Rückkehr nach St. Elwine
Schulter.
„ Hast dich tapfer geschlagen." Ihren übertrieben tantenhaften Ton ignorierte er in diesem Augenblick großzügig.
Er war mehr als erleichtert, jetzt hier verschwinden zu können.
Doch der Gedanke, dass Elizabeth immer so leben musste, zusammen mit diesem versoffenen Vater, ließ ihn kurz aufseufzen. Wie hielt sie das nur aus?
Josh konnte nicht anders, er wollte ihr etwas Nettes sagen. Er fühlte sich noch immer unbehaglich bei dem Gedanken, dass die Beiden seinetwegen weder ein Abendbrot, noch ein Frühstück gehabt hatten und bot deshalb an: „Komm, ich fahr dich zum Supermarkt!"
„ Ich brauche keinen Chauffeur", fauchte sie bissig, wie selten zuvor.
„ Verschwinde einfach und misch dich nicht in Sachen, die dich nichts angehen!“, keifte sie und stemmte dabei ihre Hände in die Hüften.
„ Dann lass es!" Was für eine Kröte.
Ärgerlich und aufgebracht stapfte er davon.
Noch während seine durchdrehenden Räder aufquietschten, beobachtete er im Rückspiegel, wie sich Liz ins Gras plumpsen und den Kopf auf die Knie sinken ließ.
Sofort erkannte Josh seinen Irrtum. Es war einfach nicht fair, dass ein junges Ding, wie Liz, dies alles allein tragen musste. In diesem Augenblick, hätte er ihr jeden Wunsch erfüllt. Nur um die Niedergeschlagenheit und die Verzweiflung, die sich auf ihrem Gesicht widerspiegelte fort zu wischen. Genau aus diesem Grund, fuhr er auch weiter, obwohl er sie viel lieber getröstet hätte. Weil ihm nur allzu bewusst war, dass sie es sich wünschte. Doch seinem eigenen Herzen versetzte gerade diese Tatsache, einen unerwartet scharfen Stich.
Im Laufe ihrer Teenagerzeit hatte Liz so ziemlich jeden Job angenommen, um finanziell über die Runden zu kommen. Nach dem Unterricht und den Hausaufgaben hatte sie drei Mal wöchentlich die Sporthalle auf dem Gelände der Highschool geschrubbt. Freitags- und Samstagabends hatte sie im Drive - Inn ausgeholfen. In den Ferien hatte sie meist im Supermarkt gejobbt und den Leuten die Einkaufstüten hinterher geschleppt. Dann wieder hatte sie Werbezettel verteilt, die Sonntagszeitung ausgetragen, im Sommer den Touristen die Sonnenliegen und -schirme hinterher geräumt und und und. Die Liste war endlos. Am liebsten hätte Josh sie dort raus geholt. Aber das hatte ihr verdammter Stolz nicht zugelassen. Er hatte ihre Einstellung respektiert - oder war er ganz einfach nur feige gewesen? Es war momentan besser, nicht intensiver darüber nachzugrübeln, überlegte Josh.
Letztlich hatte sie sich durchgekämpft, Medizin studiert, ihren eigenen Weg gefunden. Und zwar allein.
Es war Josh von jeher ein Rätsel gewesen, wie ein Mensch mit den paar Kröten auskommen konnte, die Liz und ihrem Vater jeden Monat zur Verfügung standen.
Hin und wieder hatte Joshua daher dafür gesorgt, dass Elizabeth von ihren zahlreichen Arbeitgebern ein kleines Zubrot zugesteckt bekam. Zum Beispiel um den Schulausflug bezahlen zu können. Er hatte sie bereits eine geraume Zeit unauffällig beobachtet und kurzerhand den Entschluss gefasst, ihr zu helfen. Das Geld dafür stammte aus seiner eigenen Tasche. Er zwackte es von seinem großzügigen, monatlichen Taschengeld ab. Liz hätte es nie angenommen, wenn sie davon gewusst hätte. Daher sah er sich gezwungen, zu einer List zu greifen. Zugegebenermaßen war er nicht besonders einfallsreich vorgegangen, aber immerhin hatte es funktioniert. Und nur darauf war es angekommen. Für Liz sah es dann immer danach aus, als hätte sie einen extra Bonus bekommen. Josh war demnach meistens zu ihrem jeweiligen Boss gegangen und hatte sich schlicht als Kunde ausgegeben, den Liz angeblich sehr zuvorkommend bedient hatte. Ausgerechnet ihn, ein Lacher! Sie hätte ihm die Augen ausgekratzt, wenn sie das auch nur geahnt hätte. Manchmal zweifelte er selbst an seiner merkwürdigen Art von Humor.
„ Lassen Sie's der Kleinen zukommen! Aber tun Sie so, als wär's von Ihnen, okay!?", hatte er jedes Mal darum gebeten.
Wenn der eine oder andere auch seine wahren Beweggründe erahnt hatte, so hatte jedenfalls keiner je ein Wort darüber verloren. Allem Anschein nach waren alle mit diesem netten Arrangement zufrieden gewesen und niemand war dahinter gekommen, was in Wirklichkeit abgelaufen war. Am aller wenigsten jedoch Elizabeth Crane.
Josh lächelte in Erinnerung daran.
In der vergangenen schlaflosen Nacht waren seine Gedanken unzählige Male um die gleichen Dinge gekreist: Um Elizabeth, um ihn und das, was seit Jahren zwischen
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