Rücksichtslos
„Ja. Ich bin jetzt seit drei Monaten hier. Was kann ich für Sie tun? Herr Zilinski rief mich heute Morgen schon an.“
„ Ich weiß. Aber uns sitzt die Zeit im Genick. Wir vermuten, dass der Mörder demnächst wieder zuschlagen könnte.“ Augenblicklich wurde Paulsen ernst.
„ Verstehe. Ihre Fälle haben bei uns auch oberste Priorität. Nachdem uns mitgeteilt wurde, dass Sie einen Zusammenhang zwischen den Morden an den drei Frauen vermuten, beschlossen wir intern, dass ich sämtliche Ergebnisse erhalte, um diese an Sie weiterzuleiten.“
„ Und? Haben Sie Ergebnisse?“
„ Fangen wir mit dem jüngsten Mord an: Auf der Kleidung der Toten wurden einige Fasern sichergestellt. Zum einen Kunstfasern, wie sie in Teppichen vorkommen können, zum anderen dunkle Tierhaare.“
„ Von was für einem Tier?“, fragte Katharina nach, während sie sich Notizen machte.
„ Das kann ich noch nicht sagen. Katze oder Hund ist am wahrscheinlichsten.“
„ Wenn Sie es genauer wissen, geben Sie bitte Bescheid. Und finden Sie am Besten auch gleich die Rasse heraus.“
„ Ha. Guter Witz . Finden Sie das Tier, dann sage ich Ihnen sofort, ob die Haare dazu passen. Machen wir mit dieser Spritze weiter. Auf ihr waren nur die Fingerabdrücke der Toten. Aber der Inhalt, also das ist wirklich seltsam. Die Trägerlösung ist physiologisches Kochsalz. Den Rest konnten wir hier nicht genau analysieren und haben es heute ans biochemische Institut der Frankfurter Universität nach Niederursel geschickt. Die sollen sich das mal unterm Elek tronenmikroskop anschauen.“
„ Prima. Können Sie mir einen Ansprechpartner nennen?“
„ Ja. Warten Sie einen Moment, das ist ein Dr. Ekttols.“
„ Danke. Zu den anderen beiden Mordfällen können Sie mir wahrscheinlich nichts Neues mitteilen.“
„ Nein. Wir haben uns die Asservate nochmals vorgenom men. Im Fall der Mülltoten bestand diese ja lediglich aus der körpereigenen DNA-Probe. Bei der Schleusentoten waren es diverse Abstriche, Fingernägel und ebenfalls körpereigenes Material. Aber der Main war gründlich. Wir fanden weder Fasern noch Fremd-DNA.“
„ Naja. Vielleicht bringt uns der Spritzeninhalt etwas weiter. Danke nochmal und einen schönen Tag.“
„ Ebenfalls.“
Katharina ließ sich umgehend mit dem biochemischen Institut verbinden. Doch Dr. Ekttols war nicht mehr an wesend.
*
Karl hatte es sich auf dem, eigentlich für ihn verbotenen, weißen Sofa seines Ziehvaters gemütlich gemacht. Seine Schuhe hatte er abgestreift und die großen Füße lagen bequem auf dem Couchtisch. Allein hatte er sich bislang noch nie hierher getraut. In den vergangenen Tagen war seine Scheu jedoch gefallen. Am Abend, nachdem Irene Kowatz und der Professor gegangen waren, war er zunächst zögerlich durch das gesamte Haus gewandert. Doch bereits am zweiten Abend hatte er sich in das ausladende Wohnzimmer getraut. Die Schränke verbargen einige Köstlichkeiten an diversen Alkoholika und Knabbereien. Und auch am heutigen Abend genehmigte er sich bereits die zweite Tüte gerösteter Erdnüsse.
Da er während der Abwesenheit von Irene Kowatz auch für die Ernährung der Gefangenen zuständig war, hatte er es sich leicht gemacht. Kochen konnte er nicht besonders gut. Deshalb hatte er sich mit ausreichend Tiefkühlpizza, Fertig gerichten, Wurst, Käse und Aufbackbrötchen eingedeckt. Das musste reichen. Ihm schmeckte es, und die Weiber konnten froh sein, dass sie überhaupt etwas bekamen.
Eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken, als er an den Blick dieses rothaarigen Koboldes dachte, den sie ihm beim Essenbringen zugeworfen hatte. Er fürchtete sich vor diesen grünen Augen. Sie waren so durchdringend. Karl würde es nicht wundern, wenn sie sich auf einen Besen schwingen und wegfliegen würde. Er trank einen großen Schluck Cola und zappte im Fernsehprogramm weiter. Über die Weihnachts feiertage war das Programm interessanter gewesen. Heute Nacht kam nur alter Müll, den er zigmal gesehen hatte. Draußen war es schon lange dunkel, doch er hatte noch keine Lust, hoch in sein Dachzimmer zu gehen. Hier unten war es viel gemütlicher. Er schaufelte sich gerade eine Handvoll Erdnüsse in den Mund, als die Tür aufging und der Professor, sichtlich wütend, das Zimmer betrat.
*
Nachdenklich lag Kira auf dem Bett. Seit einigen Tagen sah sie immer nur diesen großen, dümmlich wirkenden Kerl. Nicht die Blonde, nicht diese Kowatz und auch nicht den großen vermummten Mann. Das
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