Rueckkehr nach River's End
weiß nicht, was ich machen muss .«
»Ich schon. Bevor wir beginnen, möchte ich dir etwas sagen.« Noah holte auch noch seinen Notizblock heraus. »Ich habe darüber nachgedacht, dieses Buch nicht zu schreiben. Das Projekt wieder abzublasen, so wie damals, als ich dich so sehr verletzt habe.« Er klappte den Block auf, sah sie an. »Doch diesmal hätte es nichts genutzt. Die Gedanken hätten mich trotzdem verfolgt, genau wie dich auch. Ich kann dir nicht sagen, Liv, ob das nun zwischen uns steht oder ob es der Grund ist, warum wir zusammen hergekommen sind. Warum wir miteinander geschlafen haben. Aber ich weiß, wenn wir es jetzt nicht zu Ende führen, werden wir immer auf der Stelle treten. Wir müssen nach vorn sehen.«
»Ich habe gesagt, daß ich es mache, und ich halte mein Wort.«
»Um mich dafür zu hassen? Mir die Schuld dafür zu geben, daß die Erinnerungen ans Tageslicht gezerrt werden? Wie du mich an jenem Tag im Hotel gehasst hast?«
»Du hattest mich angelogen.«
»Das weiß ich. Und ich habe in meinem ganzen Leben noch nie etwas so sehr bereut.«
Sie hatte damit gerechnet, daß er es leugnen würde, Ausflüchte benutzen, argumentieren würde. Und hätte es wieder einmal besser wissen müssen, denn er hatte Ehrgefühl. Das ist der Grund, warum das, was er tut, Bedeutung hat, dachte sie nun. Warum er für mich Bedeutung hatte.
»Ich hasse dich nicht, Noah. Und ich werde dich auch nicht dafür hassen, daß du tust, was du glaubst, tun zu müssen. Aber meine Gefühle sind meine Sache.«
»Nicht mehr nur deine.« Das sagte er leichthin, aber sie hörte Entschlossenheit in seinem Ton. »Aber wir können auch darüber reden. Über uns. Später.«
»Es gibt kein uns.«
»Darüber solltest du besser noch einmal nachdenken.« Diesmal erkannte sie die Entschlossenheit in seinen Augen. »Und jetzt setz dich lieber hin.«
»Ich will nicht sitzen.« Aber sie nahm den Rucksack ab und öffnete ihre Wasserflasche.
»Von mir aus... Erzähl mir von deiner Mutter.«
»Ich war vier als sie starb. Aus anderen Quellen kannst du vermutlich mehr über sie erfahren.«
»Wenn du an sie denkst, was siehst du als erstes?«
»Ihr Parfüm. Das Parfüm in einem der Flakons auf ihrem Frisiertisch. Ich hielt sie damals für Zauberfläschchen. Eins war kobaltblau mit einem Silberstreifen. Dieser Duft war ihr ganz eigener, warm, etwas süßlich, mit einem Hauch von Jasmin. Ihre Haut duftete immer danach, und wenn sie mich in den Arm nahm oder an sich zog, war es am stärksten...« Olivia berührte ihre Kehle direkt unter dem Kinn. »An der Stelle habe ich immer an ihr geschnuppert, und das hat sie zum Lachen gebracht. Sie war so schön.« Ihre Stimme klang rau , und sie drehte sich um und starrte auf das Blumenmeer. »Inzwischen habe ich ihre Filme gesehen, unzählige Male, aber in
Wahrheit war sie noch viel schöner. Sie bewegte sich wie eine Tänzerin. Ich weiß, dass sie eine großartige Schauspielerin war. Und sie war eine wunderbare Mutter. Geduldig und lustig und... sehr bemüht. Sie bemühte sich immer, für mich da zu sein, mir Aufmerksamkeit zu schenken, mich wissen zu lassen, daß ich der Mittelpunkt ihrer Welt war, was immer auch passierte. Kannst du das verstehen?«
»Ja. Ich habe in dieser Hinsicht selbst großes Glück gehabt.«
Olivia gab nach und setzte sich neben ihn. »Ich vermute, daß ich verwöhnt wurde. Sie schenkte mir Zeit, Aufmerksamkeit und ein Haus voller Spielzeug und Luxus.«
»Für mich sind Kinder verwöhnt, die diese Dinge nicht zu schätzen oder zu respektieren wissen. Ich würde sagen, du wurdest geliebt.«
»Sie hat mich sehr geliebt und gab mir nie Grund, daran zu zweifeln, selbst wenn sie mit mir schimpfte. Und ich habe sie angebetet. Ich wollte wie sie sein. Ich habe oft in den Spiegel gesehen und mir vorgestellt, daß ich später genau wie Mama werden würde.«
»Du siehst ihr sehr ähnlich.«
»Das stimmt nicht.« Unwirsch stand Olivia wieder auf. »Ich bin nicht schön und will es auch nicht sein. Und ich werde nie nach meinem Aussehen beurteilt werden, so wie sie es viel zu häufig erlebt hat. Das ist es, was sie umgebracht hat. In diesem Märchen hat das Biest die Schöne getötet.«
»Weil sie schön war?«
»Ja. Weil sie begehrenswert war. Weil Männer sie begehrten, und er es nicht ertragen konnte. Er konnte genau das nicht mehr ertragen, was ihn anfangs zu ihr hingezogen hatte. Ihr Gesicht, ihr Körper, ihre ganze Art. Wenn sie ihm gefiel, musste sie auch anderen
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