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Rücksichtslos

Rücksichtslos

Titel: Rücksichtslos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Slottke
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hatte sie sich das Bad nicht vorgestellt. Inzwischen hatte sie ihre Augen geöffnet. Mit äußerster Mühe schaffte sie es, sich aus der Wanne zu quälen. Jeder Muskel und jedes Gelenk in ihrem Körper schmerzte. Bei jeglicher Bewegung verzog sie das Gesicht. Nur dank ihres enormen Willens schaffte sie es, diese Anstrengung zu bewältigen. Sie zog das Badetuch von der Stange, wickelte es um sich und sank zu Boden. Auf dem Badvorleger zusammengerollt blieb sie eine Weile liegen. Doch ihr wurde immer kälter. Katharina raffte sich auf und schleppte sich ins Schlafzimmer. Dort angekommen zog sie zitternd den Schlafanzug an und legte sich ins Bett. Obwohl sie unter der Daunendecke beinahe verschwand, sie zitterte dermaßen, dass das Bett zu wackeln begann. Sie wurde nicht warm, weshalb sie Philipps Decke ebenfalls über sich legte. Nach einer halben Ewigkeit ließ das Muskelzittern nach. Es tat ihr zwar noch immer alles weh, aber irgendwann dämmerte sie weg.
     
    *
     
    Hellgraue Augen blinzelten Philipp schalkhaft zu.
    „ Jürgen?“, fragte er überrascht, und sein Gegenüber, der ungefähr die gleiche Körpergröße hatte wie Philipp, jedoch etwas fülliger war, nickte lachend.
    „ Jetzt hättest du fast den guten Sekt verschüttet. Ich wollte dich nicht so erschrecken. Was tust du hier?“
    „ Genau das wollte ich dich auch gerade fragen. Ich halte hier einmal in der Woche eine Vorlesung im Bereich der Astrophysik. Und du?“
    „ Ich bin seit Beginn dieses Semesters in der Biochemie angestellt. Als Dozent und in der Forschung. Du hast doch früher auch geforscht, oder irre ich mich?“
    „ Du hast recht. Bisher allerdings immer in meinem, oder früher im Institut meines Vaters. Im vergangenen Jahr habe ich leider nur noch für die Wirtschaft gearbeitet, was ich zukünftig wieder ändern möchte.“
    „ Da verstehe ich dich vollkommen. Mir geht es genauso. Wenn man einmal Forscherluft geschnuppert hat, kommt man so schnell nicht davon weg.“
    Jetzt erst bemerkte Philipp die zierliche Frau, die neben seinem alten Schulfreund stand. Sie war etwas kleiner als Katharina und blickte ihn aus dunkelbraunen Augen groß an. Ihre helle Haut kam ihm durch die schwarzen Haare, die zu einem Pagenschnitt frisiert waren, noch blasser vor, als sie es ohnehin war. So, wie sie in ihrem eng anliegenden dunklen Kostüm dastand und mit ihren großen Augen zu ihm aufschaute, wurde ihm ganz komisch zumute. Sie wirkte so zerbrechlich auf ihn, dass sofort der Beschützerinstinkt in ihm erwachte. Das war ihm bisher noch nie passiert.
    Jürgen Hagen bemerkte Philipps fragenden Blick.
    „ Das ist meine Frau Deborah . “ Er klang stolz und zog sie an sich heran. Und zu ihr gewandt erklärte er: „Und das hier ist mein Schulfreund Philipp Degen. Wir sind bis zum Abitur miteinander zur Schule gegangen. Danach haben wir uns, studienbedingt, nach und nach aus den Augen verloren. In den vergangenen zehn Jahren haben wir gar nichts mehr voneinander gehört.“
    Er schlug ihm kameradschaftlich auf die Schulter. „Mensch. Das ist super, dass wir uns hier treffen.“
    „ Ja. Das ist wirklich klasse. Komm lass uns ein Plätzchen suchen und etwas von den leckeren Häppchen mitnehmen. In den letzten Jahren ist so viel passiert. Ich weiß gar nicht wo ich mit dem Erzählen anfangen soll … “
    Gut gelaunt bedienten sie sich am Buffet und suchten sich eine Sitzgelegenheit. Jürgen Hagen legte seiner Frau Deborah eine Hand auf den Rücken und führte sie so durch den Raum. Dann nahmen sie Platz und begannen sofort zu reden. Dass sich Deborah Hagen kaum an der Unterhaltung beteiligte, störte keinen der beiden Männer. Philipp amüsierte sich köstlich und vergaß vollkommen die Zeit. Erst als Jürgen seine Frau an sich heranzog und ihr liebevoll über den Arm streichelte, kam ihm Katharina in den Sinn. Er seufzte. Mit ihr wäre es hier noch schöner gewesen.
     
    Gegen halb elf gesellte sich Professor Daniels zu ihnen. Er war Ende fünfzig, hatte weiße, kurze Haare und einen Schnauzbart. Vor einigen Jahren hatte er Philipp die Dozentenstelle ver schafft, und freute sich nun ungemein, ihn auf der Weihnachts feier zu treffen.
    „ Wirklich schön, dass Sie auch hier sind“, meinte er nach einer Weile nochmals. „Ich wollte Sie nämlich schon seit längerer Zeit etwas fragen.“
    Jetzt war Philipp aber gespannt, zumal Daniels nun etwas zögerte. Endlich sprach er weiter.
    „ Ich weiß ja, dass Sie in Ihrem Institut ziemlich eingespannt

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