Rücksichtslos
Katharinas Notizbuch. Danach fuhr Thomas sofort mit der Befragung fort. „ Wie hieß die junge Frau?“
„ Keine Ahnung. Sie hatte kein Geld, und ich habe sie kostenlos untersucht. Da ich wusste, dass ich von ihr keine Kohle bekommen würde, hab ich mir nicht die Mühe gemacht, eine Kartei anzulegen.“
„ Wann war sie bei Ihnen?“
„ Man, stellen Sie Fragen. Was weiß ich. Vielleicht vor einem halben Jahr. Kann auch schon länger her sein.“
„ Das heißt, Sie können uns nichts weiter zu der jungen Frau sagen?“, hakte Thomas nach, und da Katharina ihren Kollegen genau kannte, hörte sie den Unmut über derartige Gleich gültigkeit aus seiner Stimme heraus.
„ Nein. Ich glaube sie kam nicht aus Frankfurt. Aber vielleicht auch doch. Vielleicht auch aus dem Ausland. Sie hatte so einen Akzent. Ach, ich weiß es nicht. Sind Sie mit der Fragerei fertig?“
Thomas nickte und gab ihr seine Karte mit der Bemerkung, dass sie sich jederzeit bei ihm melden könnte, sollte ihr noch etwas einfallen. Zurrer schnappte sie und drehte sich mit einem mürrischen Knurren um. Ohne sich zu verabschieden verschwand sie in ihrer Wohnung im Erdgeschoss des drei stöckigen Hauses.
Katharina und Thomas schauten sich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Dann verließen sie das alte Gebäude. Die Kälte hatte sie wieder, und Katharina begann sofort in ihrer nassen Hose zu frieren.
„ Ist das heute ein Scheißwetter . “ Katharina rieb sich die kalten Hände, während Thomas den Dienstwagen durch den dichten Frankfurter Feierabendverkehr steuerte. „Muss es denn die ganze Zeit regnen? Und dazu noch dieser eisige Wind . “
Thomas warf ihr einen raschen Seitenblick zu. „ Warst du deshalb so unfreundlich zu dieser Hebamme? Geht es dir nicht gut?“
„ Pah! Das Wetter und die Kälte ist eine Sache. Aber diese unmögliche Person. Ich hatte echt Mühe, mich am Riemen zu reißen.“ Mittlerweile fror sie am ganzen Körper und ein Reizhusten stellte sich ein. Das konnte sie jetzt gar nicht brauchen. Sie war doch erst vergangene Woche erkältet gewesen.
„ Das hab ich g emerkt.“
„ Tut mir leid.“ Katharina hatte den vorwurfsvollen Unterton bemerkt. „Da … dafür wa … wa… warst d… d… du umso besser.“
„ Du zitterst ja am ganzen Körper . Ich fahr dich gleich heim . “
„ K… k… kommt nicht infrage. Im B… Büro habe i… ich Ersatzkleider.“
Thomas blickte sie skeptisch an. Doch er hatte ihr nichts entgegenzusetzen, wenn sie trotz des Kältezitterns in diesem energischen Ton zu ihm sprach.
Auf dem Parkplatz der Kriminaldirektion quälte sich Katharina aus dem Auto. Die kurze Strecke hierher hatte nicht ausgereicht, um das Autoinnere aufzuwärmen. So schnell es ging, suchte sie ihr Büro auf und holte sich eine trockene Jeans aus einem Schrank. Rasch zog sie ihre nasse Hose aus und schlüpfte zitternd in die frische hinein. Ihre Beine waren deutlich rötlich verfärbt und fühlten sich eiskalt an. Thomas wandte sich währenddessen diskret um. Sie kannten sich zu gut, als dass diese Situation für beide peinlich sein müsste. Seit einigen Jahren waren sie über das Berufliche hinaus auf rein platonischer Ebene befreundet. Seine Tochter Sarah war ihr Patenkind und Katharina liebte sie und seinen Sohn Leon über alles.
Kaum hatte Katharina ihre trockene Hose an, stellte sie den Kaffeeautomaten an, den sie seit einigen Wochen in ihrem Büro stehen hatten. Anschließend setzte sie sich an ihren Schreibtisch und legte die Hände um den heißen Becher. Das tat gut. Dennoch fror sie noch. „ Was hältst du von dieser Zurrer?“, fragte sie Thomas, bevor sie an ihrem schwarzen Kaffee nippte.
„ Sie ist eine unmögliche Person. Im Leben würde ich meine Frau nie zu so einer Hebamme lassen. Trotzdem bin ich der Meinung, dass sie mit dem Verschwinden der Frauen und ihrer Ermordung nichts zu tun hat. Aber es könnte sein, dass sie die eine zu ihren späteren Mördern geschickt hat.“
Katharina nickte und nahm zwei große Schlucke. Ganz langsam wurde ihr ein bisschen wärmer. „ Das könnte möglich sein. Wohin sagte sie, hat sie die schwarzhaarige Frau geschickt? In ein Frauenhaus?“
„ Ja.“
„ Wer von den Kollegen hat sich die Frauenhäuser vorge nommen?“
„ Das müssen wir Uwe fragen. Er hat die Adressen ausfindig gemacht und an die Ermittler verteilt.“
„ Stimmt.“ Katharina trank nachdenklich weiter. Als ihre Kaffeetasse leer war , war ihr noch immer kalt. Ein bisschen Bewegung hier in
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