Rückwärtsleben: Roman (German Edition)
Ständig sieht man Frauen, die sie toll finden und Anstecker tragen und kreischen. Die Gitarre ist super. Dad und Mum haben sich gefreut, weil ich so begeistert war. Irgendwie wusste ich es, weil ich schon seit einer Weile angedeutet habe, dass ich eine will. Ich bin jetzt 15, und vielleicht geht es Weihnachten nicht mehr so um Geschenke, wenn man älter wird. Außerdem bekam ich mehrere Bücher und ein Spiel wie Privat Eye letztes Jahr, das Cluedo heißt. Dabei muss nur ein einziger Mordfall geklärt werden, aber er ist jedes Mal anders. Ich habe mit Dad, Mum, Johnny und Onkel Frank gespielt. Frank erzählte ständig, dass Schwachköpfe den Mord begangen haben, so wie Lee Harvey Oswald oder die Roten (Kommunisten). Er ändert sich nicht. Ich habe gewonnen, aber die anderen strengten sich auch nicht besonders an.
KONVERSATION BEIM ESSEN
Kein Streit in diesem Jahr. Es war ziemlich ruhig. Dad hat viel gehustet, und als er kurz draußen war, hat Mum gesagt, dass sie sich Sorgen um ihn macht. Frank meinte, dass er sich freuen würde, wenn sich seine Frau so um ihn kümmert, bloß weil er hustet, und die meisten lachten. Rose hat einen Haufen Preise in der Schule bekommen. Sie redete fast nur mit Jemima, die diesmal wieder dabei war. Ich weiß nicht, was aus ihrem Freund Chas geworden ist. Die Erwachsenen redeten über Schwarze wie Muhammad Ali, die Sachen machen, um bekannt zu werden. Die meisten fanden das nicht gut. Sie sprachen über Rhodesien und wie kompliziert es ist.
WAS PASSIERTE
Am Nachmittag gingen Jemima und Rose weg, um was zu erledigen, also war ich mit Johnny allein. Wir sprachen ewig über Frauen. Johnny fragte mich, ob ich Mum liebe. Es war eine komische Frage, und ich sagte: »Glaub schon.« Später dachte ich darüber nach, und ich liebe sie auf jeden Fall, bloß manchmal verstehe ich sie nicht, die Sachen, über die sie mit Dad streitet, und wie sie zu mir ist.
1966
MEINE GESCHENKE
Eine Fender. Man kann umschalten zwischen elektrisch und akustisch, aber man braucht einen Verstärker. Ein Buch über Psychologie mit dem Titel Verstehen verstehen . Es geht darum, wie der Verstand funktioniert und was er macht. Richard hat es schon seit Jahren und hat es ganz gelesen, er hat sogar drei Fehler gefunden und an den Verlag geschrieben, und sie haben geantwortet und sich bei ihm bedankt. Wir wollen beide Psychoanalytiker oder Psychotherapeuten werden. Wahrscheinlich werden wir zusammen in einem Haus oder einer Wohnung leben – das spart Geld, und ich fände es toll, wenn Richard immer da ist. Aber vielleicht geht es nur in den USA , weil dort am meisten geboten ist.
KONVERSATION BEIM ESSEN
Wir hatten einen Gast, Jemimas’ neuen Freund. Er heißt Steve. Er ist sehr groß und spielt Rugby. Er sieht gut aus, und alle haben ihn beim Essen nach seinem Leben gefragt. Er freute sich über jede Frage und machte ständig Witze. Die meisten waren nicht besonders lustig, trotzdem lachten alle ganz viel. Sogar Mum lachte ziemlich oft und richtig glücklich. Wir redeten darüber, dass England die Fußballweltmeisterschaft gewonnen hat. Steve war im Stadion, aber ich finde, im Fernsehen ist es genauso gut.
WAS PASSIERTE
Steve nahm mich und Johnny mit nach draußen zum Rugbyspielen. Johnny war besser als ich, seit letztem Jahr ist er viel stärker und schneller geworden, und er macht bei allen Mannschaften in seiner Schule mit. Nicht zu fassen, wie er gewachsen ist (vielleicht irgendwelche Medikamente?). Johnny erzählte, dass er zur Army will, und Steve war beeindruckt. Er hat auch mich gefragt, und ich antwortete, dass ich lieber Psychologe werde. Steve hat anscheinend viel mehr für Johnny übrig als für mich, ich wurde eifersüchtig und ging nach einer Weile wieder rein.
1967
MEINE GESCHENKE
Vor allem Platten. Von Tom und Sally einen Gitarrengurt – anscheinend wussten sie noch nicht, dass ich aufgehört habe. Überhaupt merkte ich, dass der Kontakt zwischen Dad und seinen Brüdern ein bisschen eingeschlafen ist. Außerdem bekam ich alle Psychologiebücher, die ich mir gewünscht hatte, und ein Buch mit dem Titel Blumen für Algernon. Ich bin noch nicht fertig damit, aber es geht darum, wie ein Mensch durch eine Operation superintelligent wird – so was würde ich auch gern machen. Ich rief Richard an. Die meisten Bücher hat er schon, nur In den Tiefen des menschlichen Geistes nicht, und ich habe versucht, ihn neidisch zu machen. Anscheinend hatte er aber ein gutes Weihnachten. Ich bekam auch 50 Pfund
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