Rückwärtsleben: Roman (German Edition)
gewandert, wo ich mit Johnny gewesen war damals … (Moment, mal schnell zurückblättern) … meine Güte, 1968! Als ich also zurückkam, war im Wohnzimmer ein Pseudorugbyspiel mit einem Gummiball im Gang. Steve warf ihn Dad zu, der ihn auffing, dann stürzte sich Tom auf ihn, und sie gingen allesamt zu Boden und lachten, als wären sie wieder Kinder.
1977
GESCHENKE
Weil ich seit der Beerdigung die ganze Zeit hier war, konnte ich ziemlich genau angeben, was ich möchte, und siehe da, ich bekam alles. Aber mit der Freude war es dadurch leider auch vorbei.
KONVERSATION
Ohne Tom war alles sehr gedämpft, da Sally beim Essen kein einziges Wort sagte. Tom war zwar weniger lautstark als Frank und weniger scharfsinnig als Dad, aber er stellte irgendwie die Verbindung zwischen beiden her. In diesem Jahr wollte keine richtige Unterhaltung in Gang kommen.
EREIGNISSE
Zugegebenermaßen hatte ich gehofft, dass Johnny dieses Jahr vorbeischaut, um Sally Gesellschaft zu leisten, aber wahrscheinlich hat er nicht freigekriegt. Nach seinem Verhalten bei Toms Begräbnis zu urteilen, hätte er wohl sowieso nicht mit mir geredet. Vielleicht hat ihn das Militär so verändert.
Es kam mir falsch vor, am Weihnachtstag mit den Hirst-Recherchen weiterzumachen, aber ich musste den ganzen Abend daran denken. Ich glaube, das könnte wirklich eine interessante Geschichte werden. Natürlich ist Nicholas Hirst nicht mehr zu helfen, und den meisten Leuten ist es sowieso egal. Aber wer sagt, dass Journalisten immer Gutes tun müssen?
1978
GESCHENKE
Ein Anzug. Mum und Dad haben einen Artikel aus Psyche rahmen lassen, in dem Dr. Rice meine Arbeit lobt. Ich hatte ihn ihnen geschickt, weil die Hirsts darin nicht erwähnt werden. Neulich kam ich am alten Hirst-Haus vorbei, und dieses Erlebnis erschütterte mich mehr, als ich erwartet hätte: als hätte ich einen »auf einer wahren Geschichte beruhenden« Film gesehen und dann den Schauplatz der wahren Geschichte aufgesucht. Ich sah förmlich, wie die Zwillinge herumrannten und spielten – wie ich und Johnny früher.
KONVERSATION
Ich erzählte so viel wie möglich über meinen Stichpunktansatz und die monatliche Rubrik, ohne Einzelheiten des Artikels zu erwähnen, der das Ganze ins Rollen gebracht hatte. Auch auf Richard kam das Gespräch, weil er letzten Monat von der Times interviewt worden ist, doch diesmal fand ich das nicht so kränkend. Außerdem erinnern sich anscheinend ohnehin nicht mehr alle an Richard. Mir ist aufgefallen, dass die Unterhaltungen im Laufe der Jahre immer ähnlicher werden. Manchmal komme ich mir vor wie in einem Sciencefictionfilm, wo ich der Einzige bin, der nicht in einer Zeitschleife feststeckt.
EREIGNISSE
Der Anzug passt mir nicht besonders, weil ich zugenommen habe. Anscheinend habe ich nicht die schlanke Figur meines Vaters in seinen Dreißigern geerbt. Wieder einmal fühle ich mich von meinen Genen ein wenig im Stich gelassen.
1979
GESCHENKE
Ein warmer Pullover. Ich bin fast dreißig.
KONVERSATION
Das Wiederauftauchen von Rose nach wer weiß wie vielen Jahren sorgte in diesem Jahr für etwas Abwechslung. Ich hatte den Eindruck, dass Frank eigentlich nicht weiß, wie er mit ihr reden soll. Also behandelte er sie wie einen Ehrengast, der jederzeit weggerufen werden kann. Er gab sich große Mühe, es ihr recht zu machen, und stimmte ihr in allem zu. Irgendwie rührend.
EREIGNISSE
Interessant zu sehen, wie Rose und Jemima miteinander umgehen, obwohl ich das eigentlich nie so richtig verstanden habe, als wir Kinder waren. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich es heute besser verstehe – ausgebildeter Psychiater hin oder her. Sie redeten fast den ganzen Nachmittag miteinander, und ich hatte den Eindruck, dass auf beiden Seiten eine gewisse Feindseligkeit herrscht. Ich fühlte mich wieder ein wenig wie der unbeholfene Junge, der ihnen vor fünfzehn Jahren nachgelaufen war und sich danach sehnte, an ihrer Unterhaltung teilzunehmen. Dabei waren sie vermutlich schon damals nicht so übermäßig interessant.
1980
GESCHENKE
Jedes Jahr denke ich, ich höre mit dem Tagebuch auf. Aber … ich weiß auch nicht, je länger es geht, desto absurder wird es irgendwie, aber gleichzeitig wird mein Blick darauf auch immer sentimentaler. Es ist blöd, damit weiterzumachen, aber es wäre auch blöd, damit aufzuhören. Es stellt einfach eine Verbindung zu meiner Vergangenheit her … Kaum zu glauben, dass ich dieser Junge bin, der darüber spricht, dass er Gitarre spielt
Weitere Kostenlose Bücher