Rückkehr nach Kenlyn
vor sich, der mit ihr lachte, sie küsste und ihr sagte, dass alles gut werden würde, dass sie es bald überstanden hätte.
»Sie ist wahnsinnig!«, brummte der Schatten-Skria.
Endriel sah zu Keru: Er bleckte die Zähne in einem verwirrten Grinsen; Nelen dagegen hielt sich die Ohren zu – ganz blass vor Angst, ihre Freundin könne tatsächlich den Verstand verloren haben. Und Liyen? Liyen zeigte ein winziges, aber beeindrucktes Lächeln.
» Wir haben sehr viel Zeit, Kapitän Naguun! «
»Großartig!« Sie würgte das Wort hervor. »Ich ... kann das nämlich ... den ganzen Abend durchhalten! Dann ... erlebt ihr mal ’ne echte Folter!«
Und sie dachte: Ihr könnt mich nicht brechen! Keine Macht im Universum kann das!
» Die Armschiene! «, hörte sie Kai in ihrer Erinnerung sagen. » Denk dran: Sie ist ein Schlüssel! «
Endriel riss die Augen auf.
Sie wusste, was er meinte: Es gab einen Ausweg! Wenn sie es richtig machte, konnte sie sich und die anderen befreien!
Nun, da sie wieder Hoffnung erfüllte, lachte sie noch lauter. »Und jetzt alle!«
Sie wusste nicht, wie lange sie vor sich hingrölte; die Maschine kämpfte gegen sie, aber das Ding war nicht stark genug. Und irgendwann, nach ein paar Minuten oder tausend Jahren, verblasste der Schmerz allmählich, schrumpfte zu einem bloßen Kribbeln in ihren Gliedern.
»Nicht aufhören!«, krächzte sie matt und ausgezehrt. Ein Kichern schüttelte sie und ließ bunte Sterne vor ihren Augen tanzen. »Ich hab mich doch gerade erst warm gesungen!«
Die Schatten lösten sie von der Liege. Die scharfe Kante der linken Stahlklammer hatte eine Wunde unterhalb ihrer Handwurzel hinterlassen. Blut tropfte auf den Marmorboden, doch Endriel bemerkte nichts davon. Die beiden Wesen trugen sie fort, und wieder wehrte sie sich dagegen – nur versuchte sie diesmal, mit wachsweichen Beinen auf die Liege zurückzuklettern. »Nur noch fünf Minuten!«, bettelte sie den Kaiser an; der Raum schien sich um sie herum zu drehen. »Bitte! Von mir aus auch nur zwei!«
» Sie sind zäh, Kapitän Naguun «, sagte die bizarre Stimme.
Sie grinste erschöpft. »Sie sind’s nicht, wenn Sie jetzt schon aufgeben.«
Sie landete schmerzhaft auf kalten Stein, als die Schatten sie wieder zurück in ihr Gefängnis warfen. Das Kraftfeld blitzte erneut auf und färbte die Welt jenseits der Zelle purpurn. Doch das war ihr egal, nur ein Gedanke zählte:
Die Armschiene!
Mit dem Rücken zur Lichtbarriere hockte sie auf dem Boden. Sie hatte sich über das Artefakt an ihrem Arm gekauert wie ein Kind, das seinen geheimsten Schatz hütet. Ihre Finger berührten die beiden Kristalle, und sie dachte angestrengt: » Kandierte –
Wie ein Donnern unterbrach die Stimme des Schattenkaisers ihre Gedanken: » Nun, vielleicht ist eine andere Herangehensweise angebracht. « Die Rüstung wandte sich von ihr ab – und blickte zu Nelens Zelle.
»Nein!«, kreischte die Yadi. Endriel hörte ihren panischen Flügelschlag, wie von einem ängstlichen Vogel in seinem Bauer, begleitet vom Rasseln der dünnen Kette, mit der ihre Füße an der Wand befestigt waren. » Nein, nein, nein! «
Keru brüllte. Das Geräusch ging durch Mark und Bein; Endriel glaubte, ganz Kenlyn würde erbeben.
Sie selbst sprang im gleichen Moment auf und kollidierte mit dem Feld – ein Blitz durchfuhr sie, schleuderte sie zurück. »Lass sie in Ruhe, du Mistkerl!«, schrie sie mit wunder Kehle. »Du willst mich haben, nicht sie!«
Der Blick aus roten Augen schien sie zu durchbohren. » Wir gehen diesen Schritt nur ungern, Kapitän Naguun. «
Die Schatten hatten das Feld vor Nelens Zelle bereits ausgeschaltet. Der Skria ließ seinem menschlichen Kumpan den Vortritt, dieser packte die Kette, löste sie von der Wand und zog die wild flatternde Nelen hinter sich her wie einen Drachen, hin zu der Liege. Das winzige Geschöpf weinte bitterlich. »Nein! Lasst mich! Ich will nicht!«
Das angsterfüllte Piepsen traf Endriel ins Mark. Von allen Schmerzen, die sie heute kennengelernt hatte, war dies der tiefste.
» Ihre Freundin muss nicht leiden, Kapitän. Sie können das verhindern! «
»Sie ist ein Kind, verflucht!«, schrie Liyen die Schatten an. »Nehmt mich stattdessen, und ich trete eure Ärsche, bis ihr kichert!«
Zeit!, dachte Endriel verzweifelt. Ich brauche mehr Zeit! Sie hatte längst die Schiene aktiviert. Der Sha Yang kam zu ihr herangeschwebt; es schien, als trete er wie ein Gespenst aus der Wand. Yu Nan! Helfen Sie mir!
» Das
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