Rückkehr nach St. Elwine
vielfältige Formen der Liebe.
Sie wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen, als der Arzt sich mit der Spritze über sie beugte. Und noch ehe sie begriff, hörte Liz sich plötzlich selbst sagen: „Nein! Aufhören! Ich hab's mir anders überlegt. Definitiv. Ich will das Kind behalten."
Der Mediziner hielt verdutzt inne, doch dann lächelte er ihr augenzwinkernd zu.
All ihre Sorgen und Ängste fielen bei diesem Lächeln von ihr ab. Sie wusste plötzlich genau, was zu tun war. Ganz genau sogar. Elizabeth kletterte vom Behandlungsstuhl, zog sich an und nahm ihre kleine Tasche zur Hand.
Ziellos spazierte sie durch die Straßen von Baltimore. Unweit des Krankenhauses lag ein kleiner Park. Wie von selbst schlugen ihre Füße den Weg dorthin ein. Sie setzte sich auf eine Bank, die Sonne schien und das Laub hatte bereits seine warme, herbstliche Färbung angenommen.
„ Na Bürschchen." Sie strich sanft über ihren noch flachen Bauch.
„ Da hab ich mich ja auf was eingelassen."
Es war dringend notwendig, sich über die nächsten konkreten Schritte, die ihrer beider Zukunft betraf, Gedanken zu machen. Am besten erstellte sie eine Liste, um sich zunächst einen Überblick zu verschaffen. Liz ahnte bereits, dass es da jede Menge zu tun gab. Die Liste würde sie in die unterschiedlichen Dringlichkeitsstufen unterteilen. Oberste Priorität hatte wahrscheinlich die Suche nach einer eigenen Wohnung. Am besten, sie würde sich mit Rachel darüber intensiv beraten. Eine dreifache Mutter war an Kompetenz kaum zu überbieten. Dann musste sie wohl oder übel ihren Chef über ihre Schwangerschaft informieren, aber das konnte vielleicht noch ein wenig warten. Allein der ganze Babykram wie Wickelkommode, Kinderwagen, Windeln, Pflegeartikel und so weiter, verspeiste wahrscheinlich eine Menge ihres Budgets. Im Augenblick konnte sie sich einfach nicht dazu aufraffen, gezielt darüber nachzudenken. Irgendwie war sie plötzlich furchtbar müde. Morgen, ja, morgen würde sie damit anfangen. Gleich einer Scarlett O'Hara aus „Vom Winde verweht" sagte sie sich: „Morgen ist schließlich auch noch ein Tag."
Heute war es sicher viel besser, mal gar nichts weiter zu tun und einfach nur zum Spaß, ein paar Tagträumen nachzuhängen.
Während die Vormittagssonne die Farben des Herbstlaubs noch intensivierte, dachte Liz zurück an die Zeit auf der Highschool. Ohne es wirklich zu wollen, drehten sich ihre Gedanken um Joshua Tanner. Er hatte auf sie die unterschiedlichsten Eindrücke gemacht.
Josh sah, zugegebenermaßen, unglaublich gut aus. Alle Mädchen waren verrückt nach ihm. Sie warfen sich ihm, auf eine beinahe widerliche Art und Weise, wie Liz fand, an den Hals. Solche Dinge verabscheute sie aus tiefstem Herzen. Auch, weil sie sich gut vorstellen konnte, wie lästig es wäre, stünde sie an seiner Stelle. Dazu kam, dass sie sich niemals wegen eines Jungen so zum Affen gemacht hätte. Das verbot schon ihr Stolz.
Der wichtigste Punkt jedoch war, dass Joshua Tanner der Upper - Class angehörte und somit eigentlich unerreichbar für die meisten von ihnen und natürlich auch für sie, war. Mit seinesgleichen konnte sie auf keinem Gebiet mithalten. Das war zwar eine unabänderliche Tatsache, es machte sie aber trotzdem oft ziemlich traurig und genau das passte ihr ganz und gar nicht in den Kram. Traurig zu sein, war fast so ätzend wie zu frieren oder hungrig zu sein und selbst die eigenen trübsinnigen Gedanken, schienen einen dann nur noch verhöhnen zu wollen. Kurz, es war ein Scheißgefühl und deshalb kämpfte Liz hartnäckig dagegen an.
Sie hatte bereits die Erfahrung gemacht, dass sich das am besten mit körperlicher Arbeit bewerkstelligen ließ. Also halste sie sich genug davon auf, so dass ihr so wenig Zeit wie möglich zum Nachgrübeln blieb. Es half fast immer und obendrein konnte sie das Geld, weiß Gott, gut gebrauchen.
An einem Freitagnachmittag, an dem sie ohnehin bereits spät dran war, hastete sie zur Sporthalle, um dort sauberzumachen. Sie fing bei den Mädchenduschen und Umkleideräumen an, ging dann in die Sporthalle selbst und betrat schließlich den Jungenumkleideraum. Das Wägelchen mit ihren Putzutensilien zerrte sie hinter sich her. Die Clique um Tanner war leider noch immer da, seufzte sie. Die Jungen unterhielten sich lautstark. Liz schob sich hinter eine Spindreihe und lauschte. Irgendwie musste sie ja die Zeit überbrücken, bis sie hier weiter machen konnte. Ab und zu blinzelte sie unauffällig hinter den
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