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Rückkehr nach St. Elwine

Rückkehr nach St. Elwine

Titel: Rückkehr nach St. Elwine
Autoren: Britta Orlowski
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eine Tasse Kaffee. Draußen hatte sich ein kleines Unwetter entladen. Inzwischen regnete es nur noch sachte. Sie dachte zurück an eine ebensolche Sturmnacht vor vielen Jahren.
     
    Liz saß in einem Sessel, eingehüllt in einen verblichenen Quilt und war eingenickt. Das Schrillen des Telefons riss sie aus einer Tiefschlafphase. Ihr Kopf schoss hoch, und sie brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. Martha rief aus dem Pub an.
    "Liz, ich glaube, du solltest deinen Daddy abholen!"
    "Ja, danke. Ich komme sofort."
    Rasch zog sie eine Jeans über und stopfte das Nachthemd unordentlich hinein. Dann schnappte sie sich den Regenmantel, zog ihn über und stapfte entschlossen zum Pub. Es regnete in Strömen, sie konnte kaum etwas sehen. Aber das war auch nicht nötig, schließlich war sie diesen Weg bereits unzählige Male gegangen.
    Die Autos von Tanners Clique standen noch vor dem Gebäude.
    Mist! Sie hasste es, wenn jemand ihren Vater so sah. Liz wusste, was sie dort drinnen hinter der verschlossenen Tür, erwartete. Ihr Vater würde sturzbetrunken an einem der Tische sitzen und unflätige Lieder singen.
    Sie hielt einen kurzen Moment inne, straffte dabei ihre Schultern und drückte schließlich entschlossen die Klinke herunter.
    Die Jungs der Clique blickten kurz auf, als Liz hereinkam. Sie spielten Billard, ließen sich ansonsten aber nicht weiter stören. Welch ein Glück für sie!
    Rasch ging sie zu Martha an die Theke. "Was hab ich zu bezahlen?" Sie zog ihre kleine Geldbörse aus der Hosentasche. Es waren nur noch zwei einzelne Dollarscheine darin, die für den Rest der Woche gedacht waren.
    Martha bemerkte ihren resignierten Blick. "Ich schreib’s an, Mädchen. Kannst ein anders Mal kommen!"
    Liz spürte Blicke in ihrem Rücken. Ihr Nacken prickelte und langsam drehte sie den Kopf.
    Joshua Tanner stand hinter ihr. "Hallo Liz! Martha, die Runde ging an mich!" Er setzte sein gewinnendes Lächeln auf und schlug kurz die Lider herunter, so dass die langen Wimpern auf seine Wangen kleine, halbmondförmige Schatten warfen. Wahrscheinlich bildete er sich auch noch etwas auf diese Geste ein. Bei ihr verfehlte sie jedenfalls die gewünschte Wirkung. Liz schnaubte verächtlich.
    Bevor sie den Mund aufmachen konnte, meinte Josh: "War 'ne Wette, ehrlich. Ich zahle und gut ist!"
    Er legte den Kopf schief, grinste und bezahlte bei Martha die Zeche plus ein Trinkgeld.
    Komisch, dachte diese, hab gar nichts von 'ner Wette mitgekriegt. Aber diesem Lächeln konnte selbst sie nicht widerstehen. Immerhin galt sie im Ort als eine resolute Pubbesitzerin. Mit Anfang fünfzig war sie auch kein dummes Mädchen mehr. Doch dieser Schlingel war ein verdammter Herzensbrecher. Martha konnte nicht anders, sie mochte ihn einfach und lachte ihn deshalb offen an. Bei ihr war er stets willkommen.
    „ Igitt!“ Liz verdrehte angewidert die Augen und ließ die beiden stehen. Bei diesem Geturtel konnte einem nur schlecht werden. Sie hatte jetzt andere Sorgen und ging zu dem Tisch, an dem ihr Vater saß. "Komm Daddy, es ist schon spät!"
    "L... Lizzy", nuschelte er. "Was machst'n hier? Musst doch längst im Bett liegen."
    "Ich will dich abholen, Daddy."
    Frederick Crane lachte scheinbar vergnügt. "So wie früher, als du noch ein kleines Mädchen warst. Wenn ich mit dem Boot raus war - Austern fangen. Da standst du fast jeden Tag am Kai."
    "Ja, Daddy. Genau so. Na, komm! Komm jetzt!" Sie zog an seinem Arm.
    Schwerfällig stand er auf und ließ sich von ihr nach draußen ziehen. Dabei brüllte er, zu ihrem Entsetzen: "Seht mal, meine kleine Lizzy! Ist extra hergekommen, um ihren alten Vater abzuholen. Hoppla ..." Er stolperte und Liz unterdrückte den Drang, ihm eins überzuziehen.
    "Mistwetter", schimpfte er draußen. "Da sollte man keinen vor die Tür schicken, nich ..." Er lallte und war sichtlich um eine deutliche Aussprache bemüht. Liz merkte es daran, wie er versuchte seine Worte langsam auszuartikulieren. Er schien offenbar auch einen aufrechten, geradlinigen Gang einhalten zu wollen. Was natürlich genau zum Gegenteil führte, wie Liz feststellen musste. Wahrscheinlich sollte nur ja keiner merken, dass er ein paar Gläschen zu viel getrunken hatte. Lächerlich! Immerhin hatte er seiner Tochter bereits mehr als tausend Mal hoch und heilig versprochen, mit dem Trinken aufzuhören. Wie oft hatte sie schon gehört, dass dies der letzte Tropfen gewesen war, den er je angerührt hatte. Doch Liz glaubte längst nicht mehr an das was er
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