Rücksichtslos
verheulten Augen.
„ Ich dachte mir schon, dass Sie gleich auftauchen. Hab gerade von Silke eine Kurzfassung der Ereignisse erhalten. So ein Scheißkerl!“
„ Glauben Sie denn, dass er etwas mit Kiras Verschwinden zu tun hat?“ Thomas fühlte sich noch leicht überrumpelt.
„ Direkt wahrscheinlich nicht … “
„ Aber?“
„ Indirekt ist er schon Schuld, sollte ihr etwas passiert sein. Er hat sie ja geschwängert.“
„ Und mehr hat er nicht getan?“
„ Nicht, dass ich wüsste.“
„ Aha. Wann haben Sie Kira Blum das letzte Mal gesehen?“
„ Am zweiten Dezember.“
„ Ach!“ Mehr brachten Alfred und Thomas zunächst nicht heraus.
„ Wieso wissen Sie das so genau?“, hakte Alfred schließlich nach.
„ Ich wusste, dass sie Hilfe suchte. Dass sie vorhatte in so ein Frauenhaus oder was ähnliches zu gehen, weil sie Angst vor Kevin hatte.“
„ Sie hatte Angst vor ihm?“, fragte Thomas.
„ Ja. Weil er sie verprügelt hat. Und nicht nur ein M al.“
„ In welches Frauenhaus wollte sie gehen?“
„ Das weiß ich nicht. Ich gab ihr die Nummer einer Hebamme, von der ich gehört hatte, dass sie mit einem Frauenhaus zusammen arbeitet.“
„ Welche Hebamme?“
„ Den Namen weiß ich nicht mehr. Warten Sie, es war irgend so ein ausländischer Name.“ Sie kramte in einer Schublade herum, und mit einem Mal Thomas erinnerte sich an etwas. Er versuchte, seine plötzliche Erregung zu verbergen, doch Alfred merkte es ihm an. „ Ha. Hier hab ich sie.“
Xandra Zittlau gab ihnen ein kleines zerknittertes Blatt, auf dem eine Telefonnummer stand. Jedoch kein Name.
„ Sind Sie sicher, dass das die richtige Nummer ist? Da steht kein Name drauf.“
„ Doch. Stimmt schon.“
Thomas wählte bereits. Freizeichen. Durchwahlton. Als nächste sprang leider der Anrufbeantworter an: „ Bonjour. Sie sind verbunden mit Madame Beauchamps. Aktuell bin isch nischt erreichbar. Bitte interlassen Sie eine Nachriescht und eine Telefonnummer. Isch rufe sobald wie möglisch zurück.“
*
Es war bereits dunkel. Philipps starrer Blick versuchte die Finsternis jenseits der Fensterscheibe zu durchdringen. Doch da er im hell erleuchteten Wohnzimmer stand, war das Vorhaben, draußen etwas erkennen zu können, gleich null. Jetzt wurde es so langsam Zeit, dass Katharina heimkam. Eigentlich wollte sie doch am frühen Nachmittag wieder hier sein. Na. In ihrem Job wusste man nie, das war Philipp klar. Wahrscheinlich war wieder irgendetwas dazwischen gekom men. Und er hoffte sehr, dass es nicht erneut eine Leiche war.
Zwei Stunden später rief er zum ungezählten Mal Katharinas Nummer an. Es war sehr ungewöhnlich, dass er nichts von ihr hörte. Gerade an Feiertagen meldete sie sich immer, wenn es später wurde. Vor lauter Sorge um seine Verlobte hatte er versucht, ihre letzten Gedanken nachzuvollziehen. Er musste wissen, was sie so wütend auf seinen Schulfreund gemacht hatte. Also hatte er ihren Laptop geschnappt und die letzten Links geöffnet. Schon nachdem er die zwei letzten von ihr besuchten Seiten überflogen hatte, war ihm klar, wessen sie Jürgen Hagen verdächtigte. Und die Tatsache, dass er weder Katharina noch Jürgen erreichen konnte, machte ihn zunehmend wütender. Philipp legte das Telefon auf den Tisch, als es läutete. Hastig griff er wieder danach.
„ Ja?“
„ Ich bin’s. Thomas. Ist Katharina schon daheim? Ich erreiche sie übers Handy nicht.“
„ Nein. Ich habe es auch schon bestimmt tausend Mal versucht.“
„ Verdammt!“, fluchte Thomas.
„ Wo wollte sie denn hin?“
„ Eigentlich nur zu deinem Schulfreund. Diesem Jürgen Hagen.“
„ Wann?“
„ Schon heute Morgen. Sie hatte da so eine Idee und wollte ihn damit konfrontieren.“
„ Ich weiß. Aber da müsste sie doch längst wieder zurück sein!“
„ Wir fahren sofort hin. Das hat heute bei uns alles länger gedauert. Verflucht noch mal!“
„ Ich komme auch.“
Philipp legte auf, bevor er Thomas’ Widerspruch hören konnte. Hektisch zog er seine Jacke aus dem Schrank und rannte zur Garage. Kurz danach heulte der Motor der Corvette auf und sie schoss rückwärts auf die, in schummriges Licht der Straßenlaternen getauchte, regennasse Fahrbahn. Philipp bremste so scharf, dass das ABS-Lämpchen aufflackerte, und legte mit einer zackigen Bewegung den Vorwärtsgang ein. Mit zunächst durchdrehenden Reifen gab er Gas und fuhr so schnell er konnte und durfte in Richtung Eschersheim. Klare Gedanken konnte er nicht
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