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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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Chudderley aus. Lydia warf ihr einen Blick zu. Sie saß mit Mr Nelson auf dem Zweiersofa, die Hand ganz beiläufig auf seinem Knie. Soweit Lydia wusste, waren sie weder miteinander verwandt noch einander versprochen. Sanburne wäre von einem solchen Benehmen natürlich nicht überrascht. Es war genau die Zügellosigkeit, die er zweifellos von seinen Freunden verlangte.
    »Die Hebriden«, sagte Mr Ensley und tippte sich an einen unsichtbaren Hut. »Hervorragend. Auf den Hebriden gestrandet, müssen wir selbst für unsere Unterhaltung sorgen. Deshalb schlage ich ›Küssen im Wandschrank‹ vor.« Hier und da wurde nach Luft geschnappt, gefolgt von nervösem Gekicher. »Oh ja«, bestätigte er grinsend. »Ihr habt davon gehört: Verstecken spielen mit Pfiff. Wenn ein Herr eine Dame fängt, erwirbt er das Recht, sie zu küssen. Die Damen sind nur sicher, wenn es ihnen gelingt, unbemerkt bis zum Gewächshaus zu kommen!«
    Mr Pagett schlüpfte unbemerkt aus dem Raum, worauf er prompt in Lydias Achtung stieg. Wochenenden auf dem Lande waren berühmt für solch kindische Belustigungen, die jedoch normalerweise erst zu später Stunde ausbrachen. Für diese Entwicklung gab sie dem Zirkel im Marlborough House die Schuld, bei dessen Mitgliedern solche Spielchen Gerüchten zufolge recht beliebt waren.
    Als sie aufstehen wollte, hielt Sophie sie am Handgelenk fest. In ihren Augen lag ein fiebriger Ausdruck. »Du musst einfach bleiben«, bat sie. »Das wird ein Riesenspaß, Lyd – aber ohne dich kann ich nicht mitspielen.«
    »Das solltest du auch nicht. Es ziemt sich nicht. George würde … «
    »Ach, George hätte nichts dagegen. George hat nur seine Karriere im Kopf.«
    »Löschen Sie die Lichter!«, rief Mr Ensley einem Diener zu, und erschreckte sie beide damit. »Im gesamten Erdgeschoss muss es dunkel sein.« Er warf Sophie einen verstohlenen Blick zu, und als er merkte, dass Lydia es mitbekommen hatte, lief er rot an, wandte sich ab und sprach betont eifrig mit dem Diener.
    Seine Reaktion bereitete Lydia großes Unbehagen. »Sophie, das ist unklug. Ich vertraue nicht darauf, dass Mr Ensley sich benimmt.«
    Sophie erhob sich. Ihre trotzige Miene kannte Lydia nur allzu gut. »Mr Ensley ist ein Kavalier, und George hat mir ausdrücklich befohlen, entgegenkommend zu ihm zu sein. Sein Vater hat großen Einfluss.«
    »Aber … «
    »Und wer bist du überhaupt, mir Ratschläge erteilen zu wollen? Du verkehrst doch kaum in der feinen Gesellschaft. Spiel ruhig die Spielverderberin, wenn du magst, aber was ich tue, geht dich nichts an.« Damit warf sie den Kopf in den Nacken und gesellte sich zu den anderen Frauen, die sich kichernd versammelt hatten und den Männern nervöse Blicke zuwarfen. Wieder sah Ensley Sophie durchdringend an und – Himmel! – Sophie wurde ganz rot und stieß ein kleines Lachen aus.
    Oh, das war ganz übel.
    Lydia marschierte schnurstracks auf Sophie zu. »Ich weiche nicht von deiner Seite«, sagte sie grimmig.
    »Dann musst du die ganze Zeit hinter mir herlaufen.«
    »Dann tue ich das eben.«
    Jemand drehte die Gasflammen am Kronleuchter herunter. Als es dunkel wurde, kreischten die Damen aufgeregt. Lydia packte ihre Schwester am Arm. »Ich lasse dich nicht los.«
    »Neunzig Sekunden, die Damen! Ihr habt neunzig Sekunden, um wegzulaufen.«
    »Du bist nicht meine Mutter«, zischte Sophie und riss sich so gewaltsam von ihr los, dass Lydia ins Straucheln kam. Dabei stieß sie gegen jemanden – dem geflüsterten Protest nach zu urteilen Mrs Ellis. Und dann war auch diese Frau verschwunden. Trippelnde Schritte, ein erstickter Kicheranfall und dann Stille.
    Nein. Nicht ganz. Sie hörte noch das Rascheln von Kleidern und das leise Knarren von Schuhleder. Ganz in ihrer Nähe atmete jemand.
    »Noch fünfundvierzig Sekunden«, rief Ensley leise. »Auf die Plätze, meine Herren. Die Damen brennen darauf, gefangen zu werden.«
    Ein Schauder lief ihr über den Rücken. Sie war von Männern umgeben, die nur darauf warteten, die Verfolgung aufzunehmen. In weniger als fünfundvierzig Sekunden würde sie nicht mehr in diesem Raum sein wollen.
    Sie hielt den Atem an und tastete sich langsam zur Tür vor, die Schultern in der Erwartung angespannt, gegen den Körper eines Mannes zu stoßen. Es war der längste Gang ihres Lebens, diese zwölf zögernden Schritte. Doch dann stieß sie mit der Hand an etwas. Die Wand. Verzweifelt tastete sie nach rechts und links. Ihre Finger schlossen sich um den Türrahmen. Sie zog sich ins

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