Rücksichtslos
Katharina. „Haben wir denn keine andere Spur, der wir nachgehen können? Die Zeit drängt. Jeder Tag, der vergeht, kann einer Frau den Tod bringen.“ Sie nahm ihr Handy und rief Zilinski an. Jedoch lagen ihm weder Resultate von der gefundenen Spritze vor, noch von der Kleidung der Toten. „ Das dauert alles viel zu lang e .“ Genervt legte sie auf. Die Spritze verfolgte sie. Wenn sie nur wüsste, was da drin war. Warum hatte die Frau sie dabei gehabt? Grundlos bestimmt nicht. Sie würde nachher selbst im LKA anrufen.
Thomas’ Telefon läutete, kaum dass sie wieder in ihrem Büro waren.
„ Wir wissen, wer die Tote an der Schleuse ist. Eine Leandra Laragoz. Anfang Juni hatte sie sich um Asyl beworben. Kam ursprünglich aus Rumänien. Sie war neunzehn. Von einer Schwangerschaft wusste niemand etwas. Sie habe sich einfach nicht mehr gemeldet.“
„ Und die auf der Behörde sind dem auch nicht weiter nachgegangen?“
„ Nein. Für so etwas hätten sie keine Zeit.“
„ Wo hat sie denn gewohnt?“
„ Sie hatte ein Zimmer in einem Asylantenwohnheim zugewiesen bekommen.“
„ Lass uns mal hinfahren. Vielleicht erfahren wir dort etwas, das uns weiter hilft“, meinte Katharina und war schon mit ihrer dicken Jacke auf dem Weg zur Tür. Thomas rannte hinter ihr her.
„ Mir scheint, du bist wieder gesund“, sagte er grinsend. „Ich hab dich in den letzten Tagen ja kaum wiedererkannt.“
Im Asylantenwohnheim dauerte es eine halbe Stunde, bis ihnen jemand sagen konnte, in welchem Zimmer Leandra Laragoz gewohnt hatte. Zwischenzeitlich wurde das kleine Zimmer von einem lybischen Ehepaar bewohnt, das kaum Deutsch sprach. Nachdem sie einen jüngeren Mann mit olivfarbener Haut und dunkelbraunen Haaren gefunden hatten, der ihnen als Dolmetscher diente, stand die Frau auf und kramte einen größeren Schuhkarton aus dem einzigen Schrank im Raum.
„ Das die Sachen von Frau“, übersetzte der junge Mann.
„ Ist das alles?“, fragte Katharina entsetzt.
„ Nun ja“, meinte er etwas verlegen. „Leandra weg. Wir teilen gute Sachen. Hübsche Mädchen oft schnell weg. Wohnen anderswo.“
„ Kannten Sie Frau Laragoz?“, fragte Thomas neugierig.
„ Hab sie gesehen zweimal, dreimal. Dann war weg.“
Katharina nahm den Karton entgegen und öffnete ihn. Sie fanden ein kleines Bild, auf dem ein älterer Mann und eine ältere Frau zu sehen waren. Vielleicht ihre Eltern. Auf der Rückseite stand eine ausländische Adresse. Weiterhin fanden sie ein Lederarmband, eine verbogene Haarspange und einen zerfledderten Zettel, auf dem Name und Adresse der Hebamme Frauke Zurrer standen. Somit war dieser Kreis geschlossen, und in Katharina meldete sich sofort wieder eine Stimme, die sie fragte, ob diese Hebamme wirklich nichts mit dem Verschwinden der Frauen zu tun hatte. In einer Ecke der Pappbox war eine Papierkugel. Katharina faltete sie auseinander: 017 … stand auf einem zerrissenen Fetzen. Könnte der Anfang einer Handynummer sein. Sie seufzte. Der Inhalt dieser Schachtel würde sie nicht weiterbringen. Sie bedankten sich und fuhren zurück in die Kriminaldirektion.
„ Was meinst du, wie sie ihre zukünftigen Mörder getroffen hat?“, fragte Katharina sinnierend.
„ Das kann auf allen möglichen Wegen geschehen sein. Vielleicht hat sie sie ja angerufen und die Zahlen auf dem Zettel sind der Beginn der Telefonnummer ihres Mörders.“
„ Daran habe ich auch schon gedacht. Aber wissen werden wir es erst, wenn wir den Mörder haben. Und diese drei Zahlen bringen uns leider nicht weiter.“
„ Momentan nicht. Vielleicht war es ja doch diese Zurrer, die sie bewusst zu ihren Mördern geschickt hat. Und die uns nur angelogen hat. Zutrauen würde ich es ihr sofort.“
„ Oder Leandra Laragoz ist ihnen zufällig über den Weg gelaufen.“
Thomas schnaubte. „Das glaubst du doch selbst nicht. Wäre schon ein arger Zufall, da wir annehmen, dass die Bande gezielt nach schwangeren Frauen sucht. Oder wir gehen damit von etwas völlig Falschem aus, was ich mir nach dem Treffen im Park nicht vorstellen kann.“
Wieder im Büro stellte sie den Schuhkarton auf ihren Schreibtisch. Dann rief sie im LKA an und verlangte die zu ständige Sachbearbeiterin im Fall der Parktoten zu sprechen.
„ Paulsen, Landeskriminalamt Wiesbaden, guten Tag“, meldete sich eine jüngere männliche Stimme.
„ Bergen, Kripo Frankfurt. Guten Tag Herr Paulsen. Sind sie neu? Bislang hatte ich immer mit Kolleginnen zu tun.“
Er lachte.
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