Rücksichtslos
gegen die Müdigkeit, doch diesen Kampf würde sie nicht gewinnen.
Als sie langsam wieder zu sich kam, wanderte ihre rechte Hand sofort an ihren Bauch. War die Wölbung noch da? Lebte ihr Baby noch? Eiskalt umkrallte die Angst ihr Herz. Dann verspürte sie ein leichtes Kitzeln in ihrem Bauch und eine Welle der Erleichterung überrollte sie. Das Kind antwortete ihr, als hätte es die Anspannung der Mutter gespürt. Doch augenblicklich stand Misstrauen im Raum. Was hatten die mit ihr angestellt? Was hatte man ihr infundiert? Die Nadel in ihrer Ellenbeuge war verschwunden. Sie war allein. Kira fühlte sich etwas matt, aber sonst ganz gut. Vorsichtig setzte sie sich auf und – spürte keine Veränderung. Und dennoch war da diese Ungewissheit.
*
Gegen Nachmittag fühlte sich Katharina so, dass sie sich traute aufzustehen. Außerdem hatte sie genug davon, im Bett zu liegen. Zwar taten ihr noch sämtliche Glieder weh, aber das Fieber war verschwunden und auch ihr Husten besserte sich. Eine dicke Lungenentzündung habe sie sich eingefangen, hatte ihr der Arzt auf der Intensivstation am Morgen erklärt, bevor sie auf die Normalstation verlegt wurde. Das Antibiotikum wirkte Wunder. Sie war begeistert, stand auf – und setzte sich sofort wieder hin. Das war wohl etwas zu schnell gewesen. Katharina musste unwillkürlich grinsen und versuchte es sofort noch einmal. Diesmal klappte es, ohne dass ihr schwindelig wurde. Sie ging ein paar Mal in ihrem Einzelzimmer auf und ab bevor sie langsam durch die Tür in den Gang hinaus wackelte. Das war das richtige Wort. Sie fühlte sich wie ihre eigene Oma und schlich suchend über den Krankenhausflur. Irgendwo musste doch ein Telefon sein. In ihrem Zimmer hatte sie keines entdecken können.
Vor dem Stationszimmer lief sie einer Krankenpflegerin in die Arme und fragte nach einem Apparat.
Bereits eine Stunde später war ihr Telefon angemeldet und sie wählte zufrieden Thomas’ Nummer. Den ganzen Morgen über war ihr der Mordfall im Kopf herumgespukt, und es gab fast nichts, was sie mehr nervte, als zur Untätigkeit verdammt zu sein.
„ Ich habe damit gerechnet, dass du dich meldest sobald es dir wieder besser geht. Herrje, du hast uns ordentliche Sorgen eingejagt . “ Thomas polterte sofort los. „Wehe du lässt dich in den nächsten Tagen hier blicken.“
„ Es ist doch Wochenende.“
„ Ja. Aber ich kenne dich.“
„ Ist ja gut. Ich komme frühestens in drei Tagen wieder“, meinte sie kleinlaut. „Aber jetzt erzähl. Seid ihr weiter gekommen?“
„ So richtig nicht. Die Befragung in den Frauenhäusern und Geburtskliniken hat nichts ergeben. Auch die der anderen Hebammen nicht.“
„ Aber diese Zurrer war doch seltsam.“
„ Ja. Schon. Aber nur weil sie unsympathisch ist, können wir sie noch lange nicht verhaften. Da sie jedoch zugegeben hat, eine der Toten zu kennen, wurde sie nochmals zu einem Gespräch in die Kriminaldirektion eingeladen.“
„ Hm.“ Katharina war unzufrieden. Am liebsten hätte sie diese Hebamme sofort eingesperrt. Aber vielleicht trog sie ihr Gefühl und diese Zurrer war tatsächlich harmlos.
„ Ich bin auch ihrem Hinweis nachgegangen, dass die Tote aus dem Ausland stammen könnte und habe bei der Ausländerbehörde nachgefragt. Allerdings noch keinen Bescheid erhalten.“
„ Das kann länger dauern.“ Katharina legte sich, den Hörer festhaltend, wieder hin. So fit wie sie dachte, war sie doch noch nicht. Das Denken fiel ihr noch schwer, worüber sie sich ärgerte.
„Weiterhin habe ich heute mit Pohl gesprochen“, fuhr Thomas in seinen Ausführungen fort und Katharina spitzte gespannt die Ohren.
„ Er konnte in der toxikologischen Untersuchung Benzodia zepine, also Schlafmittel, nachweisen. Allerdings nicht in einer so hohen Dosis, dass es den Tod der Frau erklären würde.“
„ Sonst nichts?“
„ Nein. Kein weiteres Gift. Kein anderes Medikament. Er hat bislang keine Erklärung für den Tod der Frau. Und mit Vermutungen will er sich nicht abgeben.“
„ Das frustriert ihn bestimmt.“
„ Ja. Mit Sicherheit.“
Bevor sie auflegte, unterhielten sie sich noch kurz über Thomas’ Kinder. Zum Glück hatte Katharina schon die Weihnachtsgeschenke besorgt. Weihnachten. Mist! Über morgen hatte sie den Termin beim Fotografen. Den konnte sie jetzt absagen. Die Ärzte wollten sie frühestens morgen heimlassen. Zudem hatte ihr ein Blick in den Spiegel ausgereicht. So fertig wie sie aussah, würde sie sich garantiert
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