Rückkehr nach St. Elwine
Diskussionen und ohne dummes Gequatsche tust. Ist das klar und deutlich bei dir angekommen?“
„ Halt doch die Klappe!“, brüllte Kevin aufgebracht und traf sie damit mitten ins Herz.
Dieser Tag war so wunderschön gewesen. Zu wunderschön?
Für viele Stunden hatte sie alles ringsum vergessen können. Wieso machte ihr Kind diesem Zauber einfach so ein Ende? Es kam ihr fast so vor, als wäre er eine Art Vollstrecker. Für so und so viele Minuten Glücklich sein, bekam sie zum Schluss erbarmungslos immer eine Rechnung präsentiert. Alles hatte schließlich seinen Preis. Der Junge hatte doch keinen Grund, sie immer wieder auf diese Art zu verletzen. Mit einem Mal fühlte sich Floriane unendlich traurig und so ganz ohne Hoffnung darauf, dass es jemals anders werden könnte. Seine ständigen Ausbrüche nervten ganz einfach. In solchen Sekunden konnte sie Val nur zu gut verstehen. Wie kam sie denn dazu, immer und immer wieder nach irgendwelchen Begebenheiten im Tagesverlauf ihres Sohnes zu forschen, die auf ihn einen negativen Druck ausgeübt hatten, so dass er daraufhin dermaßen austickte? Musste sie jedes Mal auf seine Launen Rücksicht nehmen und nach einer Entschuldigung für sein Verhalten suchen? Er konnte nach Belieben auf ihr herumtrampeln, vertrug aber selbst kein maßregeln, ja, nicht mal den Ansatz einer Kritik, wenn der nicht gerade super süß verpackt war. Doch dazu hatte Flo heute einfach keine Lust mehr. Es war ein zauberhafter Tag gewesen und genauso wollte sie ihn auch ausklingen lassen, so und nicht anders - basta! Kevin war schließlich kein Baby mehr und sie hatte es einfach satt, stets ihre Worte mit Bedacht zu wählen, während er ihr einfach die fiesesten Sachen an den Kopf warf.
Ihre Traurigkeit schlug plötzlich um. In eine heftige, brennende Wut. Dieses Wechselbad der Gefühle hatte sich innerhalb nur weniger Sekunden abgespielt und so holte Flo kurz darauf aus und verpasste Kevin eine schallende Ohrfeige. Das klatschende Geräusch ihrer Hand auf seiner Wange brachte sie sofort wieder zur Vernunft. Sie war über ihre Tat beinah mehr erschrocken als ihr Sohn.
„ Ich lasse nicht zu, dass du so mit mir umspringst. Merk dir das gefälligst!“, fuhr sie ihn mit funkelnden Augen aber merkwürdig belegter Stimme an.
Kevin löste sich aus seiner Erstarrung, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand mit einem handfesten Türenknallen im Badezimmer.
„ Na schön, du Nervzwerg, mach nur weiter so“, brüllte sie ihm nach und spürte erst jetzt, dass sie zitterte. Flo umschlang mit den Armen ihren Oberkörper und versuchte, sich selbst Trost zu spenden, was ihr nicht eben besonders gut gelang. Erst jetzt fiel ihr der Brief ihrer Mutter wieder ein. Sie ging zum Sofa, legte die Beine hoch und riss voller Ungeduld den Umschlag auf.
Meine liebe Floriane!
Hast Du Dich schon ein bisschen eingelebt in Deinem neuen Zuhause? Ich hoffe, Kevin und Val geht es gut. Dir natürlich auch!
Tja ihre Mutter wusste ja nichts von dem Leben, das ihre Tochter hier in den Staaten in Wirklichkeit führte. Flo war selbst schuld daran, dass sie ihrer Mutter nun nicht ihr Herz ausschütten konnte. Da half jetzt auch kein jammern. Damals war es Stolz gewesen, der sie zu einer Notlüge greifen ließ, doch eine Lüge zieht die andere nach sich. Ihr war es da keinesfalls anders ergangen. Sie hätte es eigentlich wissen müssen. Wenn man so jung ist, wie sie damals, denkt man noch, man könne das Leben neu schreiben, als wenn es sich um ein Drehbuch handelte. Doch es war ganz anders gekommen. Weiß Gott.
Papa lässt Dich schön grüßen , fuhr sie mit dem Brief fort.
Du weißt ja, wie ungern er selbst zum Federhalter greift. Er vertraut darauf, dass ich schon die passenden Worte finden werde. Männer!
Leider ist der Sommer ja nun bald vorüber. Wir sitzen so oft es geht auf dem Balkon oder machen Radtouren. Letztens waren wir in Semlin, in Hohennauen und später noch in Grütz. Ich kann dir sagen, am nächsten Tag hatte ich einen ordentlichen Muskelkater und mein Hintern brannte wie Feuer. Papa geht morgen in die Pilze. Bin mal gespannt, ob er welche findet. Leider wird in Kürze die Kinderkrippe hier in Rathenow Ost geschlossen. Meine Kolleginnen und ich haben schon die Kündigung erhalten. Es wurde ja seit längerem darüber gemunkelt. Aber jetzt, so schwarz auf weiß, ist es trotzdem ein Schock.
Meine Güte, Flo erinnerte sich noch ganz genau daran, wie die Kinderkrippe damals gebaut wurde. Eine große
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