Ruf der Dunkelheit
Hotel und während ich die Stufen bis zu unserem Zimmer hinauf hetzte, wuchs meine Wut. Wut über das, was geschehen war und über meine Hilflosigkeit, nichts dagegen tun zu können.
Langsam öffnete ich die Tür und trat ein. Ich ließ meinen Blick über Max´ Sachen gleiten, die immer noch so da lagen, wie er sie hinterlassen hatte. Ich atmete tief ein und ließ mich auf dem Doppelbett nieder, während mein Kopf in meine Hände sank. Und dann kamen sie, all die Emotionen, die ich die letzten Stunden immer wieder unterdrückt hatte. Sie drängten erbarmungslos an die Oberfläche und neben das Gefühl der Wut, mischte sich Ohnmacht. Eine gefährliche Mischung, denn nun würde ich ein Ventil brauchen.
Ich wippte auf der Bettkante vor und zurück, während mein beschleunigter Herzschlag meinen ganzen Körper zum beben brachte. Kochendes Blut wurde schmerzhaft durch meine Adern gepresst, sodass rote Lichtpunkte vor meinen Augen pulsierten. Ich sprang auf, sah mich hektisch um und hatte das Gefühl, mein Innerstes würde jeden Moment zerbersten. In diesem Augenblick hasste ich mich so sehr dafür, dass ich Max nicht hatte helfen können. Und dann konnte ich mich nicht mehr beherrschen. Blind vor Wut, tobte ich durch das Zimmer, riss alles von der Wand, was ich zu fassen bekam. Wie in Trance drangen das Bersten von Glas, das Splittern von Holz und das Reißen von Stoff an meine Ohren. Der Lärm wurde nur übertönt, von meinem Blut, das in meinen Ohren rauschte.
Plötzlich hielt ich inne und blickte keuchend auf den Trümmerhaufen, der vor wenigen Augenblicken noch ein nett eingerichtetes Hotelzimmer war. Ich rieb mir meine Schläfen, bis es schmerzte und sank stöhnend zu Boden. Als ich meine Fingernägel so fest in den Teppich grub, dass mir meine Fingernägel abbrachen, fiel mein Blick auf den kleinen Kühlschrank, am anderen Ende des Zimmers.
Meine spitzen Zähne drückten sich durch das Zahnfleisch und ich seufzte, während mir der Speichel aus dem Mund tropfte. Auf allen Vieren kroch ich in die andere Zimmerecke, riss so fest an der Tür des kleinen, summenden Kastens, dass sie ächzend aus den Angeln brach und stürzte mich auf die verbleibenden Konserven. Gierig leerte ich einen Blutbeutel nach dem anderen, bis ich spürte, wie der tosende Sturm in mir endlich abflaute. Ich kämpfte mich auf die Beine und sah mich entsetzt um. Was hatte ich hier nur angerichtet?!
Meine Gedanken überschlugen sich und mir wurde klar, dass ich so schnell wie möglich hier weg musste. Eilig raffte ich alle noch brauchbaren Sachen von Max und mir zusammen, schmiss sie in den Koffer, versicherte mich, dass ich nichts hinterlassen hatte, was auf uns schließen würde und trat in den Flur. Zum Glück schien niemand von meinem Ausraster mitbekommen zu haben, denn auf unserer Etage herrschte gähnende Leere. Eilig lief ich die Treppe hinunter, in die Lobby und knallte der verdutzten Angestellten die Schlüsselkarten auf den Tresen. Glücklicherweise, war es dieselbe Person, die uns gestern eingecheckt hatte.
Und so löschte ich sämtliche Erinnerungen an Max und mich aus ihrem Gedächtnis, auch wenn wir natürlich unter falschem Namen hier gewohnt hatten – sicher ist sicher.
Gehetzt stürmte ich durch die Eingangstür und hielt das nächstbeste Taxi auf, das mich zum Flughafen bringen sollte. Ich sank in das Sitzpolster auf der Rückbank und starrte aus dem Fenster, während der zarte rosa Hauch am Himmel, langsam die Morgendämmerung ankündigte. Ich dachte an Julian und war versucht, Val oder Olivia anzurufen – aber dann hätte ich ihnen erzählen müssen, was passiert war. Deshalb schob ich mein Handy zurück in meine Tasche und überzeugte mich lieber durch eine Vision, dass Julian noch am Leben war.
Als die Bilder von ihm durch meinen Kopf rauschten, vergaß ich für einen Moment die schreckliche Tatsache, dass ich ohne Max zurückkehren würde. Doch auch die Sorge um ihn wuchs. Sein Körper war stark gezeichnet, von dem Gift, das sich unaufhaltsam durch ihn hindurch fraß. Ich betete, dass ich es rechtzeitig schaffen würde, sonst wäre alles umsonst gewesen.
Der Flug wurde zum Martyrium. Gequält kauerte ich in meinem Sitz und verscheuchte in Gedanken die überfreundliche Flugbegleiterin, damit sie endlich damit aufhörte, alle fünf Minuten ihr nervtötendes „Haben Sie noch einen Wunsch?“ zum Besten zu geben.
Diesmal hatte ich wenigstens das Glück, nicht umsteigen zu müssen und so verkürzte sich die
Weitere Kostenlose Bücher