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Ruf der Drachen (German Edition)

Ruf der Drachen (German Edition)

Titel: Ruf der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yalda Lewin
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verdrehte Art irgendwie enttäuschte.
    Jakob, was ist los mit dir?
    »Setz dich doch.«
    Maren deutete zum Küchentisch hinüber und ich ließ mich auf einen Stuhl fallen. Dann beobachtete ich schweigend, wie sie eine alte silberne Espressokanne mit grobkörnigem Kaffee füllte, Wasser in den unteren Behälter laufen ließ und alles zusammensetzte. Sie entzündete die Flamme am Gasherd, stellte die Kanne auf die gusseiserne Abdeckung und drehte sich schließlich zu mir um.
    »Also, dann schieß mal los.«
    Ich starrte auf die kleine Grube an ihrem Hals, direkt über dem Brustbein, freigelassen vom seidigen Stoff des taubenblauen Kimonos. Ein kleiner herzförmiger Leberfleck schmiegte sich dort in die Haut und ich konnte nicht anders als mir vorzustellen, mit den Fingerspitzen vorsichtig darüberzustreichen. Mein Herzschlag beschleunigte sich, während ich es einfach nicht schaffte, meinen Blick von dieser bezaubernden Stelle abzuwenden.
    Maren beugte sich vor und wedelte mit einer Hand vor meinem Gesicht herum. »Jakob? Hallo? Hier bin ich. Du darfst mir gerne auch in die Augen sehen. Mein Busen ist nicht besonders gesprächig.«
    Ich verschluckte mich und brach in wildes Husten aus.
    »Das hast du falsch verstanden, ich habe gar nicht …«
    »Wieso machst du so einen Blödsinn?«
    Ich spürte einen Druck in der Magengegend. »Was meinst du?«
    Maren seufzte und trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte herum.
    »Die Rosen morgens um sieben. Wieso lässt du dich von Max einspannen?«
    »Er ist mein Mitbewohner.«
    Noch bevor ich den Satz beendet hatte, wurde mir klar, wie dumm sich das anhörte. Als wäre das eine Erklärung!
    Maren lächelte matt. »Und? Was soll mir das sagen?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Offensichtlich hatte ich ohnehin verloren, egal, was ich jetzt sagte oder tat.
    »Ja, stimmt, es war eine bescheuerte Idee! Aber Max meinte, du wärst ohnehin wach, und außerdem …«
    »Außerdem – was?«
    »Außerdem dachte ich, er schmeißt mich aus dem WG-Zimmer, wenn ich ihm den Gefallen nicht tue. Es ist seine Wohnung. Ich bin da nur Untermieter.«
    So, jetzt war es raus! Und ich kam mir plötzlich noch erbärmlicher vor. Was hatte ich mir eigentlich dabei gedacht, für Max den Botenjungen zu spielen? Das war mehr als dämlich.
    Maren pfiff beim Ausatmen leise durch die Zähne. Sie hatte eine kleine Lücke zwischen den Schneidezähnen und selbst die war irgendwie hinreißend.
    Ich riss meinen Blick los und deutete auf die Espressokanne, die hinter ihr inzwischen wild auf dem Herd blubberte. »Der Kaffee …«
    Marens Miene war nicht zu deuten. War sie wütend? Oder fand sie mich einfach nur jämmerlich? Schwer zu sagen, denn schon hatte sie sich umgedreht und die Kanne vom Herd genommen.
    Ich sprang auf, holte zwei Becher aus einem kleinen Holzschrank mit Glastüren und stellte sie auf den Küchentisch.
    »Danke«, murmelte Maren und goss dann schweigend den Kaffee ein.
    Ich setzte mich wieder, unschlüssig, wohin mit meinen Händen. Maren ließ sich mir gegenüber auf den Stuhl fallen, beugte eines ihrer Beine und schob es sich unter den Hintern. Dann umfasste sie den Kaffeebecher mit beiden Händen und betrachtete einen Moment den Dampf, der aus dem Inneren aufstieg. Mir fiel auf, wie feingliedrig ihre Finger waren. Die Hände einer Pianistin.
    »Und jetzt?«, fragte sie schließlich und nippte an ihrem Kaffee.
    Ich zuckte erneut mit den Schultern. »Ich werde Max sagen, dass ich dir die Rosen übergeben habe, und fertig. Was du mit ihnen anstellst, ist deine Sache.«
    Damit stand ich auf. Das Gefühl, dass ich hier nichts zu suchen hatte, war in der letzten Minute überdeutlich geworden. Und der Grund dafür war, dass ich es zu sehr wollte. Ich wollte bleiben, wollte unbedingt mehr über Maren erfahren. Wer sie war, was sie tat, wenn sie nicht gerade im Seminar für mittelalterliche Notation saß, wovon sie träumte, was sie liebte. Alles.
    Toll, Jakob! Verguckst du dich gerade in die Frau, auf die dein Mitbewohner scharf ist? Klasse!
    Maren erhob sich überrascht. »Du gehst?«
    Ich nickte. »Ja. Danke für den Kaffee. Es tut mir wirklich leid, dass ich dich so früh rausgeklingelt habe. Wie gesagt, das war so nicht geplant.« Ich runzelte die Stirn. »Warum habe ich dich eigentlich geweckt? Solltest du nicht schon auf dem Weg in die Uni sein?«
    »Das sagt der Richtige«, antwortete Maren trocken. »Und du?«
    Ich lächelte matt. »Ich muss nur Klarinette üben. Alleine in meinen vier

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