Ruf der Drachen (German Edition)
zusammengekniffenen Augen an. Es zuckte in seinen Mundwinkeln.
»Aha. Verstehe. Ungefähr vier Jahre, oder? Aber ich warne dich, Mirella behauptet steif und fest, dass keine zehn Pferde sie hier ins Ausbildungsprogramm bekommen.«
Ich fühlte mich ein wenig ertappt, so, als hätte Hades etwas erfasst, was mir selbst gar nicht so bewusst gewesen war. Aber ja, ich hatte nichts gegen die Vorstellung, Mirella wiederzutreffen. Irgendwann.
»Das werden wir vielleicht in vier Jahren sehen«, erwiderte ich deshalb ausweichend. »Und in der Zwischenzeit studiere ich weiter. Wer weiß, was sich daraus ergibt.«
Hades ließ sich auf den Sessel mir gegenüber sinken. Seine Miene wurde ernst.
»Jakob, ich glaube, dass diese Akademie wirklich der richtige Ort für dich ist. Ich will dich nicht überreden, das steht mir nicht zu. Aber ich habe mitbekommen, wie viel Einsatz du gebracht hast, um das Rätsel der Wasserspeier zu lösen. Anfangs, weil es dich wohl einfach interessiert hat. Und später, weil du dachtest, eine Revolution stünde uns bevor. Du wolltest herausfinden, was los ist, und die Menschen warnen – und dafür bist du unbeirrt dem Weg gefolgt, auch als es Schwierigkeiten gab. Es ging dir nie um dein eigenes Ego, sondern um das Abwenden von Schaden. Und genau das macht dich zu einem Schüler der Akademie.«
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. War das so? Hatte Hades recht? Oder war ich nicht doch einfach nur in diese Sache hineingeraten, weil ich endlich etwas gefunden hatte, was mich wirklich reizte? Ein Rätsel, das niemand sonst auch nur sah, das niemand sonst sich erklären konnte? Mein Leben lang hatte ich nach etwas gesucht, was mich glücklich machte. Und erst jetzt wurde mir klar, dass ich während dieser ganzen verrückten Suche nach den Wasserspeiern, trotz aller Unwägbarkeiten und trotz aller Aufregung glücklich gewesen war. Sollte das etwa ein Wink für die Zukunft sein?
Vielleicht …
Ich starrte auf das Foto von Alban Delius, das noch immer aufgeschlagen im Buch vor mir lag. Ein Gedanke ließ mich nicht los, so sehr ich mich auch bemühte, ihn abzuschütteln: Die Warnung vor einer Revolution hatte sich so wichtig angefühlt! So real, als wäre das bevorstehende Ereignis ganz nah! Ich konnte nicht glauben, dass ich so in die Irre geleitet worden war. Und doch schien es so zu sein.
Ich seufzte leise und strich mir die Haare aus der Stirn.
»Ich habe mich ganz schön lächerlich gemacht mit meiner Annahme, uns würde eine Revolution bevorstehen, oder?«
Hades schmunzelte. »Na ja, lächerlich nicht unbedingt. Aber es ist schon ein weit hergeholter Gedanke, dass dieses geteilte Land in nächster Zeit eine so weitreichende Veränderung erleben könnte. Wir sind im Kalten Krieg. Da ist alles festbetoniert. Hier tut sich nichts – und das geht wahrscheinlich noch ewig so weiter.«
Ich nickte stumm. Zugegeben, es war weit hergeholt. Und doch hatte es sich für mich angefühlt, als wäre diese Botschaft aktuell. Als läge etwas in der Luft.
Ich schloss behutsam das Buch und streckte mich.
»Gut, dann eben keine Revolution am 9. November 1988. Umso besser.«
Hades musterte mich belustigt. »Wieso?«
Ich lächelte.
»Westberlin ist eine abgelegene Insel. Meinetwegen muss sich überhaupt nichts ändern. Zumindest nicht sofort.«
ENDE
Die dunkle Seite des Weiß
von Yalda Lewin
Beelitz-Heilstätten 1911: Eine junge Patientin verschwindet spurlos – und taucht einhundert Jahre später tot, jedoch kaum gealtert wieder auf. Ihr Körper wird in den Ruinen des ehemals berühmten Lungensanatoriums gefunden und stellt die Behörden vor beträchtliche Rätsel.
Der Hochsensible Jakob Roth, einst bester Kriminalermittler an der »Akademie für paranormale Künste« in Berlin, übernimmt den Fall der rätselhaften Leiche. Er – zwei Jahre zuvor aufgrund eines »unliebsamen Vorkommnisses« unehrenhaft aus der »Akademie« entlassen – kämpft aber nicht nur um die Aufklärung dieses Mysteriums, sondern auch um die Wiederherstellung seines Rufes und um die Liebe einer Frau, die er nicht vergessen kann. Dies jedoch könnte ihn das Leben kosten …
ISBN eBook: 978-3-943739-29-9 (Aeternica)
ISBN Buch: 978-3-943450-14-9 (Editia)
Danke an …
Markus, von ganzem Herzen. Michael für Nachrichten, die mich immer und von allem abhalten dürfen. Yuti für wunderbare Abende. Stephan fürs Zaubern. Meine Mom, die jenseits des Regenbogens mitliest, und meinen Vater. Heike und Norbert. Peggy und Dirk
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