Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
Vom Netzwerk:
gekommen.« Er richtete den Blick wieder auf James. »Ich kann mir zwar nicht vorstellen, wie du in so etwas verwickelt werden konntest, und ich hoffe bei Gott, dass es nicht so ist. Aber es als Zufall abzutun erscheint mir … unklug.«
    »Ich würde mir das sehr gerne anhören«, sagte James. »Aber wir werden uns auf dem Weg zum Bahnhof unterhalten müssen. Ich übernachte heute auf dem Land.«
    Die meisten Landsitze waren im Frühling verlassen. Aber Bagley End lag nur zwei Stunden von London entfernt, und die Pateshalls nutzten es gerne als Zuflucht vor den ermüdenden Formalitäten der Ballsaison. Als Sophie die Einladung von ihnen bekam, war sie so verwundert über Lydias untypische Begeisterung, dass sie zugesagt hatte. »Vielleicht wird es dir guttun«, bemerkte sie nachdenklich. »Du bist in letzter Zeit sehr melancholisch.« Sie schauten sich gleichermaßen erstaunt an, und Ana klatschte entzückt in die Hände und forderte sie auf, sich zu umarmen, was sie dann auch taten. Nichtsdestotrotz lagen sie sich schon vor dem Abendessen wieder in den Haaren.
    Sportbegeisterten hatten die Pateshalls eine Menge zu bieten. Ana verbrachte den Großteil des Tages mit Krocket, Tennis, Fahrradfahren und Bogenschießen, während Sophie lieber im Salon faulenzte, mit Freundinnen tratschte und Romane las. Lydia, die ihre »Melancholie« mit einem leichten Fieber erklärt hatte, blieb sich selbst überlassen. Sie vertrieb sich die Zeit damit, in den mit Ecktürmchen versehenen Türmen zu lesen, welche die große Halle des Herrenhauses überragten, und die allgemein zugänglichen Räume nach Schätzen zu durchforsten. Hinter einem Wandteppich im Damenzimmer hatte sie bereits eine Mumienmaske entdeckt sowie einen assyrischen Obelisken, der als zusätzliches Bein für einen Billardtisch diente. Dass sie heimlich ins Herrenzimmer gelugt hatte, bereute sie bereits, da sie dort eine römische Urne entdeckte, die zu ihrem Entsetzen als Aschenbecher missbraucht wurde.
    An den ersten Abenden zog sie sich schon früh zurück. Immerhin hatte sie Fieber. Mit ihren überraschenden Entdeckungen über Sanburne hatte ihre Melancholie ganz bestimmt nichts zu tun. Doch als sie dort im Bett lag und der ausgelassenen Gesellschaft lauschte, deren Lärm gedämpft zu ihr nach oben drang, konnte sie an nichts anderes denken als an ihn. Ihr Kummer war ihr schleierhaft. Selbst wenn eine bizarre Sternenkonstellation Sanburne dazu gebracht hätte, sich in sie zu verlieben, hätte sie ihn nicht heiraten wollen. Ach, er hatte durchaus Gründe für seine Wut auf Moreland. Daran zweifelte sie nicht. Doch er opferte bewusst sein eigenes Glück, um den Mann zu quälen. Seine Wut war ihm wichtiger, als die Liebe es jemals sein würde.
    Ihrer trüben Gedanken überdrüssig, beschloss sie am fünften Abend, unten zu bleiben. Zum Wochenende waren neue Gäste angereist, die wie durch eine chemische Reaktion die gesamte Atmosphäre verändert hatten, sodass jetzt alle zu flegelhaftem Benehmen tendierten. Beim Abendessen hatte Mrs Chudderleys neckische Bemerkung über Mr Ensleys Figur eine Reihe von schlüpfrigen Kommentaren nach sich gezogen, die nicht den Anschein hatten, weniger zu werden, als die Gesellschaft in den Salon überwechselte. Sie versuchte, Ana ins Bett zu schicken, die jedoch protestierte, dass sie erwachsen wäre und noch nicht gehen müsste, insbesondere da auch Mr Pagett anwesend wäre. Lydia zog sie hinaus in die Halle, um ihr eine Standpauke über die Freiheiten zu halten, die verlobten Frauen im Gegensatz zu verheirateten zustanden, zu deren Ende Ana sich von ihr losriss und rief: »Was weißt du denn schon davon?« Woraufhin sie, eindeutig von sich selbst schockiert, in Tränen ausbrach und eine Entschuldigung schluchzend zur Treppe rannte.
    Deshalb war Lydia nicht gerade in Hochstimmung, als sie zur Gesellschaft zurückkehrte. Mr Ensley stand am Kamin und schwang vor einem hingerissenen Publikum große Reden. »Verstecken spielen«, schlug er gerade vor. Lydia nahm neben Sophie Platz. »Aber wir wollen der Sache etwas Würze verleihen. Schließt die Augen und stellt euch vor, es sei August. Das Pferderennen in Epsom und das Bootsrennen in Henley liegen schon hinter uns. Auch das Wettschießen beim Bisley Meeting und die Schulfeier in Eton sind schon vorbei. Ihr seid todmüde. Habt die vielen Koteletts satt. Stellt euch vor, dies ist eine richtige Party auf dem Land – irgendwo im Norden, wo es endlos regnet.«
    »Die Hebriden!«, rief Mrs

Weitere Kostenlose Bücher