Rueckkehr nach River's End
ihre Großmutter am Ende der Auffahrt bremste, stand sie auf und lächelte ihrer Großmutter entgegen.
»Gut, daß du da bist.« Val zog ihre Kapuze über den Kopf, während sie aus dem Jeep kletterte. »Der Wagen ist bis oben hin bepackt, Livvy. Hol dir eine Jacke und hilf mir tragen.«
»Ich brauche keine Jacke, ich bin doch nicht aus Zucker.« Sie trat in den Regen. Sein regelmäßiges Trommeln wirkte beruhigend. »Essen wir heute abend Spaghetti mit Fleischklößchen?«
»Als Jamies Begrüßungsmahl?« Val lachte und reichte Olivia eine Einkaufstüte. »Was wohl sonst?«
»Ich möchte kochen.« Olivia nahm die Tüte in die andere Hand und ergriff eine zweite.
»Du - tatsächlich?«
Olivia zuckte mit den Schultern und marschierte ins Haus. Val kam mit weiteren Tüten hinter ihr her. »Was ist passiert? Du sagst doch immer, daß Kochen langweilig ist.«
Da war ich noch ein Kind, dachte Olivia, jetzt ist alles anders.
»Irgendwann muss ich es ja lernen. Ich hole den Rest, Großmama.« Sie ging zur Tür. Wut stieg in ihr auf, wollte sich nicht länger unterdrücken lassen. Aber das war falsch. Betont langsam kam sie deshalb zurück und umarmte Val. »Ich möchte lernen, so zu kochen wie du.«
Während Val erfreut blinzelte, eilte Olivia nach draußen, um den Rest der Tüten zu holen. Was ist nur in das Mädchen gefahren? fragte sich Val, während sie frische Tomaten, Salat und Paprika auspackte. Am Vormittag hatte Livvy noch gejammert, weil sie ein paar Scheiben Toast zubereiten sollte, hatte es gar nicht abwarten können, endlich an die frische Luft zu kommen. Und auf einmal wollte sie ihren freien Nachmittag in der Küche verbringen!
Als Olivia zurückkam, zog Val die Augenbrauen hoch. »Livvy, hattest du Ärger auf dem Campingplatz?«
»Nö.«
»Führst du irgend etwas im Schilde? Geht es um den neuen Rucksack, auf den du ein Auge geworfen hast?«
Olivia stöhnte und schob sich eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht. »Oma, ich will lernen, wie man Spaghetti kocht. Das ist doch keine große Sache.«
»Nun ja.« Val nickte erfreut. »Mein Mädchen wird erwachsen.« Sie streckte den Arm aus und streifte Olivias Wange mit den Fingerspitzen. »Meine hübsche kleine Livvy.«
»Ich will nicht hübsch sein.« Etwas von dem Feuer ihrer Wut loderte in ihren Augen. »Ich will klug sein.«
»Man kann auch beides.«
»Ich möchte mich lieber auf klug konzentrieren.«
Veränderungen, dachte Val. Man kann sie nicht aufhalten, kann den Augenblick nicht festhalten. »In Ordnung. Lass uns alles wegräumen, damit wir anfangen können.«
Geduldig erklärte Val, welche Zutaten sie benutzt und warum, welche der Kräuter aus dem Küchengarten sie brauchten und wie ihr Geschmack sich verbinden würde. Über Olivias konzentriertes Zuhören war sie eher amüsiert als besorgt.
Dabei hätten ihr die Gedanken, die ihrer Enkelin gerade durch den Kopf gingen, die Tränen in die Augen getrieben.
Hast du meiner Mutter auch beigebracht, wie man diese Sauce zubereitet? fragte sich Olivia. Hat sie auch hier mit dir an diesem Herd gestanden, als sie so alt war wie ich, hat sie damals gelernt, wie man Knoblauch in Olivenöl bräunt? Hat sie die gleichen Düfte gerochen, hat sie gehört, wie der Regen auf das Dach trommelt?
Warum erzählst du mir nicht von ihr? Wie kann ich wissen, wer sie war, wenn du mir nichts über sie erzählst? Wie kann ich wissen, wer ich selbst bin?
Dann legte Val ihr eine Hand auf die Schulter. »Das ist wirklich gut, Liebling, richtig toll. Du bist sehr geschickt.«
Olivia rührte die Kräuter in die sanft köchelnde Sauce ein und schob alles andere für den Augenblick beiseite.
Sechstes Kapitel
Weil der erste Abend von Jamies und Davids Besuchen stets als ganz besonderer An l ass gefeiert wurde, versammelte sich die Familie im Speisezimmer an dem langen Eichentisch, der zur Feier des Tages mit weißen Kerzen in silbernen Leuchtern, frischen Blumen in Kristallvasen und Uroma Capellis gutem Porzellan gedeckt war.
Essen und Gesprächsstoff gab es reichlich. Wie immer zog sich das Festmahl über zwei Stunden hin, während die Kerzen herunterbrannten und die Sonne, die anfangs noch durch die Wolken gelugt hatte, langsam hinter den Bergen verschwand.
»Livvy, das war unglaublich.« Jamie grunzte zufrieden und lehnte sich zurück, um ihren Bauch zu tätscheln. »So unglaublich, daß ich keinen Platz mehr für das Tiramisu habe.«
»Ich schon.« Rob zwinkerte verschmitzt und zog Olivia am Haar. »Ich
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