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Rücksichtslos

Rücksichtslos

Titel: Rücksichtslos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Slottke
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bleiben würde.
    Jetzt bloß keine schlafenden Hunde wecken. Aber irgend wann werden wir uns sicherlich auch mal richtig zoffen. Es war ja beileibe nicht so, als hätten sie beide kein Temperament. Und nach dem Streit folgt die Versöhnung. Ein breites Grinsen überzog sein Gesicht.
    Zwanzig Minuten später verließ auch er das Haus. Er schob sein Fahrrad aus der Garage, zog seinen Schal fester um den Hals, schwang sich auf das Rad und fuhr in sein Institut. Das Degen-Institut für physikalische Phänomene , wie sein Großvater es genannt hatte. Seine Familie hatte schon immer begeisterte Physiker hervorgebracht. Jedoch war er, seit dem Tod seiner Eltern vor ungefähr zehn Jahren, der bislang letzte.
    Kalter Wind pfiff ihm um die Ohren. Ich hätte mir noch eine Mütze aufziehen sollen. Zum Glück regnet es heute nicht mehr. Er zog den Schal höher und trat fester in die Pedale. Zwar fuhr er täglich mit dem Fahrrad in sein Institut, allerdings musste er zugeben, dass es ihm eine vollkommen andere Art von Kondition abverlangte mit Katharinas Geräten zu trainieren. Philipp schmunzelte. In den letzten Wochen hatte er sich gelegentlich auf das Heimfahrrad gesetzt oder das Laufband ausprobiert. Aber immer nur, wenn Katharina nicht da war. Sie schimpfte ihn nach wie vor einen Sportmuffel. Aber körperliches Training schärfte den Verstand, wie er festgestellt hatte. Und da er fast den ganzen Tag am Schreib tisch oder in der Universität verbrachte, musste er zugeben, dass es ihm guttat, sich zu bewegen. Allerdings würde er das nie vor Katharina zugeben. Zumindest momentan noch nicht. Er hatte vor, im Geheimen zu üben, und sie dann mit dem Vorschlag zu überraschen, doch einmal zusammen in gemächlichem Tempo durch den Grüneburgpark zu joggen. Einige Minuten später kam er mit roten Ohren vor seinem Institut, das in einer Gründerzeitvilla untergebracht war, an.
     
    *
     
    Heute kam Katharina eine halbe Stunde vor Thomas in die Kriminaldirektion. Sie öffnete kurz das Fenster um für frische Luft zu sorgen, setzte sich an ihren Schreibtisch und ergriff einen großen Block. Am Vorabend hatten Thomas und sie mit ihrem Chef, Eduard Bauer, gesprochen und ihm die bisherigen Erkenntnisse des Mordes an der Schleuse erläutert. Ebenso waren sie kurz auf die Tote im Müllheizkraftwerk eingegangen. Jedoch wurde beschlossen, beide Fälle zunächst überwiegend getrennt zu bearbeiten. Sie gründeten die Sonderkommission Schleuse mit ihr und Thomas als leitenden Ermittlern. Um zehn Uhr am heutigen Morgen sollte die SOKO sich zum ersten Mal treffen. Bis dahin musste feststehen, wer sich um was kümmerte. Alfred sollte bei den Besprechungen anwesend sein, für den Fall, dass sich noch weitere Über schneidungen zu dem von ihm untersuchten Mordfall ergaben. Außer derjenigen, dass es sich um junge Frauen nach der Geburt handelte.
    Katharina fertigte eine Liste an. Zuoberst schrieb sie: Todes ursache. Wahrscheinlich würde es mindestens bis Ende der Woche dauern, bis die toxikologischen Untersuchungen beendet waren. Morgen würde sie Pohl anrufen, um nachzu haken, ob es schon Zwischenergebnisse gab. Falls er sie nicht von sich aus schon anrief. Katharina schrieb ihren Namen hinter den ersten Punkt, als Zeichen, dass sie sich um den Anruf kümmern würde.
    Als nächstes benötigte sie mindestens zehn Beamte, die die eingehenden Hinweise abarbeiteten. Zumindest in den ersten Tagen nach dem Mord. Meistens gingen Hunderte von Hinweisen ein, von denen nur ein Bruchteil interessant war.
    Um die Identität der Toten zu klären, würden sie zunächst die Vermisstenfälle durch recherchieren. Weiterhin würden sie eine fingierte Anzeige schalten, in der stand, dass man ein neugeborenes Baby vermisse. Allerdings sollte diese Suchanzeige so formuliert werden, dass nicht sofort ein Zusammenhang zu dem aktuellen Mord herzustellen wäre. Katharina notierte: Unfall – Gedächtnis verlust – junge Frau nach Geburt. Im gleichen Kontext würden sie bei den Geburtskliniken und -häusern nachfragen. Vier weitere Beamte. Dann wären noch die Hebammen abzuklappern, wozu sie mit Sicherheit noch mehr Leute benötigte.
    Der nächste zu klärende Punkt war der Tatort. Eventuell würden Hinweise aus der Bevölkerung eingehen. Aber sie hoffte auch auf Ergebnisse aus der Untersuchung der Uferbereiche des Mains. Nachdenklich kaute sie an ihrem Kugelschreiber, als die Tür aufging und Thomas hereinkam.
    „ Na. Guten Morgen. Du bist ja schon fleißig.“
    „ Ja.

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