Rückkehr nach St. Elwine
passte ganz einfach nicht zu Josh.
Ihr blieb schließlich immer noch das Kind, sein Kind.
Sie würde von nun an alles daran setzen, beschloss Elizabeth, dieses Kind glücklich zu machen, auch wenn sie sich heute furchtbar allein fühlte.
Vielleicht so allein, wie noch nie zuvor in ihrem Leben. In diesem Moment wünschte sich Liz verzweifelt, dass er kommen, sie in die Arme nehmen und ihr irgendetwas vollkommen Blödsinniges ins Ohr flüstern würde.
Alles, was sie hier jedoch hören konnte, war das entfernte Motorengeräusch des Berufsverkehrs und das sanfte Rascheln des Windes, in den Blättern der Bäume über ihr. Man konnte sich sogar ein wenig einbilden, dies klänge wie ein Seufzen. Blödsinnige Schwangerschaftsneurose! Das brachte einen ja vollkommen aus dem Lot, schniefte sie heulend. Wann zum Kuckuck hatte sie denn zu weinen angefangen?
Joshua verfluchte den dichten Großstadtverkehr. Endlich fand er die Klinik, deren Adresse Rachel ihm auf einen Zettel gekritzelt hatte. Er fuhr auf den klinikeigenen Parkplatz und hastete sofort in das Gebäude.
„ Sir, kann ich Ihnen helfen?"
Eine freundliche, korpulente Frau, von Ende vierzig, sprach ihn an.
„ Ich suche Mrs. Elizabeth Crane."
„ Tut mir leid, sie ist bereits gegangen."
Nein, bitte nicht. Er war zu spät gekommen.
Die Frau bemerkte, wie sein Gesicht plötzlich jede Farbe verlor. „Geht es Ihnen nicht gut?"
„ Doch, doch", murmelte er. Eine glatte Lüge. Er stand plötzlich mutterseelenallein in dem sauberen Flur, der unangenehm nach Desinfektionsmitteln roch. Niemand schien ihn mehr zu beachten. Sie alle hier hatten schließlich genug Arbeit um die Ohren. Was sollte er jetzt tun? Wo konnte er Liz in dieser riesigen Stadt finden? Sie konnte nahezu überall sein.
Er ließ das Auto, wo es war und lief einfach ziellos durch die Straßen.
Sie hatte ihr Baby nicht haben wollen, weil die alleinige Verantwortung dafür zu schwer auf ihren Schultern lastete. Wegen des Geldes hätte sie sich keine Gedanken machen müssen, er besaß es im Überfluss und hätte sie jederzeit finanziell unterstützt. Aber das war nicht das, was Elizabeth wollte. Er hätte ja nicht einmal den Versuch wagen dürfen, ihr diesen Vorschlag zu unterbreiten. Er hatte alles vermasselt.
Es war seine Schuld, dass sie jetzt irgendwo mit Blutungen allein in einem Hotel lag. Oder, was ihn noch mehr erschreckte, wenn sie in diesem Zustand in den nächsten Greyhound-Bus gestiegen war, um nach Hause zu fahren. So dumm würde sie doch wohl nicht sein, oder? Wahrscheinlicher war, dass sie sich einen oder zwei Tage frei genommen hatte, um sich von dem Eingriff zu erholen.
Er wollte so gern mit ihr reden, ihr sein anmaßendes Verhalten irgendwie erklären. Wenn das überhaupt möglich war. Seine Sicherungen waren einfach durchgebrannt, als sie ihm ihre Schwangerschaft gestanden hatte.
Es waren nahezu die gleichen Worte gewesen, wie damals. Damit hatte sie ihn kalt erwischt und der Schock saß noch immer tief. Dabei hatte er geglaubt, längst darüber hinweg zu sein.
Josh blieb gar keine andere Wahl, ihm war klar, dass er Elizabeth finden musste.
Wie zum Teufel sollte er das hier anstellen?
Sein Herz hämmerte wie ein Presslufthammer gegen seine Brust.
Wieso musste es erst so weit mit ihnen beiden kommen, ehe er begriff, dass er sie liebte? Er liebte sie doch schon eine endlos lange Zeit, bereits über so viele Jahre hinweg, ohne sich dessen voll bewusst zu sein. Nur tief in seinem Inneren hatte er, lange vor dem heutigen Tag erkannt, dass er sich dieser schlichten Tatsache nicht widersetzen konnte. Schon als Siebzehnjähriger, hatte er es gewusst. Damals fehlte ihm einfach der Mut, mit dem Mädchen seiner Träume darüber zu reden. Sie war stark und selbstbewusst aufgetreten. Das hatte ihn fasziniert und in gleichem Maße abgeschreckt.
Liz war nicht wie die anderen Mädchen in der Schule gewesen - keins von den albern kichernden und leichtfertigen Dingern. Er bewunderte ihre Stärke und hatte doch das ungute Gefühl, ihr niemals genügen zu können. Nur das Geld und das Ansehen seiner Familie allein reichten nicht aus, um sie zu beeindrucken. Wenn er sich also nüchtern betrachtet hatte, ohne all die Privilegien, die ihn umgaben wie einen Kokon, dann blieb nicht allzu viel Bemerkenswertes übrig. Nichts, was ihn von anderen Jungen in seinem Alter wesentlich unterschied. Und genau daran waren seine Gedanken immer wieder haften geblieben.
Sie war einfach etwas ganz Besonderes
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