Rückkehr nach Killybegs
Schultern. Und brüllte inmitten zerbrochener Untertassen und verstreuter Brote, ob sie das an nichts erinnerte. Wirklich nicht? Sollte ich auf den Boden scheißen, damit die Erinnerung wiederkomme? IRA-Leute griffen ein. Erst mal sollten sich alle beruhigen. Der Krieg werde auf der Straße geführt, nicht in den Pubs. Ich verließ die Kneipe. Und war am nächsten Tag wieder da, um mich zu entschuldigen.
Die IRA hatte mir dazu geraten. Waldner hatte es mir befohlen.
Noch bevor ich zum Verräter wurde, wurde ich lästig. Der MI5-Agent fragte sich, ob ich mich deshalb so aufführte, um von meiner Gemeinschaft verstoßen zu werden. Damit ich wertlos, nutzlos würde. Er erinnerte mich daran, dass sich nichts geändert habe. Ich hatte Danny umgebracht, Jack saß immer noch im Gefängnis, und Sheila war zerbrechlich. Ich solle mit der Randale aufhören. Das war ein Befehl. Also trank ich weniger und weniger. Schließlich nur noch wie vorher, wenn ich Lust darauf hatte.
Aber ich wusste, dass ich es nicht mehr im Griff hatte.
*
Bobby Sands starb am 5. Mai 1981 nach dreiundsechzig Tagen Hungerstreik. Als er im Sterben lag, wurde er zum Abgeordneten in Westminster ernannt, aber es war zu spät. Francis Hugues starb am 12. Mai, mit fünfundzwanzig Jahren, nachneunundfünfzig Tagen Hungerstreik. Pasty O’Hara und Ray McCreesh starben gemeinsam am 21. Mai, mit dreiundzwanzig und vierundzwanzig Jahren, nach einundsechzig Tagen Hungerstreik.
Am 22. Juni, als die IRA-Brigade von Belfast beschloss, einen Aufseher von Long Kesh zu erschießen, bereiteten sich Joe McDonnell, Martin Hurson, Kevin Lynch, Kieran Doherty, Thomas McElwee und Michel Devine auf den Tod vor.
Die ganze Stadt trug Trauerflor. Die IRA musste reagieren.
Franck »Mickey« Devlin kam als Letzter in den ersten Stock eines Backsteinhauses in der Siedlung Divis Flats. Zu dritt saßen wir in dem kleinen Zimmer auf dem Boden. Mickey haute mir auf den Rücken, froh, mich zu sehen. Fast hätte er wieder seinen Stift hervorgeholt, um mich zu ärgern, dann ließ er es aber bleiben. Als er das Kruzifix erblickte, bekreuzigte er sich. Und zwinkerte dann dem Papst zu.
Als er kam, hatte er um Tee gebeten. Es klopfte. Jim O’Leary öffnete und nahm das Tablett von unserer Gastgeberin entgegen.
»Auf der Straße ist es ruhig«, sagte sie. Dann zog sie sich lautlos zurück.
»Tee, Tyrone?«, fragte Jim.
»Ja, bitte«, antwortete ich.
Mickey nahm Fotos aus seinem Hemd. Fünf Aufnahmen aus der Ferne. Er legte sie auf dem Teppich aus wie ein Kartenspiel.
Ich zog die Vorhänge zu und machte das Licht an.
Die anderen beugten sich über die Bilder.
»Kackfresse«, sagte Jim.
»Er heißt Ray Gleeson und lebt in der Nähe von Cliftonville in einem gemischten Viertel.«
»Kathole?«, fragte Jim.
»Ja. Er ist dreiundfünfzig Jahre alt. Arbeitet seit 1962 für die Strafvollzugsbehörde und ist seit vier Jahren in Kesh.«
Jim reichte mir eines der Fotos.
»Ein Freund von dir, Tyrone?«
Popeye.
Mein Wärter. In Zivil, mit einem zu großen Anzug, einem schlecht sitzenden Hemd, kahlem Schädel und Zigarette im Mundwinkel.
Ich nahm die Dunkelheit zum Vorwand und ging zur Nachttischlampe. Wandte ihnen den Rücken zu. Popeye. Mein Herz klopfte, mein Kopf pochte, ein Trommelwirbel der Angst, den jeder hören musste.
»Kennst du den?«
»Nein«, sagte ich.
Ich bückte mich. Betrachtete die anderen Bilder. Popeye, der seinen Wagen vorsichtig von unten inspizierte, Popeye, der durch die Innenstadt lief, Popeye, der an einer roten Ampel stand.
»Warum er?«, fragte ich.
Das war mir so herausgerutscht. Blödsinnige Frage. Ich hielt den Atem an.
Mickey warf mir einen merkwürdigen Blick zu. Ohne es zu wissen, half er mir aus der Patsche.
»Warum ein Kathole, meinst du?«
»Ja, warum ein Kathole?«
Jim machte eine vage Geste und meinte, sein Viertel würde den Rückzug erleichtern.
Nun ergriff unser Jüngster das Wort. Ich kannte ihn kaum. Er wirkte ein bisschen wie ein Student, das mochte ich nicht. Er sagte zu mir, die Hungerstreiks seien unsere Priorität und dass die IRA auf diesem Gebiet antworten müsse.
Ich sah ihn an. Und lächelte kalt.
»Terry heißt du, oder? Also, Terry, willst du mir vielleicht die Situation im Gefängnis erklären?«
Er erstarrte, von meiner Aggressivität überrascht.
»Und du meinst, uns militärische Taktik beibringen zu müssen? Ja, Terry?«
»Beruhige dich, Tyrone«, murmelte Mickey.
Er sammelte die Fotos ein, den Blick auf mich
Weitere Kostenlose Bücher