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Rückwärtsleben: Roman (German Edition)

Rückwärtsleben: Roman (German Edition)

Titel: Rückwärtsleben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Watson
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hinzufügte, dass mich Filme dieser Art immer deprimierten, reagierte sie mit echter Überraschung.
    »Warum deprimiert dich so was?« Mit einer einzigen flüssigen Bewegung schob sie das Video zurück in die Schachtel und die Schachtel zurück ins Regal. »Ich meine, ich weiß, der Film ist nichts Besonderes, aber siehst du dir nicht lieber was mit einem netten Ende an als so was Blutrünstiges wie Macbeth ?«
    »Vielleicht schon, wenn ich es glauben oder mich dafür interessieren könnte«, antwortete ich ein wenig in die Defensive gedrängt. Inzwischen bewegte ich mich schon seit einigen Jahren zwischen Menschen, die so zynisch waren, dass selbst bei den erhebendsten Filmen eine ideologisch negative Reaktion mit Beifall rechnen konnte. Simon Stacey marschierte häufig beim ersten Kuss aus dem Kino. Aber Lily hatte mich ein wenig aus der Fassung gebracht. Warum konnte ich mich nicht einfach entspannen und einen albernen Unterhaltungsfilm genießen? »Ich halte einfach nichts von einem Weltbild, das so optimistisch ist, ohne … dabei, na ja, ein gewisses Maß zu wahren.« Mir war der Klang jedes meiner Worte bewusst. »Ich meine, wenn man sich Macbeth ansieht …«
    »Reden wir bitte nicht über Macbeth .« Lilys Ton war so schroff und verkrampft, dass ein Widerspruch unmöglich war. Was auch die Ursache für ihre Panikattacken bei dem Stück war, ihre Nerven lagen jedenfalls blank. Um das Geheimnis zu knacken, kam ich später vielleicht nicht umhin, ein wenig an dem wunden Punkt zu zupfen, aber dafür war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.
    »Vielleicht ist es nur Bitterkeit«, bekannte ich, »ich finde bloß, dass viele Filme die Welt auf eine Weise darstellen, die … unrealistisch ist, aber nicht auf eine eskapistische Weise, die Spaß macht. Unrealistisch auf eine gefährliche Weise, die uns vorgaukelt, unser Leben könnte so sein.«
    »Und warum kann das Leben der Menschen nicht so sein?«, entgegnete Lily.
    »Nun …«
    Ich redete davon, dass sich große Ereignisse aus Millionen Ursachen und Wirkungen zusammensetzen, die von Regisseuren einfach übergangen werden, weil sie nur ihr Tanzfinale im Sinn haben, und daher auch von den Zuschauern bei der Suche nach dem Glück in der Realität nicht wahrgenommen werden. Ich wollte ihr von den vielen Beziehungsautopsien erzählen, bei denen ich im Laufe meiner Karriere immer wieder zu dem Urteil gelangt war, dass sich die Menschen gegenseitig verletzt hatten, weil sie einfach nicht wussten, worauf es im Leben wirklich ankam. Gleichzeitig wollte ich ihre Aufmerksamkeit auf die vielen alleinstehenden Menschen mit meiner schwermütigen Veranlagung lenken, die ein hingeschludertes Happy End nicht als aufmunternd empfanden, sondern von der Kluft zwischen ihren eigenen Erfahrungen und der angeblichen Realität auf der Leinwand noch mehr deprimiert wurden. Doch ich kratzte erst am Anfang des dritten Punkts, als deutlich wurde, worüber ich mich eigentlich beklagte.
    »Du glaubst nicht an die Liebe.« Lily setzte ein schelmisches Lächeln auf, als wäre die Rede vom Weihnachtsmann.
    »Doch, ich glaube an die Liebe«, widersprach ich. »Ich glaube bloß nicht, dass jeder sie erleben kann.«
    Viel später, als es schon bald Mitternacht war und ich endlich durch das Neonorange von New Yorks permanentem Tageslicht zu Richards Wohnung strebte, überlegte ich, dass ein Filmheld den Augenblick genutzt hätte, um zum entscheidenden Schlag auszuholen. Ein Spruch wie »Vielleicht könntest du mir helfen, an die Liebe zu glauben« hätte einen hervorragenden Aufhänger geboten, um die nächste Szene halb nackt und mit dem Austausch schuldbewusst glücklicher Blicke zu beginnen. Doch es gab keinen entscheidenden Schlag, nur ein Gespräch, das unterhaltsam weiterlief, als Lily sich zu Liebe und Optimismus bekannte, während ich für eine realistische Darstellung zerstörter Träume eintrat. Und eigentlich hätte eine romantische Begegnung diesem für mich unvergesslichen Tag fast seinen Glanz genommen. Noch nie hatte ich in einem Zeitraum von vierundzwanzig Stunden so viel mit einem Menschen geredet wie mit Lily an diesem Nachmittag und Abend. Als ich Richards Wohnung betrat, fiel es mir schwer zu glauben, dass ich sie gestern noch gar nicht gekannt hatte.
    Nach dem Aufwachen hatte ich gerade noch Zeit, dem einsilbigen Richard bei einem hastigen Frühstück alles zu erklären, denn ihm stand ein weiterer lukrativer Tag bei Gericht bevor. Dann kehrten meine Gedanken zurück zu Lily, die

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