Rueckkehr nach River's End
sie Noah ansah. »Er war high. Damals wusste ich das nicht. Daß er wütend war, bemerkte ich erst, als er losschrie und meine Spieluhr zerbrach. Als meine Mutter hereinkam und er ihr wehtat, merkte ich hur, daß er nicht mehr wie mein Daddy war. Ich versteckte mich im Schrank. Ich versteckte mich, als sie weinte, mit ihm kämpfte und ihn schließlich aus dem Zimmer sperrte. Dann kam sie zu mir und sagte, daß alles wieder gut würde. Von meinem kleinen Telefon aus rief sie die Polizei an, später reichte sie die Scheidung ein. Weniger als vier Monate danach kam er zurück und tötete sie.«
Noah schaltete das Gerät aus, stand auf und ging auf Olivia zu.
Automatisch wich sie einen Schritt zurück. »Nein. Ich will nicht in den Arm genommen werden. Ich will nicht getröstet werden.«
»Ach, komm schon.« Er legte seine Arme um sie und hielt sie fest, obwohl sie sich wehrte. »Lehn dich an mich«, murmelte er. »Es ist ganz einfach.«
»Ich brauche dich nicht«, erwiderte sie heftig'.
»Lehn dich trotzdem an.«
Einen Augenblick lang widersetzte sie sich noch, dann gab sie nach. Ihr Kopf lag an seiner Schulter, und ihre Arme umfassten locker seine Taille.
Sie lehnte sich leicht gegen ihn, behielt die Augen jedoch offen. Und sie weinte nicht.
Neunundzwanzigstes Kapitel
Auf dem Rückweg ins Lager stellte Noah ihr Dutzende von Fragen, erwähnte jedoch ihre Eltern mit keinem Wort mehr. Er erkundigte sich nach ihrer Arbeit, ihren Gewohnheiten, dem Zentrum und dem Gästehaus. Ihr war bewusst , was er damit erreichen wollte, und sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie sich über seinen Versuch, ihr seelisches Gleichgewicht wieder ins Lot zu bringen, freuen oder ärgern sollte.
Außerdem verstand sie nicht, warum seine Strategie so gut funktionierte.
Jedes Mal, wenn sie eine Barriere errichtete, umging er sie geschickt, bis sie sich wieder behaglicher fühlte. Das war eine
Fähigkeit, die sie nur bewundern konnte. Als sie wieder einmal anhielten, um die Landschaft zu genießen, stellte sie fest, daß sie Schulter an Schulter nebeneinander saßen, so als ob sie sich schon ihr Leben lang gekannt hätten.
»Okay, also bauen wir unser Haus genau an dieser Stelle.« Er zeigte auf einen felsigen Abhang hinter sich.
»Ich habe dir bereits erklärt, daß dieses Land öffentliches Eigentum ist.«
»Spiel doch einfach mal mit, Liv. Wir bauen es dort oben, mit großen Fenstern in diese Richtung, damit wir jeden Abend den Sonnenuntergang sehen können.«
»Das wird schwierig, dort ist nämlich Süden.«
»Oh. Bist du sicher?«
Olivia blickte ihn ausdruckslos an, aber um ihre Mundwinkel spielte ein Lächeln. »Westen«, verkündete sie und zeigte in die entsprechende Richtung.
»Schön. Also liegt unser Wohnzimmer dort. Wir brauchen einen großen, gemauerten Kamin. Alles offen, hohe Decken mit einer Art Galerie. Keine abgeschlossenen Räume. Vier Schlafzimmer.«
»Vier?«
»Klar. Du willst doch, daß jedes Kind ein eigenes Zimmer bekommt, oder? Fünf Schlafzimmer«, korrigierte er sich und beobachtete amüsiert, wie sie die Augen aufriss . »Ein Gästezimmer. Dann brauche ich ein Büro in angemessener Größe, mit vielen Regalen und Fenstern nach Osten. Wo möchtest du dein Büro haben?«
»Ich habe schon ein Büro.«
»Zu Hause brauchst du noch eins. Immerhin bist du eine berufstätige Frau. Ich finde, es sollte neben meinem liegen, aber wir stellen Regeln auf, damit jeder den Bereich des anderen respektiert. Wir richten die Büros im zweiten Stock ein.« Seine Finger schlössen sich um ihre Hand. »Das wird unser Revier. Das Spielzimmer für die Kinder sollte im Hauptbereich liegen, mit Fenstern, die sich zum Wald öffnen, damit sie sich nicht eingeschlossen fühlen. Was hältst du von einem überdachten Swimmingpool?«
»Kein Heim ohne Pool.«
Er grinste, weil er sie in einem unbedachten Augenblick ertappt hatte, lehnte sich zu ihr hinüber und küßte sie lange und entschlossen. »Gut. Das Haus sollte aus Stein und Holz gebaut werden, findest du nicht?«
Seine Hand lag auf ihrem Haar, spielte mit den Strähnen. »Das hier ist kaum die geeignete Umgebung für Kunststoffverkleidungen.«
»Den Garten planen wir gemeinsam.« Seine Zähne nagten leicht an ihrer Unterlippe. »Küß mich, Olivia. Lass dich gehen, nur dieses eine Mal.«
Sie konnte sich gar nicht dagegen wehren. Das Bild, das er entworfen hatte, war so verlockend, daß sie sich von ihm hatte mitreißen lassen.
Wie war es nur möglich, daß er
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