Rückwärtsleben: Roman (German Edition)
Studium. Ich bekam die, die ich mir gewünscht hatte, und Geld für die anderen. Ich telefonierte mit Richard; seine Eltern haben ihm fünftausend Pfund für das Leben in Harvard geschenkt. Wahrscheinlich ist man besser motiviert, wenn man nicht hat, was man will, aber ich beneide ihn, auch wenn ich ihm den Erfolg gönne. Dad tut jedenfalls sein Bestes für mich, Mum sicher auch.
KONVERSATION
Die Mondlandung. Tom meinte, das war ein großer Tag, und alle stimmten ihm zu. Dann gab es Probleme. Rose war schuld, aber Abo war im zweiten Jahr hintereinander der Pechvogel. Er hat diese Flugblätter, auf denen steht »Es ist ein Kind, keine Option«. Um Rose zu beeindrucken, fragte Steve (der ständig mit ihr flirtet) Abo, worum es dabei geht, und es stellte sich heraus, dass es eine Kampagne gegen Abtreibung ist. Mum und Dad tauschten einen Blick aus, der mir nicht entgehen konnte, und sie schlich sich hinaus und kam ewig nicht mehr zurück. Es wurde ganz still, und Abo sah aus, als wollte er sich mit seiner Gabel aufspießen. Ich verstehe nicht, warum sich Mum über so viele Dinge so aufregt. Hat sie vielleicht eine Abtreibung machen lassen – vor meiner Geburt oder als ich noch ganz klein war? Das müsste ich doch wissen! Aber die Wahrheit ist, dass ich eigentlich nicht viel über sie weiß. Trotzdem, so ein Geheimnis lässt sich nicht vertuschen.
EREIGNISSE
Johnny ist jetzt bei der Army in Nordirland. Schwer zu glauben, dass wir noch vor Kurzem zusammengesteckt haben. Ich habe ein paarmal versucht, ihn anzurufen, aber er hat sich nicht gemeldet. Ich vermisse ihn. Habe fast den ganzen Nachmittag mit Dad darüber geredet, wie seltsam es ist, aus Michigan wieder nach Hause zu kommen.
1970
GESCHENKE
Dieses Jahr ist alles anders. Dad und Mum sind nach Italien verreist, um ein wenig Sonne zu tanken, und ich verbringe Weihnachten bei Richard und den Aloisis. Ich war mindestens zwei Jahre nicht mehr in dem Haus – seit der Abschiedsparty für uns. Richards Brüder und Schwestern sind alle mit ihren Freundinnen und Freunden da; wo man hinsieht, wohlhabende und zufriedene junge Leute. Kann nicht viel schreiben, weil es hier komisch wirkt. Wir sollen ein Spiel spielen, bei dem man im Akzent eines Landes über dessen politische Struktur spricht. Geht mir auf die Nerven.
KONVERSATION
Das Essen dauerte stundenlang, und es wurde über alles Mögliche geredet. Nordirland (ich musste an Johnny denken), die amerikanische Präsidentschaft – nicht bloß Witze, sondern eine weitreichende Analyse von Nixon und seinen Leuten … Dann die politische Situation in Italien, wo noch einige Aloisis leben, kurz über Sport, dann Mikrocomputer, die nach Meinung von Richards Onkel vor dem Durchbruch stehen, obwohl ich sie nicht besonders aufregend finde. Und noch über viele andere Sachen. Die Diskussion und der Ideenaustausch nahmen kein Ende – es war ermüdend. Ich trank viel, um nicht den Anschluss zu verlieren.
EREIGNISSE
Am Nachmittag spielten Richard und ich Tennis auf dem privaten Platz der Aloisis. Er ist inzwischen sehr gut geworden, es war nicht mehr so ausgeglichen wie bei unseren früheren Partien. Er erzählte viel von Harvard. Er hat viele Sachen gemacht, von denen ich noch kaum gehört habe, und er spulte die Namen von Theorien und Experimenten herunter wie die von alten Freunden. Er ist auf dem besten Weg, sich seinen Berufswunsch zu erfüllen. Bei dem Typen in New York, den sein Vater kennt, kann er Erfahrungen sammeln, dann hat er Fuß gefasst und kann praktizieren. Es machte viel mehr Spaß, als wir über alte Schulfreunde redeten. Jennifer hat anscheinend vor, den Australier zu heiraten!
1971
GESCHENKE
Nützliche Sachen für mein Zimmer am College und die (unsichere) Zukunft. Eine Schande, wenn man nur »Nützliches« geschenkt bekommen will, aber … Geschirr und Kochutensilien. Bücher und Buchgutscheine. Wissen kann man nie genug haben. Richard weiß schon mehr als Einstein.
KONVERSATION
Anscheinend habe ich letztes Jahr nicht viel verpasst, fast alles ist wie immer. Allerdings kein Abo mehr, er und Rose sind nicht mehr zusammen, also hat er die Chance verpasst, seine Serie peinlicher Fauxpas fortzusetzen. Steve und Jemima beherrschten das Gespräch und spekulierten über die Gründe, warum es mit Rose und Abo nicht geklappt hat (sie war natürlich nicht da). S+J wirkten ziemlich selbstzufrieden. Vielleicht kommen sie nicht mehr so oft, nachdem sie geheiratet haben. Oder gar nicht mehr. Ich wurde gefragt,
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