Rückwärtsleben: Roman (German Edition)

GESCHENKE
    Badehose (warum?!), Kleider, neun Bücher, Chemiekasten, Fahrrad (das beste Geschenk).
    WAS BEIM ESSEN GEREDET WURDE
    Großer Streit, weil in diesem Jahr fast Krieg gewesen wäre mit Amerika und Russland, und Frank hat irgendwelchen Leuten die Schuld gegeben, ich habe nicht so genau verstanden, wen er meint, auf jeden Fall waren Homosexuelle dabei. Tom und Frank nannten sie Schwule oder Schwuchteln oder Homos, und Mum hat sofort gesagt, sie sollen aufhören damit, wahrscheinlich wegen mir, aber ich weiß sowieso, was Homosexuelle sind.
    WAS PASSIERT IST
    Ich konnte nicht mit dem Fahrrad fahren, weil draußen so viel Schnee lag, also haben wir einen Spaziergang gemacht. Ich habe mit Johnny über viele Sachen geredet, er ist ein guter Freund. Am Abend kamen Weihnachtslieder im Fernsehen, Frank und Dorothy sangen mit. Jemima hat sie angeschaut wie Idioten. Dad hörte sich die Lieder mit geschlossenen Augen an und sah zufrieden aus, und ich dachte, er schläft, doch dann legte er Mum die Hand auf die Schulter und sagte etwas, und sie gingen hinaus.
    1963
    MEINE GESCHENKE
    Fast nur Sachen für das Fahrrad. Ein neuer Sattel, der besser ist als der alte, neue Reifen und Flickzeug! Außerdem ein Buch übers Radfahren und eins über den Mond.
    WAS BEIM ESSEN GEREDET WURDE
    JFK , das ist der amerikanische Präsident, der erschossen wurde von einem Mann, der von einem anderen Mann namens Jack Ruby erschossen wurde. Alle haben über die Motive des Verbrechens gesprochen. Frank nannte einige Leute als Verdächtige, die meisten davon kannte ich nicht, oder es war Blödsinn, wie die Beatles. Tom meinte, der Mann, der geschossen hat, war einfach verrückt, und man kann nicht viel machen, wenn einer so ist. Dad diskutierte mit beiden, er hat erklärt, warum sie den Präsidenten erschossen haben könnten. Es klang richtig. Tom sagte, typisch Dad, muss immer gegen den Strom schwimmen. Er sagte es ganz freundlich, aber ich weiß nicht, was er damit meint. Mum sah aus, als wäre sie am liebsten gegangen, und Tante Dorothy hat gebeten, dass sie endlich von dem Mord aufhören. Mum mag es nicht, wenn über Schießen und Pistolen und Gewalt geredet wird. Sie ist langweilig (wie letztes Jahr).
    WAS PASSIERT IST
    Jemima und Rose haben die anderen kaum beachtet. Ich habe einen Fahrradausflug mit Johnny gemacht. Er musste Dads Rad nehmen, das zu groß für ihn war, also musste ich ganz langsam fahren. Ich erzählte Tom, dass Richard Aloisi vier Bälle in seinen Mund kriegt. Tom sagte, du musst ihn umbringen. Aber ich mag Richard, er ist mein bester Freund in diesem Jahr (die wichtigsten zehn stehen im Schultagebuch).
    1964
    MEINE GESCHENKE
    Ein Haufen Bücher über alles Mögliche. Romane, ein paar Krimis und Thriller, eine Enzyklopädie. In der Enzyklopädie stand: Um dich auf die Universität des Lebens vorzubereiten, Dad. Natürlich ist es keine richtige Universität, sondern nur ein Spruch, der bedeutet, dass man im Lauf der Zeit immer weiter dazulernt. An der Universität werde ich Psychologie studieren. Und ich habe ein Brettspiel mit dem Titel Privat Eye bekommen, wo man Morde klären muss. Wir haben es gespielt, und ich habe acht Fälle gelöst, Johnny keinen einzigen. Dad schaffte drei und sagte, dass ich »zu schlau« für ihn bin. Vielleicht hat er mich ein paamal gewinnen lassen, aber ich glaube nicht. Jemima war nicht da, und Rose hat nicht mitgespielt. Mum schon, aber sie kam nicht weit.
    WAS BEIM ESSEN GEREDET WURDE
    Dass Jemima nicht da ist. Sie verbringt Weihnachten bei ihrem Freund, der Charles oder Chas heißt. Sie ist inzwischen 18, also erwachsen. Es ging darum, wie groß und schön sie geworden ist. Ich finde sie nicht so groß, schön schon ein bisschen, aber trotzdem wäre sie nichts für mich.
    WAS PASSIERT IST
    Ich war im Bad und hörte Tom sagen: »Aber sie muss es vergessen«, und Dads Antwort: »Ich weiß, aber das wird sie nie.« Ich habe keine Ahnung, worum es ging, aber es hatte wahrscheinlich was mit Mum zu tun. Im Bad fiel mir auf, dass die Tür nicht richtig schließt, und als Johnny später drin war, probierte ich die Tür. Es funktionierte, und ich sah ihn ohne Kleider. Er ist erschrocken und schrie, aber dann fand er es auch lustig, und wir haben gelacht.
    1965
    MEINE GESCHENKE
    Eine Gitarre, dazu Lehrbücher, Plektren und ein Gurt zum Umschnallen. Frank sagte, dass ich bald wie einer von den Beatles sein werde, nur dass ich mir die Haare schneiden soll. Die Beatles sind nicht so mein Fall.