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Rückkehr nach St. Elwine

Rückkehr nach St. Elwine

Titel: Rückkehr nach St. Elwine
Autoren: Britta Orlowski
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Mich wundert, dass Joshua Tanner nicht nach mir verlangt hat. In diesem Fall wäre ich selbstverständlich gekommen. Er gehört zum Spenderausschuss unseres Krankenhauses. Außerdem sind sein Vater und ich seit langem gut bekannt. Man könnte fast sagen, unsere Familien sind befreundet."
    "Ich verstehe. Aber es gab wirklich keinen Grund, Sie an diesem Abend noch zu stören, Dr. Jefferson. Ich hatte alles im Griff." Elizabeth lächelte ein wenig schuldbewusst.
    "Oh, das habe ich auch keinesfalls bezweifelt, Dr. Crane. Wir sehen uns dann später zur Visite. In einer Stunde!"
    Sie nickte und ging rasch weiter. Auf die Idee, dass in Joshs Fall natürlich Dr. Jefferson sofort herbeigeeilt wäre, war sie natürlich nicht gekommen. Na, wenn schon. Der hätte ihn genauso untersuchen müssen. Sie hatte sich keinen Fehler vorzuwerfen. Es war ihr gar nichts anderes übrig geblieben, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass ziemlich schnell gehandelt werden musste. Schließlich hatte Joshua nicht ausdrücklich nach dem Chefarzt verlangt. Er hatte lediglich nachgefragt, hallte eine kleine Stimme durch ihren Kopf. Aber nicht besonders eindringlich, gab sie sich selbst rasch eine Antwort. Schließlich hätte er das doch tun können. Gott - wie bescheiden er sich gab. Das hatte sie wohl vergessen. Andererseits war er am gestrigen Abend so durcheinander gewesen, dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Schuld daran war eindeutig der starke Dauerschmerz gewesen. Was konnte sie schließlich für seinen Unfall?
    Elizabeth machte sich auf den Weg zu Josh. Er war ihr Patient und es war ihre Pflicht, am Morgen nach einer Operation nach ihm zu sehen.
     
    Josh erwachte und wusste zunächst nicht, wo er sich überhaupt befand. Nur langsam fielen ihm die Ereignisse wieder ein. Er erinnerte sich an das Zusammentreffen mit Liz und auch daran, was sie mit ihm angestellt hatte - gütiger Gott. Noch im Nachhinein war ihm die Situation überaus peinlich. Am Anfang war da ihre alte, ihm nur allzu vertraute Kratzbürstigkeit gewesen. Doch die hatte sich rasch in eine routinierte, effiziente Vorgehensweise gewandelt. Irgendwie hatte er unter all seinen Schmerzen gespürt, dass er sich auf ihr ärztliches Können verlassen konnte. Nicht sofort natürlich, dass musste er zugeben. Aber dann im Laufe ihrer Untersuchungen schon.
    Er sah wieder ihre bernsteinfarbenen Augen mit den goldenen Einsprenkeln vor sich. Lächerlich auf solche Details zu achten. Doch es waren immerhin jene Augen, die ihn bereits seit Jahren verfolgten. Gestern Abend, während der Anästhesist ihm die Vollnarkose verpasste, hatte er so lange in Elizabeths Augen geschaut, bis schließlich alles verschwommen war und sich zu einem schwarzen zähen Nebel verdichtet hatte. Elizabeth Crane, wer hätte gedacht, dass sich die kleine Kratzbürste zu einer Oberärztin der Chirurgie mausern würde? Und nun hatte sie ihn unter ihren geschickten Fingern gehabt.
    Das hatte er sich zweifellos oft gewünscht, als er noch ein Teenager gewesen war. Wenn auch in ganz anderer Art und Weise. Josh glaubte, sich daran zu erinnern, dass sie letzte Nacht neben seinem Bett gestanden hatte. Ihm war, als hätte er ihr sanftes Flüstern gehört und ihre Hand in seiner gespürt.
     
    Mit einem Lächeln betrat Elizabeth sein Zimmer. "Guten Morgen!" Sie schmetterte ihre gute Laune ohne jede Rücksichtnahme in sein Krankenzimmer.
    Er fühlte sich müde, sein Unterleib brannte- er litt und wollte einfach in Ruhe gelassen werden. Außerdem verspürte er ein starkes Bedürfnis danach, seine Blase zu entleeren. Aber anscheinend hatte es jeder an diesem Morgen auf ihn abgesehen. Bereits in der Nacht hatte die Schwester ständig an ihm rumgefummelt. Blutdruck messen, Infusionsflaschen auswechseln, Temperatur überprüfen. Und immer wieder dieses peinliche Decke anheben, Hemdchen lüften und Hoden anfassen. Weiß der Kuckuck, was sie ständig dazu veranlasste. Er, Joshua Tanner, jedenfalls nicht. Schließlich lag er brav ohne sich zu regen und tat, als würde er schlafen. So ersparte er sich wenigstens irgendwelche aufmunternden Kommentare seitens des medizinischen Personals.
    Josh hob die Brauen. "Hallo."
    "Die Operation ist sehr gut verlaufen. Ich konnte den Hoden retten."
    "Ich schätze, ich muss mich bei dir bedanken", murmelte er leise, wich allerdings leicht errötend ihrem Blick aus.
    "Nein, das gehört einfach zu meinem Job", stellte sie sachlich klar.
    "Mag sein. Trotzdem - danke.“ Jetzt sah er sie
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