Rückkehr nach St. Elwine
Die Muskeln waren bretthart angespannt. Sie spürte, wie er zitterte. Behutsam vollführte ihre Hand kleine, kreisende Bewegungen, um ein wenig die Anspannung zu lösen.
Voll aufsteigender Panik wurde ihm bewusst, dass er eine sich immer heftiger ausbreitende Übelkeit nicht mehr lange würde unterdrücken können. Er schluckte bereits hastig den gallebitteren Geschmack herunter.
"Versuch doch mal dich zu beruhigen, Josh! Atme tief in meine Hand hinein, die auf deinem Bauch liegt! Du hast es ja gleich geschafft. Schön weiter atmen! So ist's gut."
Wieder schluckte er heftig und zitterte. "Lizzy, warum tust du mir das an?"
Seine Stimme war nur mehr ein Flüstern. Dann schnappte er sich die Schale, hielt sie sich vor das Gesicht und übergab sich heftig. Erschöpft und schweißgebadet ließ er sich in die Kissen zurücksinken. "Es tut mir leid", krächzte er heiser. "Das wollte ich nicht ..."
"Ist schon okay", unterbrach sie ihn. "Mach dir deswegen keine Gedanken! So was passiert. Ich höre jetzt auf. Bin bereits auf dem Rückweg. Ganz langsam - so."
Ihr angeblich ganz langsamer Rückzug war fast so schlimm wie das drängende Vorwärtsschieben. Am liebsten hätte er geweint. Stattdessen entfuhr ihm ein leises Wimmern. Zu seinem Entsetzen jedoch klang es wie das Winseln eines Welpen.
Liz lief es kalt den Rücken runter. Am liebsten hätte sie die Arme um ihn geschlungen und ihn tröstend an sich gedrückt. Lieber Himmel, was passierte hier mit ihr? "Überstanden, Josh." Sie atmete selbst erleichtert auf.
„ Mhm.“ Er murmelte noch etwas Unverständliches.
Dann löste Liz rasch die Gurte und er konnte seine Beine wieder aus der Halterung nehmen. Nachdem sie ihn diskret mit einem Laken zugedeckt hatte, sah sie ihn direkt an. "Ich muss operieren."
Er riss entsetzt die Augen auf. "Was?"
"Ich sagte, ich muss dich operieren."
"Gütiger Gott, du willst mir doch nichts abschneiden, oder?"
Die typische Urangst der Männer saß offenbar auch in Josh tief verwurzelt. Trotz der Situation musste sie lächeln und erst jetzt fiel ihr auf, dass sie selbst wieder zum Du übergegangen war.
"Nein, im Gegenteil. Ich will retten, was zu retten ist. Die Frauen von St. Elwin werden mir dankbar sein", fügte sie ganz leise hinzu.
Doch er schien ihre Worte gehört zu haben und heftete seinen Blick jetzt fest auf sie. Aber er schwieg weiterhin, ließ sie dabei allerdings keine Sekunde aus den Augen.
Er sah unglaublich müde aus, stellte Liz plötzlich fest. Sie spürte, wie eine leichte Röte ihre Wangen überzog. Mist. "Entschuldigung", murmelte sie zerknirscht. "Also, wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?", fügte sie übergangslos hinzu.
"Zum Mittag. Wieso?"
"Wegen der Narkose."
Wenn das überhaupt möglich war, hatte es ganz den Anschein, als würde er noch blasser werden.
"Wann... wann wirst du operieren?", fragte er leise.
"Jetzt! Ich möchte nicht mehr viel Zeit vergehen lassen. Du verstehst ..."
Er nickte zwar, doch Liz hatte das Gefühl, dass er sie verständnislos und voller Angst anstarrte.
Flüchtig strich sie über seine Hand. Niemals zuvor hatte sie ihn so hilflos gesehen. Sie stand rasch auf und holte zwei Patienteninformationsblätter. Die Situation war ihr unangenehm und sie wollte sie mit Geschäftigkeit überspielen. Zunächst konnte sie Josh ausführlich den Eingriff erläutern.
"Erspar mit lieber die Einzelheiten! Ich unterschreibe alles was du willst", sagte er genauso leise.
Interessant , stellte sie fest. Er schien ihr also blind zu vertrauen.
"Na gut, deine Entscheidung. Soll ich jemanden anrufen?"
Josh suchte ihren Blick und sah sie fragend an.
"Deine Frau zum Beispiel?"
Liz sah, wie ein bitterer Ausdruck in seinen Augen aufflackerte, der aber so rasch wieder verschwand, dass sie sofort glaubte, ihn sich nur eingebildet zu haben.
"Nein ... Ich ... Wir sind geschieden." Er sprach zögernd.
"Tja, dann." Sie nahm aus einem Schubfach einen Wegwerfrasierer und meinte: "Es wird nicht lange dauern, gehört einfach zu den Vorbereitungen."
„ Was?" Entnervt schloss Josh die Augen. Schlimmer konnte es kaum noch kommen. Was ihn betraf, so war jetzt wirklich der absolute Tiefpunkt erreicht. Nun war wahrscheinlich alles egal.
Im Stillen gab Elizabeth ihm recht. Sie konnte es ihm nachfühlen. Es hatte ihn hart erwischt.
5. Kapitel
Erschöpft nahm Liz die grüne Kappe ab. Es war ihr gelungen, die Blutung zu stoppen und sogar den Hoden zu erhalten. Sie stand im Dienstzimmer und genoss
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