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Rütlischwur

Rütlischwur

Titel: Rütlischwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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Konnte jemand wie Billadier, der unter Parkinson litt, eine solche Tat überhaupt ausführen? Wie viele Schüsse waren abgegeben worden, und aus welcher Distanz?
    Wenn jemand über diese kleinen Puzzlestücke des Todes wirklich Bescheid wusste, dann Kurt.
    »Haben Sie etwas zum Schreiben?«
    »Ich kann’s mir merken, Frau Mazzoleni.«
    Unmittelbar nach der letzten Zahl beendete der Kommissar das Gespräch. Er hatte die Nummer aus seinem Gedächtnis schon halb in sein Handy eingetippt, als die Bremslichter des Lastzugs vor ihm rot aufleuchteten.
    Im letzten Moment trat Eschenbach ins Pedal und fluchte. Während sein Puls in einen gestreckten Galopp überging und sich beinahe überschlug, brachte der Kommissar seinen Wagen mit einem waghalsigen Manöver auf die Überholspur. Um ein Haar hätte er diesen Idioten mit seinem Sattelschlepper touchiert.
    Ein paar Sekunden später war alles vorbei. Eschenbach wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. Das musste ihm zuerst einmal einer nachmachen, dachte er erleichtert. Selbst Claudio hätte in dieser heiklen Situation nicht besser reagiert. Dabei war der Bündner gut zwanzig Jahre jünger.
    Der Verkehr rollte wieder wie am Schnürchen. Nur die Telefonnummer war aus seinem Gedächtnis verschwunden. War einfach abgehauen, diese feige Nuss.
    Der Kommissar rief Rosa ein zweites Mal an.
    »Ich kann Salvisberg nicht erreichen«, log er. »Vielleicht ist es am besten, wenn Sie es versuchen. Richten Sie ihm aus, dass ich heute Abend noch bei ihm vorbeischaue.«
    »Sind Sie immer noch in Irland?«
    »Woher wissen Sie das schon wieder?«
    Rosa ging gar nicht auf seine Frage ein. »Es ist jetzt kurz vor zwölf«, meinte sie nur. »Ich habe nachgesehen. Es gibt keinen direkten Flug mehr zurück nach Zürich. Wenn Sie wollen, buche ich Ihnen einen Platz bei British Airways nach London und von dort weiter …«
    »Gerne.«
    »Ich schicke Ihnen die Infos per SMS.«
    »Sie sind eine Perle, Frau Mazzoleni.«
    Dank einer Folge von Kurznachrichten fand Eschenbach von den Inseln Irlands und Großbritanniens zurück aufs Festland. Salvisberg würde auf ihn warten, hieß es in einer von Rosas Mitteilungen. Und es sei egal, wie spät es werde.
    Alles schien auf bestem Wege zu sein. Beinahe stündlich wuchs Eschenbachs Zuversicht. Je näher er Zürich kam, desto größer und heller leuchtete die Freundschaft, die ihn mit Kurt Salvisberg verband. Wie ein Leuchtturm stand der Männerbund schließlich im offenen Meer – umgeben von den wogenden Wellen intriganter Macht und Zwietracht. Er hatte Billadier und den Seinen doch etwas entgegenzusetzen.

Kapitel 31
    Ein totes Herz pumpt nicht
    M uss ich mir Sorgen um dich machen?«, fragte Salvisberg, als der Kommissar ohne Umschweife zum Thema kam.
    Eschenbach hatte den Pathologen draußen vor dem Institut vorgefunden, auf einer Parkbank sitzend, rauchend und dabei Akten studierend. Mit einer Taschenlampe – denn die Sonne war bereits Stunden zuvor untergegangen.
    »Ich dachte, du bist mein Freund.«
    »Hast du wirklich geglaubt, dass ich dir die Akten einfach rüberschieben kann … unter dem Tisch durch, wie ein Pornoheft?«
    »Ja.«
    Salvisberg richtete den Lichtkegel auf Eschenbachs Gesicht.
    »Mach das Ding aus«, sagte der Kommissar.
    Es wurde dunkel.
    »Neuerdings ist das Rauchen auch in den Einzelbüros verboten«, sagte der Pathologe in heiserem Bariton. »Darum hab ich wieder angefangen. Ich brauch das … Man muss sich auflehnen gegen die, die alles verbieten wollen.«
    Ein kurzer Husten erklang.
    »Am Ende bleiben noch Helmut Schmidt und ich übrig. Die letzten Kettenraucher auf diesem Planeten.«
    Die kleine Flamme eines Feuerzeugs leuchtete auf. Darüber erhellte sich für einen kurzen Moment Salvisbergs Gesicht: Der Pathologe hatte sich eine neue Zigarette zwischen die Lippen gesteckt, seine Bartstoppeln schimmerten silbern.
    »Du siehst aus wie Nosferatu«, sagte der Kommissar.
    Salvisberg gab ein heiseres Lachen von sich. »Rauchst du eigentlich nicht mehr?«
    »Ich nehme Koks, das ist viel gesünder. Und man braucht damit nicht vor die Tür zu gehen.«
    »Ich nehme wenigstens die Arbeit mit auf die Parkbank«, meinte der Pathologe. Gemächlich stand er auf, roch an Eschenbachs Jackett und kicherte zufrieden. »Blödsinn … Du stinkst noch genauso nach deinen Zigarillos wie früher.«
    Gemeinsam gingen sie zum Eingang des Instituts. Salvisberg drückte seine Kippe in den Ascher. Dann fuhren sie mit dem Aufzug in den

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