Rücksichtslos
auch einen kleinen Partyservice betrieb. Als sie und Philipp sich kennengelernt hatten, hatte er ihnen an diesem ersten Abend das Essen gebracht. Und seit sie ein Paar waren, hatten sie schon viele angenehme Stunden in Enricos Restaurant, in dem auch ihre Hochzeit stattfinden sollte, verbracht.
„ Schön“, meinte Katharina und warf ihrem Lebensgefährten einen Luftkuss zu.
In der Kriminaldirektion angekommen suchte sie als E rstes die Telefonnummer der Hebamme Zurrer heraus. Dann atmete sie tief durch und nahm ganz ruhig den Hörer in die Hand. Sie hatte noch immer keine gute Meinung von ihr, aber das brauchte sie am Telefon nicht sofort bemerken.
„ Ja?“, meldete sich eine verschlafene Stimme.
„ Frau Zurrer?“
„ Ja.“
„ Entschuldigen Sie, dass ich so früh anrufe. Hier ist Frau Bergen von der Kripo Frankfurt. Wir trafen uns vor einigen Tagen … “
„ Ja. Ich weiß. „Was wollen Sie denn noch von mir? Ich habe Ihnen alle Fragen beantwortet.“
„ Nun. Mir ging es an dem Tag, an dem wir uns getroffen haben, nicht so gut. Ich war krank. Ich würde mich gern bei Ihnen für mein Verhalten entschuldigen.“ Süßholz zu raspeln war eigentlich nicht ihr Ding, und sie fühlte sich, als hätte sie einen Knoten in der Zunge. Aber manchmal war es notwendig.
„ Ach. Das ist okay Ich bin auch oft schlecht drauf.“
„ Da ich ein paar Tage nicht arbeiten konnte, rufe ich Sie jetzt an, um zu fragen, ob Ihnen noch irgendetwas eingefallen ist?“
„ Hm. Ne e . Nichts.“
„ Auch nicht der Name der jungen Frau?“
„ Ne e .“
„ Oder wohin sie ging?“
„ Auch nicht.“
„ Schade . “ Katharina seufzte. Sie hatte gehofft, dass die Hebamme mehr wusste, als sie zugab.
„ Aber jetzt, wo Sie fragen … “
„ Ja?“
„ Ich glaube, die Frau hat sich an irgendein Frauenhaus gewandt.“
„ So?“ Ungeduldig und genervt trommelte Katharina mit den Fingern auf de m Tisch.
„ Ja. Ich glaube, ich hab zu ihr irgendetwas in der Richtung gesagt. Dass man in so einer Einrichtung Frauen wie ihr helfen würde.“
„ Das haben Sie uns schon mitgeteilt.“
„ Echt? Hm, habe ich Ihnen auch gesagt, dass ich ihr mehr als eine Adresse mitgegeben habe?“
„ Nein. Sie nannten uns nur eine.“
„So was . Hatte ich total vergessen, dass es mehrere waren.“
„ Welche Anschriften gaben Sie ihr genau mit?“ Fiebrige Aufregung packte Katharina.
„ Kleinen Moment.“
A ls Katharina dachte, diese Zurrer hätte sie veräppelt, kam sie zurück. Kurz und bündig gab sie ihr die gewünschte Auskunft.
„ Danke. Wenn Ihnen noch mehr einfällt, dann … “
„ … hab ich Ihre Nummer. Tschüss.“
Damit war die Leitung stumm. Katharina blickte auf das Telefon. Vielleicht besser als nichts. Dann wusste sie, was sie heute tun würde.
„ Du hast doch bestimmt noch nichts vor?“, fragte sie Thomas, der über einem Aktenordner brütete.
„ Doch. Eigentlich schon. Ich treffe mich mit Zilinski, um die gefundenen Spuren zu überprüfen.“
„ Gut.“ Zilinski war der Chef der Spurensicherung.
„ Warum willst du das wissen?“
„ Ich schau mich noch mal in den Frauenhäusern um.“
„ Denkst du an etwas Bestimmtes?“
„ Nein. Aber eventuell erfahre ich dort noch ein wenig mehr. In den Häusern waren ja nur männliche Kollegen, wie ich den Aufzeichnungen entnehmen konnte.“
„ Brauchst du Hilfe, oder soll jemand mitkommen? Ich würde dich ja echt gern begleiten, kann jetzt aber noch nicht mitkommen.“
„ Musst du auch nicht. Die anderen Spuren sind auch wichtig. Vielleicht kriegen wir ja über die Stelle, an der die Frau ins Wasser geworfen worden ist, doch noch ein paar Spuren. Wann triffst du dich mit Zilinski?“
„ Gegen halb drei.“
„ Wenn’s mir reicht, komm ich noch dazu.“
Thomas beäugte sie skeptisch. „Geht es dir denn schon wieder so gut? Du siehst nämlich noch ziemlich blass aus!“
„ Naja. Wenn ich ehrlich bin, fühl ich mich noch nicht hundertprozentig fit. Aber ein paar Leute zu befragen wird mich nicht gleich umhauen.“
„ Wie du meinst.“
Im Hof der Kriminaldirektion atmete Katharina tief ein. Die Schneeluft roch herrlich. Selbst hier in der Stadt. So sauber. Es schneite nicht mehr so heftig, die weißen Flocken rieselten nur noch vereinzelt von Himmel. Sie fuhr mit dem Dienstwagen auf die Adickesallee und schlug den Weg zu einem Frauenhaus im Osten der großen Mainstadt ein. Die Bäume am Rande der Straßen trugen alle eine
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