Rueckkehr nach River's End
die MacBride-Methode? Sobald eine Situation zu schwierig wird, wird sie ignoriert?« Noah bedauerte seine Bemerkung sofort, nicht nur, weil sie verletzend war, sondern weil in ihren Augen Panik und Trauer aufkeimten. »Liv, es tut mir leid!«
Er griff nach ihr und fluchte leise, als sie zurückschreckte. »Es tut mir leid«, wiederholte er sehr deutlich. »Das war nicht nett von mir. Aber du bist nicht die einzige, die gelitten hat. Damals hast du mein Herz in Stücke gerissen. Vielleicht hast du recht. Vielleicht ist es besser, wenn wir die Vergangenheit ruhen lassen.«
Schweigend packten sie ein, peinlich darauf bedacht, einander nicht zu berühren. Im Wald wurde Olivia wieder zur unbeteiligten Führerin, wies auf interessante Pflanzen und Tiere hin und erstickte jede persönliche Unterhaltung im Keim.
Noah kam es vor, als ob sie sich unter ihrer Glasglocke verkrochen hätte. Für ihn war sie unerreichbar.
Das würde die Sache nur rundum einfacher gestalten, sagte er sich. Er wollte sie nicht mehr berühren. In seinem eigenen Interesse konnte er es nicht riskieren.
Während der letzten zwei Stunden der Wanderung träumte er davon, seine Stiefel zu verbrennen und den Geschmack in seinem Mund mit einem guten, steifen Drink herunterzuwaschen.
Zwanzigstes Kapitel
Als das Gästehaus wieder in Sicht kam, hatte Noah einen einfachen Plan. Er würde sich direkt in die Bar begeben und sich eine oder doch lieber zwei Flaschen Bier kaufen. Diese würde er mit in sein Zimmer nehmen, wo er sie während seines einstündigen Duschbads auszutrinken gedachte.
Wenn ihn das nicht wieder zu einem menschlichen Wesen machte, nun, dann würde er eben rohes Fleisch bestellen und darauf herumkauen.
Der Himmel war perlgrau, durchsetzt von ein paar flammenden Farbspritzern im Westen, aber er fühlte sich nicht in der richtigen Stimmung, um das Abendrot zu genießen.
Gerade wollte er sich zu Olivia umdrehen und einen übertrieben höflichen Kommentar über ihre Fähigkeiten als Wanderführerin abgeben, als der Empfangschef eilig auf ihn zugesteuert kam.
»Mr. Brady, Ihre Mutter hat angerufen. Sie sagte, es sei dringend.«
Er erstarrte, dann wurde ihm übel. »Meine Mutter?«
»Ja, sie rief etwa eine Stunde nach Ihrem Aufbruch heute morgen an, und dann noch einmal um drei. Sie bittet Sie, sich so bald wie möglich zu Hause zu melden.«
Im Geiste sah er die Cops vor der Haustür. Jede Polizistenfamilie wusste , was es bedeutete, wenn man die Haustür öffnete und Uniformierte mit einstudiert ausdruckslosen Gesichtern davorstanden.
Aber sein Vater war doch pensioniert. Es konnte nicht wahr sein, es war unmöglich.
»Ich...«
»Du kannst hier telefonieren.« Sanft nahm Olivia seinen Arm. Die nackte Angst auf seinem Gesicht löste Alarmsignale in ihr aus, aber ihre Hand blieb ruhig, als sie ihn am Empfangsbereich vorbei zu einem Büro führte.
»Du kannst direkt wählen. Ich gehe nur...« Sie trat zurück, wollte ihn allein lassen, aber seine Hand legte sich über ihre.
Er sagte nichts, hielt nur weiter ihre Hand, während er die Nummer wählte. Die Berührung gab ihm Halt, während tausend Ängste durch seinen Kopf spukten. Seine Finger wurden feucht. Am anderen Ende klingelte es einmal, zweimal. Die Stimme seiner Mutter, abgehetzt und atemlos, ließ seine Eingeweide gefrieren.
»Mom?«
»Oh, Noah, Gott sei Dank.«
»Dad?« Während des einen Herzschlags, den sie zum Antworten benötigte, durchlebte er Höllenqualen.
»Nein, nein, Liebling. Es geht nicht um Frank. Deinem Vater geht es gut.« Bevor seine Knie vor Erleichterung unter ihm nachgeben konnten, sprach sie hastig weiter, »Es geht um Mike, Noah.«
»Mike?« Seine Finger drückten Olivias fester. »Was ist los? Was ist passiert?«
»Noah, ich - Gott... Er ist im Krankenhaus. Er liegt im Koma. Wir wissen nicht, wie es um ihn steht. Sie untersuchen ihn noch, sie tun alles, was...«
Als sie zu weinen begann, spürte Noah, wie sich sein Magen verkrampfte. »Was ist passiert? Ein Autounfall?«
»Nein, jemand hat ihn überfallen. Jemand hat immer wieder auf ihn eingeschlagen. Von hinten. Er war gestern abend in deinem Haus.«
»Im Strandhaus? Er war bei mir?« Furcht und Entsetzen lähmten ihn beinahe. »Es ist gestern abend passiert?«
»Ja. Ich habe es erst heute morgen erfahren, ganz früh. Dein Vater ist gerade im Krankenhaus. Ich fahre auch wieder hin. Sie lassen nur einen zu ihm, immer nur für ein paar Minuten. Er liegt auf der Intensivstation.«
»Ich komme,
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