch!« Und sie flehte im Gedanken: Yu Nan! Beeilen Sie sich!
» Heb deine rechte Hand! «, befahl der Sha Yang. » Hör nur auf meine Stimme! Heb deine rechte Hand und hör nur auf mich! «
» Sie hatten Ihre Chance, Kapitän! «
»Nein!«, rief Endriel.
» Hör auf meine Stimme! «
Auf einen Fingerzeig des Kaisers hin aktivierte der menschliche Schatten den Schmerzprojektor.
Jenseits des Kraftfelds schrie Nelen; es war der entsetzlichste Laut, den Endriel je gehört hatte. Das Eidolon verblasste, als ihre Gedanken allein bei ihrer Freundin waren; und sie hörte, wie Liyen und Keru fluchten und die übelsten Beschimpfungen ausstießen.
Es ist meine Schuld!, dachte Endriel, blind vor Tränen. Ich habe ihr das angetan!
» Hör auf meine Stimme, wenn du sie retten willst! «
»Ich kann nicht!« Endriel merkte nicht, dass sie es laut ausgesprochen hatte. Sie war auf dem Boden zusammengebrochen, die linke Hand um die Armschiene geklammert.
Da erschien Yu Nans Gesicht direkt vor ihr; es schien wirklicher zu sein als der Stein um sie herum. Zorn lag in seinen silbernen Augen. » Tu, was ich dir sage! «, hörte sie ihn brüllen.
Mehr aus Erschrecken denn aus freiem Willen gehorchte Endriel. Wie befohlen zuckte ihre rechte Hand vor, bis sie fast das Kraftfeld berührte. Elektrizität knisterte unter ihren Fingern.
» Endriel! «, weinte Nelen.
» Näher! «, forderte Yu Nan. Endriel tat, wie ihr geheißen, während Nelen weiterhin schrie. Ich hatte nie das Recht dazu!, dachte Endriel und glaubte, zu ersticken. Ich hätte sie niemals mit hineinziehen dürfen!
» Nur noch einen Moment! «, meldete Yu Nan. » Halt aus! «
Die Yadi bäumte sich in ihren Fesseln auf; ihr Weinen und Klagen zerriss ihrer Freundin die Seele. »Endriel!«, rief Nelen. »Endriel, hilf mir!«
» Jetzt! «, rief Yu Nan.
Es geschah vieles zugleich: Das Kraftfeld vor Endriel löste sich auf, während sich die Rüstung zu ihr drehte – und erstarrte. Die beiden Schatten hatten es sofort gemerkt – aber da war Endriel bereits aus ihrem Gefängnis gesprungen. Was immer die Maschine mit ihr angestellt hatte, sie hatte sich längst nicht davon erholt, und so waren ihre Bewegungen träger als sonst, doch sie schaffte es, den Arm des anstürmenden, menschlichen Schattens abzufangen und ihm diesen auf dem Rücken zu verdrehen. Sie ließ ihr Knie hochschnellen, traf den Mann in den Magen, die Luft wich ihm aus den Lungen, er ging zu Boden. Endriel griff nach dem Sonnenauge in seinem Rückengurt. Einen Moment lang war ihre Sicht verschwommen, als würde sie durch Gaze blicken, dann feuerte sie auf den Skria-Schatten, als dieser nur noch zwei Schritte von ihr entfernt war. Ein kurzer Strahl schickte ihn in die Bewusstlosigkeit.
Bevor er die Flucht ergreifen konnte, zielte Endriel auf den Schattenkaiser. Der Schuss durchschlug die Rüstung; die Wucht schmetterte ihn gegen die Wand.
Endriel lief zu dem Schmerzprojektor und stellte die verfluchte Maschine ab. Nelen bewegte sich nicht.
Nein!
Der Schattenkaiser hatte sich schon fast wieder auf die Beine gekämpft, sein Blick ging Richtung Tür.
»Endriel!«, rief Keru.
Sie fuhr atemlos herum, schlug mit der Faust auf den Öffnungsschalter seiner Zelle. Das Feld schien zu zerplatzen wie eine Seifenblase, und der Skria hechtete an ihr vorbei. Er stürzte sich von hinten auf den Kaiser, ließ ihn zu Boden krachen, im selben Moment, als Endriel Nelen von der Liege befreit hatte.
Die Yadi lag in ihrer Hand und rührte sich nicht. Unter Tränen hob Endriel den winzigen Körper an ihr Gesicht – sie spürte kaum Nelens Atem an ihrer Wange. Da schlug sie die violetten Augen auf.
»Endriel«, hauchte sie.
»Es tut mir so leid«, weinte Endriel.
» Endriel! «, rief Liyen. »Hinter dir!«
Sie schreckte auf. Der menschliche Schatten hatte sich wieder erhoben und wollte nach ihrem Sonnenauge greifen; Endriel warf sich
Weitere Kostenlose Bücher